Alfa Romeo Tonale soll sich spürbar abheben
Alfa Romeo verschwand in letzter Zeit immer deutlicher von der automobilen Weltbühne. Der Kleinwagen MiTo wurde nach 2018 nicht weitergebaut, 2020 folgte das Aus für die kompakte Giulietta. Seither halten nur noch die Limousine Giulia und das SUV Stelvio die Fahne für die Turiner hoch, der weltweite Absatz sank im vergangenen Jahr auf gerade einmal 56.000 Einheiten. Mit der 2021 erfolgten Einverleibung in den Stellantis-Konzerns wird die Sache für die Italiener nicht einfacher, müssen auch sie einen Weg in eine elektrische Zukunft finden. Stellantis selbst sieht für diesen Umbruch den gleichzeitigen Wechsel auf eine neue skalierbare Plattform-Familie namens STLA (ausgesprochen Stella) vor, wobei mit ersten konkreten Modellaussichten wohl ab 2023 zu rechnen ist.
Doch legen wir die Glaskugel an dieser Stelle zur Seite, denn in diesem Text soll es vor allem um ihn hier gehen: den neuen Alfa Romeo Tonale. Ein Kompakt-SUV mit Premiumanspruch, das sich bereits durch seinen wahrlich klangvollen Namen vom Konkurrenzfeld abheben soll.
Tonale mit markentypischer Designhandschrift
Mit einer Länge von 4,53 Meter, einer Breite von 1,84 Meter sowie einer Höhe von 1,60 Meter konkurriert der Alfa Romeo Tonale in aller Deutlichkeit mit der deutschen Premium-Entourage um Audi Q3, BMW X1 und Mercedes GLA. Seine Abmessungen verraten aber auch: unter dem Blechkleid teilt sich der Tonale die Basis mit dem Jeep Compass. Optisch, so viel kann aus subjektiver Sicht schon geschrieben werden, bleibt das Kompakt-SUV jedoch ein echter Alfa Romeo; der Vergleich zum amerikanischen Plattform-Bruder kommt zu keiner Zeit in den Sinn. Knackige Proportionen lassen den Betrachter von vorne nach hinten schweifen, insbesondere die angriffslustige Frontpartie zeigt unverkennbar eine markentypische Designhandschrift.
Im Zentrum prangt ein großer Trilobo-Grill, der von dreiteiligen Voll-LED-Matrix-Scheinwerfern flankiert wird. Sie haben ihren Ursprung im Sportwagen Alfa Romeo SZ Zagato und sollen genauso wie die Heckleuchten im Stile einer Sinuskurve für einen emotionalen Auftritt sorgen. Leichtmetallfelgen im klassischen Fünfloch-Design stehen derweil von 18 bis 19 Zoll zur Verfügung, kleine Details, wie die an den Außenspiegeln angebrachten Trikolore, sprechen ebenfalls eine äußert detailverliebte Sprache.
Ab April in fünf Ausstattungslinien erhältlich
Für noch mehr Abwechslung und Individualität sorgen zum Marktstart ab April 2022 insgesamt fünf verschiedene Ausstattungsvarianten. SUPER steht im Falle des Tonale für das Einstiegsmodell, gefolgt von der Ausstattungslinie SPRINT sowie der Charakterlinie Ti. Die vorläufige Top-Version lautet in bester Sporttradition auf den Beinamen VELOCE. Speziell zur Markteinführung wird zudem das Sondermodell EDIZIONE SPECIALE verfügbar sein.
Breites Motorenangebot inklusive Diesel
Im wahrsten Sinne gespannt waren viele Alfisti auf das Motorenangebot im Tonale. Ganz große Überraschungen bleiben zwar aus, im Detail gibt es aber deutliche Änderungen im Vergleich zum Jeep Compass. Neben einem neuen Benziner kommt auch eine stärke Plug-in Hybrid-Variante zum Einsatz. Ebenfalls hält man in Turin bis auf weiteres am Diesel fest.
Die Motorisierungen, nach aktuellem Kenntnisstand, im Überblick (Fahrzeug steht noch nicht zum Verkauf, Homologation ausstehend)²:
1,5-Liter-Turbovierzylinder, 48-Volt-Mild-Hybrid mit 96 kW/130 PS
1,5-Liter-Turbovierzylinder, 48-Volt-Mild-Hybrid mit 118 kW/160 PS
1,5-Liter-Turbovierzylinder, Plug-in Hybrid mit 202 kW/275 PS
1,6-Liter-Turbodiesel mit 96 kW/130 PS und 320 Nm Drehmoment
Der exklusiv für Alfa Romeo entwickelte 1,5-Liter-Benziner mit VGT-Turbolader fährt in den beiden erhältlichen Leistungsstufen im Zusammenspiel mit dem 48-Volt-Elektromotor „P2“ vor, der bei Bedarf zusätzliche 15 kW und 33 Nm Drehmoment beisteuern kann. Laut Alfa sollen kürzere Wegstrecken auch ohne das Zutun des Verbrenners rein elektrisch absolviert werden können – gleiches gilt für Parkmanöver. Gekoppelt sind alle Varianten, mit Ausnahme des Diesels, an ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Der Selbstzünder ist derweil mit einem 6-Gang-Doppelkuppler verbunden.
Besonderes Augenmerk gilt dem etwas später im Jahr 2022 erhältlichen Plug-in Hybrid. Die 275 PS Systemleistung sollen den Tonale in nur 6,2 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigen und zudem eine kombinierte E-Reichweite von bis zu 60 Kilometern nach WLTP ermöglichen. Damit qualifiziert sich der Italiener noch für einen Teil der deutschen Umweltprämie, in Abhängigkeit des dann ausgerufenen Netto-Listenpreises. Zunächst als einziger Alfa Tonale ist der Plug-in Hybrid serienmäßig mit Alfas Q4-Allradantrieb unterwegs, wobei die hintere Achse wie bei den Jeep 4xe-Modellen einzig durch den Elektromotor angetrieben wird.
Bekannt sportlicher Innenraum, neu definiert
Der Innenraum des Tonale soll nach Alfa-Angaben mit hochwertigen Materialien ausstaffiert sein und zumindest die ersten Bilder vom Cockpit lassen auf eine entsprechende Umsetzung hoffen. Das Dreispeichen-Sportlenkrad wirkt aus der Giulia bekannt, die extragroßen Schaltwippen am Volant erzeugen einen betont dynamischen Ersteindruck. Ein gestochen scharf aufgelöstes 12,3-Zoll-Kombiinstrument verkneift sich mit drei wählbaren Ansichten große Designeskapaden und ist vor allem eines: sachlich.
Dagegen stark an aktuelle BMW-Modelle erinnernd präsentiert sich die Mittekonsole mit dem zentralen 10,25-Zoll-Infotainmentbildschirm mit Touch-Funktion. Alternativ lässt sich die Bedienung auch per Dreh-Drückschalter realisieren. Bekannt aus Giulia und Stelvio ist indes der D.N.A.-Schalter, mit dem die Fahrcharakteristik des Tonale von komfortabel bis sportlich angepasst werden kann.
Android Auto verspricht im Zusammenspiel mit dem Sprachassistent Amazon Alexa zudem eine flotte Bedienung im Stile aktueller Maserati-Modelle. Over-the-Air-Updates und 4G gehören zum guten Ton, ein Alfa Connect Dienst soll die Funktionalität digital abrunden. Zu den weiteren (teils optionalen und ausstattungsabhängigen) Ausstattungsfeatures zählen: ein 14 Lautsprecher starkes Hamann/Kardon-Soundsystem, belüftete und beheizbare elektrische Vordersitze, ein halbautomatisches Parksystem, eine induktive Ladeschale und zahlreiche Assistenten, die das teilautomatisierte Fahren der Stufe 2 beherrschen sollen.
Erstes Serienfahrzeug mit NFT
Erstmals überhaupt bei einem Serienfahrzeug kommt beim Alfa Romeo Tonale ein digitales Zertifikat zum Einsatz, das den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeug erfasst. Der fälschungssichere Non-Fungible Token, kurz NFT, basiert auf Blockchain-Technologie und dokumentiert das Leben eines Alfa Romeo Tonale von der Produktion bis zum aktuellen Halter inklusive Servicestationen, etwaiger Rückrufe und anderer Arbeiten am Fahrzeug. Laut Alfa soll dieses Zertifikat unter anderem den Wiederverkaufswert erhöhen.
Marktstart und Preise
Der Bestellstart des neuen Alfa Romeo Tonale erfolgt voraussichtlich im April, die Markteinführung ist für das zweite Quartal 2022 geplant. Der im süditalienischen Stellantis-Werk Giambattista Vico in Pomigliano d'Arco vom Band laufende Crossover wird zunächst als Benziner und Diesel erhältlich sein, etwas später soll der Plug-in Hybrid folgen. Preise nennt Alfa noch nicht, doch wird sich der Tonale wahrscheinlich am Jeep Compass orientieren, der in der Basisvariante ab 31.900 Euro kostet, die PHEV-Variante kommt derweil auf mindestens 44.100 Euro (Kraftstoffverbrauch kombiniert, gewichtet: 6,6-1,9 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 152-45 g/km)².
Erstes Fazit
Der Alfa Romeo Tonale könnte für die Turiner gerade noch zum richtigen Zeitpunkt kommen und spielt gekonnt die markentypische Design-Trumpfkarte. Wichtig ist jetzt, dass der Italiener nicht nur äußerlich Emotionen weckt, sondern diese auch im Antriebsstrang erfahrbar macht. Besonderes Augenmerk liegt hier auf die fahrdynamische Umsetzung des Plug-in Hybrid und ob der kommunizierte qualitative Anspruch im Innenraum wirklich in der Serie ankommt. Beide Punkte waren insbesondere beim engen Verwandten Jeep Compass große Kritikpunkte. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)