Der läuft seither nur dezent aufgehübscht vom Band am neuen Stammsitz Goodwood, und wurde in der vergangenen Dekade um ein Coupé, ein Cabrio und einen kleinen Bruder namens Ghost erweitert. Letzterer bekommt pünktlich zum Jubiläum nun den Coupé-Ableger Wraith zur Seite gestellt. Zum 10. Geburtstag machen wir Sie mit 10 interessanten Details zum Kenner der Nobel-Marke. Wussten Sie zum Beispiel, ...
... dass Rolls-Royce zusammen mit Bentley zu VW gehören sollte?
Seit 1931 gingen Rolls-Royce und Bentley gemeinsame Wege und bauten ab 1946 ihre Autos zusammen - mit teils nur unterschiedlichem Kühlergrill - in Crewe. Nach dem Konkurs zu Beginn der 70er Jahre trennten sich die Automobil- und Flugzeugmotorensparte und der Autobauer ging an den Rüstungsunternehmer Vickers; der wollte Rolls-Royce 1997 allerdings wieder loswerden. Als Käufer stand BMW fest, lieferten die Münchner doch schon länger Motoren nach England - doch wurde BMW schließlich von Volkswagen mit 1,44 Milliarden D-Mark überboten.
Volkswagen erhielt das Werk in Crewe, die Rechte am Kühlergrill und an der Kühlerfigur - nicht aber die Namens- und Markenrechte. Die lagen weiterhin bei der für den Flugmotorenbau zuständigen Rolls-Royce plc. - und BMW schnappte sie den Wolfsburgern vor der Nase weg. Nach langen Verhandlungen über Nutzungsrechte - und der Zahlung von 120 Millionen Mark - kam es schließlich zu einem Gentlemen‘s Agreement zwischen Volkswagen und BMW, und man beschloss, dass beide Marken ab 2003 unter getrennter Führung eigene Wege gehen.
... dass Rolls-Royce früher gar keine ganzen Autos, sondern nur Chassis gebaut hat?
Ende des 19. Jahrhunderts begann Henry Royce Autos zu entwickeln, während Charles Rolls einer der ersten Autohändler war. 1904 trafen sich die beiden Herren und gingen fortan gemeinsame Wege: Alle von Royce gebauten Autos sollten zukünftig ausschließlich von Rolls unter dem Namen Rolls-Royce verkauft werden.
Allerdings beschränkte man sich in der Anfangszeit auf die Fertigung von Fahrgestellen. Der Kunde bekam bei Rolls-Royce Rahmen, Motor, Getriebe, Achsen, Bremsen und Räder und ließ vom Karosseriebauer dann einen Aufbau seiner Wahl auf das Chassis setzen. Auch in der Wahl des Karossiers waren die Kunden frei, schnell kristallisierten sich aber Lieblinge heraus, wie etwa Hooper oder die später fusionierten Park Ward und Mulliner. Ab den 1920er Jahren eröffnete Rolls-Royce einen eigenen Aufbauhersteller und beteiligte sich an weiteren Karosseriebauern, doch erst nach dem Zweiten Weltkrieg lieferte man auch endmontierte Fahrzeuge mit Serienkarosserien aus.
... wie die Continental-Modelle zu ihrem Namen kamen?
Der Begriff Continental kam mit dem Rolls-Royce Phantom I auf, der 1929 auf den Markt kam. Neben dem Standardmodell gab es für sportliche Fahrer ein Chassis mit verkürztem Radstand, das in der Regel auch mit leichteren Aufbauten versehen wurde. Außerdem erlaubte eine Klappe im Auspuff eine zusätzliche Leistungssteigerung.
Das allerdings war im Vereinigten Königreich untersagt, wodurch diese speziellen Modelle nur auf dem europäischen Festland gefahren werden durften. So reiste die betuchte Kundschaft mit der Fähre von Dover nach Calais, um auf dem Kontinent in ihren „Continental“ zu steigen und zur Côte d‘Azure zu preschen.
... dass die Emiliy gar nicht so heißt?
Offiziell heißt die geflügelte Dame auf dem Kühlergrill „Spirit of Ecstasy“ (Geist der Verzückung), wie sie zu ihrem Beinamen Emily kam, ist unbekannt. Geboren ist sie eher aus der Not heraus, als findige Kunden begannen, allerlei Figuren auf die Motorhaube zu setzen. Damit ihre Autos dadurch nicht verschandelt wurden, lieferte Rolls-Royce schlichtweg selbst eine Kühlerfigur mit; obwohl Henry Royce davon nie begeistert war.
Vorbild für die „Flying Lady“ war übrigens Eleanor Thornton, die Sekretärin und Geliebte des Baron Montagu of Beaulieu, der sie 1911 als Modell für die Kühlerfigur seines Rolls-Royce nahm und den Künstler, Charles Robert Sykes, schließlich an Rolls-Royce vermittelte. Im Lauf der Zeit hat sich die ursprünglich fast 13 Zentimeter große Figur immer wieder verändert, so reagierte man etwa auf höher werdende Motorhauben mit einer knienden Spirit of Ecstasy, um dem Fahrer nicht die Sicht zu nehmen.
Heute noch wird die Figur in der Nähe von Southampton gefertigt; acht Kunsthandwerker sind etwa 14 Tage mit einer Kühlerfigur beschäftigt. Neben der Edelstahl-Basis gibt es sie auch versilbert, vergoldet und neuerdings sogar in glasähnlichem, von unten beleuchtetem Polykarbonat. Damit sie nicht gestohlen wird, lässt sie sich seit den 1980er Jahren versenken.
... wie viele Autos der durchschnittliche Rolls-Royce-Kunde hat?
Dass Rolls-Royce-Kunden nicht zu den Ärmsten zählen, liegt auf der Hand, und dass sie meist einen ganzen Fuhrpark zu Hause haben, kann man sich auch denken. Die Markenting-Strategen wollten es genau wissen und haben nun herausgefunden: 3 bis 7 Fahrzeuge besitzt ein Rolls-Royce-Kunde durchschnittlich; wobei die meisten eher bei 7 anzusiedeln sind. Im Winter übrigens greift die Mehrheit auf einen Range Rover zurück - bis Rolls-Royce vielleicht irgendwann selbst ein SUV auf den Markt bringt.
Trotz des reichlich vorhandenen Kleingelds ist es oft ein langer Prozess, bis der Kaufvertrag unterschrieben ist. Manche Händler müssen einen Kunden bis zu ein Jahr lang hofieren, damit er endlich zuschlägt. Im Showroom in Moskau dagegen kommt hin und wieder auch Laufkundschaft vorbei, die von einem ausgestellten Modell so begeistert ist, dass sie es gleich mitnimmt.
... wie viele Kilometer ein Rolls-Royce-Cabrio im Mittel pro Jahr fährt?
Sehr wenig: Nur rund 1.500 Kilometer wird im weltweiten Durchschnitt ein Phantom Drophead Coupé pro Jahr bewegt. Die meisten der Kilometer oder Meilen werden wahrscheinlich zwischen Nizza und Monaco sowie Hollywood und Santa Barbara zurückgelegt. Bei den Limousinen liegt die Laufleistung etwas höher, und vor allem osteuropäische Geschäftsleute nutzen ihren Rolls-Royce gerne auch für mehrwöchige Businesstrips durch ganz Europa.
... dass man bei Rolls-Royce darüber nachgedacht hat, die Taste für die Heckscheibenheizung abzuschaffen?
Strive for perfection heißt Rolls-Royce‘ Wahlspruch, also das Streben nach Perfektion. Dazu zählt für die Ingenieure auch die perfekte Bedienung - und die sollte möglichst simpel sein. So spielte man mit dem Gedanken, dem Kunden das lästige Einschalten der Heckscheibenheizung abzunehmen - indem man sie einfach immer laufen lässt. Mit Rücksicht auf die Energieverschwendung hat man davon dann allerdings Abstand genommen.
... woran man einen Rolls-Royce-Profi erkennt?
Neulinge, sagt man bei Rolls-Royce, gehen von hinten an die Autotür heran, doch der Profi weiß es besser - und nähert sich gleich von vorne. Warum? Weil bei Rolls-Royce die Türen traditionell hinten angeschlagen sind; so ist es bei den Fondtüren der Limousinen Phantom und Ghost (die wichtigen Leute sitzen schließlich hinten), aber auch bei den Coupés und Cabrios. Diese sogenannten Coach-Doors sind zum Markenzeichen geworden und sollen - neben dem aufsehenerregenden Auftritt - den Einstieg erleichtern.
... dass Rolls-Royce lange Zeit keine Angaben zur Leistung machte?
Zumindest in England begnügte man sich - bis sich BMW 1998 ins Geschehen einmischte - mit der Aussage, es sei „ausreichend“ Leistung vorhanden. Den Fahreindruck, der sich mit dieser Kraft erzielen lässt, bezeichnete schon 1906 ein britischer Journalist mit dem Begriff „Waftability“. Er meinte damit den mühelosen, gleichsam aber unbändig starken Vortrieb, den ein Rolls-Royce bietet: Obwohl es die Insassen nicht in die Sitze drückt, preschen die Luxuslimousinen nach vorne, als gäbe es kein Morgen mehr.
In Deutschland hingegen war die Leistungsangabe im Fahrzeugschein schon immer verpflichtend, beruhte allerdings nur auf einer persönlichen Schätzung des TÜV-Prüfers. Inzwischen rühmt sich die BMW-Tochter allerdings gern ihrer starken Motoren. Der 6,8-Liter-V12 im Phantom leistet 460 PS, die 6,6-Liter-Version im Ghost kommt sogar auf 570 Pferdestärken. Für das demnächst auf den Markt kommende Ghost-Coupé namens Wraith hat man noch einmal an der Leistungsschraube gedreht: Mit 632 PS ist er der bis dahin stärkste Rolls-Royce.
... dass es schier unendlich viele Ausstattungs-Kombinationen für einen Rolls-Royce gibt?
Schon die Standard-Auswahl an Leder, Holz und Lackfarben ist üppig. Rein rechnerisch ergeben sich allein aus diesem Sortiment mehrere tausend Kombinationen. Wer aber sicher gehen will, dass sein Rolls-Royce ein echtes Unikat ist, wird bei der hauseigenen Individual-Abteilung fündig. Bei den sogenannten Bespoke-Modellen sind dem Kunden kaum Grenzen gesetzt, was die Ausstattung seines Fahrzeuges anbelangt. Das vielzitierte Leder in der Farbe des Lieblings-Lippenstifts ist da nur eines von zahlreichen Beispielen; wer will, kann auch seinen eigenen Baum mitbringen und bei Rolls-Royce zu Furnier verarbeiten lassen.
Außerdem bringt Rolls-Royce selbst immer wieder stark limitierte Sondermodelle auf den Markt, die sich durch einzigartige Farbkombinationen, Ausstattungen oder Deko-Elemente auszeichnen. Diese Editionen, wie etwa das Aviator-Coupé auf Phantom-Coupé-Basis oder die Art-Deco-Modelle sind in der Regel schnell ausverkauft und steigen meist deutlich in ihrem Wert.