Alfa Romeo ist eine Marke, die vor allem von ihrer Geschichte lebt. Das ist auch gut so. Die Historie ist wichtig, damit sich die Fahrer mit ihrem fahrbaren Untersatz identifizieren können. Den Bezug hierzu herzustellen und damit Begehrlichkeiten auszulösen, ist von ebensolcher Bedeutung. Alfa Romeo hat das seit einigen Jahren mehr oder weniger erfolgreich geschafft. Allen voran mit der Giulia. Ein Alfa Romeo, der seit Jahren wieder mit Hinterradantrieb angeboten wurde. So fahraktiv wie nie und seit dem jüngsten Facelifting, mit dem wir bereits vergangenes Jahr unterwegs waren (hier geht's zum Testbericht von Giulia und Stelvio Modelljahr 2020), mit mehr Liebe zum Detail entwickelt denn je (Alfa Romeo Giulia GTA und Giulia GTAm ab 2020: Homologation noch ausstehend²)
GTA: Ein Kürzel mit Geschichte
Doch Begehrlichkeiten enden dort, wo falsch verstandene Bezüge zur Geschichte in kitschigem Retro-Chic oder simpler Badge-Verwendung enden - siehe Aston Martin DBS "Superleggera" (hier bei uns im Testbericht). Nach gut 15 Jahren greift Alfa Romeo nun erstmals wieder das glorreiche Kürzel GTA auf. Die Giulia GTA war seinerzeit - Ende der 60er-Jahre - ein begehrenswerter Sportwagen: Schön, schnell und leicht. Um die Jahrtausendwende herum versah Alfa 156 und 147 mit besagtem Kürzel: Es waren immer noch die schnellsten Alfas ihrer jeweiligen Baureihe, hatten aber sonst nur noch wenig mit dem automobilen Urgroßvater zu tun. Danach verschwand "GTA" für lange Zeit in der Versenkung.
Aufbrezeln um jeden Preis
Bis heute. GTA reborn ist man versucht zu sagen, doch schon bei dem ersten Blick auf die Pressefotos bleibt das "G" bereits im Halse stecken. Mithilfe einer Mischung aus Ferrari-Carbon-Schwellern, Riesen-Diffusor und einem Heckflügel im Stile von Honda Civic Type R und Jaguar Project 8 hat man versucht, die Giulia mächtig aufzubrezeln. Und das ist auch das richtige Attribut, wirkt die GTA-Optik doch wie zu viel Schminke und ein zu knapp geschnittener Jeansrock an einer schönen Frau, die selbiges gar nicht nötig hätte. Möglicher Konter: Der Zeitgeist will es so. Aber mit der Giulia GTA von damals hat das (natürlich) nur wenig gemein, doch selbst die Eleganz einer heutigen Giulia geht der GTA-Variante völlig ab.
GTAm: Ein Rennwagen für die Straße
Beim Studieren der Pressemitteilung lernen wir: Das Gerät mit dem Riesenflügel auf dem Kofferraumdeckel hört auf den Namen Giulia GTAm, das "m" steht für "modificato" und damit die Hardcore-Variante der Giulia GTA. Als ob sich die schöne Frau von eben passend zu ihrem Äußeren auch noch einen durchtriebenen Charakter zugelegt hätte, zeigt die Giulia GTAm im Inneren zwei Schalensitze mit Hosenträgergurten, einen Überrollbügel und ein mit viel Alcantara verziertes Armaturenbrett. Dagegen gibt sich die "normale" Giulia GTA fast schon zivil, verzichtet auf den großen Flügel und unterscheidet sich innen kaum von der serienmäßigen Giulia Quadrifoglio.
Mehr Leistung, mehr Leichtbau, weniger Eleganz
Dafür aber unter der Haube. Wie bei der Giulia Quadrifoglio vertraut auch die GTA auf den 2,9 Liter großen V6-Biturbomotor, der nun aber nicht nur 510, sondern deren 30 PS mehr in Richtung Getriebe schickt. Dieses ist - leider - alternativlos die bekannte Achtgang-ZF-Automatik, die Kraftübertragung erfolgt ausschließlich an die Hinterräder. Dennoch sollten souveräne Fahrleistungen möglich sein, die dank erheblicher Gewichtsparmaßnahmen die der Giulia Quadrifoglio übertreffen dürften: Kardanwelle, Motorhaube, Dach, vorderer Stoßfänger, vordere Kotflügelverbreiterungen und Einsätze in den hinteren Kotflügelverbreiterungen sind aus Kohlefaser. Bei der Giulia GTAm sind es ferner die Sitzschalen der Rennsitze, ihre Seitenscheiben bestehen aus Lexan. Damit sinkt das Leergewicht auf 1.520 Kilogramm. Querdynamisch sollen aerodynamische Änderungen (siehe oben) und eine um 50 Millimeter breitere Spur vorne und hinten die Giulia GTA fixer ums Eck gehen lassen.
Wer sich mit ihrer aggressiven Optik noch nichtmal für eine Nacht anfreunden kann, darf jetzt aber gerne aufatmen: Mehr als 500 Exemplare der Giulia GTA(m) wird es insgesamt nicht geben. Der Preis wird wie üblich nicht kolportiert, man darf gut und gerne von deutlich mehr als den 79.000 Euro für die Giulia Quadrifoglio ausgehen. Die Bestellbücher sind bereits geöffnet. (Text: Maximilian Planker; Bilder: Hersteller)