Heute steht er noch auf der Schwelle vom günstigen Gebrauchten zum gesuchten Youngtimer, vor 20 Jahren aber wurde die dritte BMW 3er-Generation von der Presse mit Lorbeeren geradezu überschüttet. „Fahrwerk, Fahragilität und Fahrpräzision haben hier womöglich endgültigen Ausdruck gefunden“, lautete etwa das Fazit eines Fachjournalisten über die weiß-blaue Modellreihe, die als fast schon übermotorisierter M3 gleich mehrere Leserwahlen zum „Auto des Jahres“ gewann und sogar als „Auto des Jahrhunderts“ gewürdigt wurde.
Tatsächlich war der 3er mit dem internen Code E36 für BMW weit mehr als nur eine Neuauflage der volumenstärksten Modellreihe. Mit frischer Designsprache und einem im Premiumsegment noch nicht da gewesenen Feuerwerk der Variantenvielfalt feierte BMW 1991 nicht nur die Premiere des dritten Dreier, sondern auch den 35. Geburtstag der kleinen Klasse.
Aus dem Urvater aller kompakten GTI, dem 1966 präsentierten, zweitürigen Typ 1600-2, war eine Modellfamilie hervorgegangen, die nun auf ihrem vorläufigen Höhepunkt vom 90 PS entwickelnden Diesel im 318tds bis zum in seiner Evolution 321 PS leistenden M3 reichte. Dies alles in der dynamischen Designsprache von Claus Luthe, der sich mit der avantgardistischen Wankel-Limousine NSU Ro 80 ein frühes Denkmal für die Ewigkeit gesetzt hatte und spätestens seit dem Entwurf der zweiten BMW 7er-Generation (1986) weltweit ein Ansehen genoss wie damals nur wenige Couturiers.
Rekordverdächtig
Rekordverdächtig war die Zahl der Versionen, mit denen der 3er der 1990er Jahre jede noch so kleine Nische bei den edlen Kompakten besetzen sollte. Zur klassischen viertürigen Limousine kamen Coupé, Cabriolet, Cabriolet-Limousine von Baur, Compact mit Heckklappe, Kombi als Touring und die Überflieger M3 als Coupé, Cabrio und Limousine. Nicht zu vergessen die auf dem 3er basierenden Sportwagen Z3 Roadster und Z3 Coupé (Baureihe E36/7) sowie die noch schnelleren Motorsporttypen, die in der STW-Supertourenwagen-Serie und als Diesel beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring Geschichte schrieben.
Insgesamt 2,5 Millionen Einheiten wurden vom E36, der bis dahin meistverkauften BMW-Baureihe aller Zeiten, produziert. Dies nicht nur in den drei deutschen Werken München, Regensburg und Dingolfing, sondern auch als Montage aus CKD-Sätzen in Asien und Südafrika. Vor allem aber war es ein 318i, der im September 1994 als erster BMW im neuen amerikanischen Werk Spartanburg vom Band lief und damit die Internationalisierung der bayerischen Marke entscheidend vorantreiben sollte.
Konkurrenzkampf
Das war ein entscheidender Schritt, zumal BMW die frühere Quasi-Alleinstellung in der Premium-Mittelklasse verloren hatte. Zunächst bekam der 3er Konkurrenz durch Mercedes-Benz 190 und die C-Klasse sowie Audi 80 und Audi A4, aber auch schwedische, italienische und japanische Hersteller rüsteten auf. Der BMW M3 wiederum zielte nicht zuletzt auf die Vierzylinder-Porsche. Ein Kampf, der zwar bereits Anfang der 1980er Jahre begonnen hatte, aber mit dem kantigen 3er der Baureihe E30 schließlich nicht mehr gewonnen werden konnte.
Dennoch sollte die Ablösung der betagten und bereits Patina tragenden zweiten 3er-Generation nur allmählich erfolgen, wie BMW anlässlich der Pressevorstellung der Baureihe E 36 ankündigte. Mit dem sukzessiven Ersatz der unterschiedlichen Karosserieversionen sollten die neuen Typen über den gesamten geplanten Modellzyklus bis zur Jahrtausendwende im Gespräch bleiben. Eine Strategie, die bereits bei den ersten beiden 3er-Generationen mit überraschendem Erfolg erprobt worden war und die dazu führte, dass die letzten 3er-Typen der nun abgelösten Baureihe E30 erst 1994 aus den Preislisten verschwanden.
Drei-Milliarden-DM-Auto
Fast schon eine Sensation nicht nur für BMW-Fans war das Design der neuen viertürigen Limousine, die BMW-Entwicklungschef Wolfgang Reitzle im November 1990 im südfranzösischen Nimes der Presse präsentierte. Der für über drei Milliarden D-Mark konstruierte BMW präsentierte sich in deutlich größerem Format und mit gänzlich anderer Silhouette als der bisherige 3er. Dazu verschwanden die beiden markentypischen, 1968 eingeführten Doppelscheinwerfer hinter je einem gemeinsamen Deckglas.
Dennoch blieb die Grundform mit einem langen Radstand von 2,70 Metern und kurzen Überhängen betont sportlich und unter den Hauben war in jeder Hubraumklasse Dampf angesagt – zumindest im Wettbewerbsvergleich. So musste sich keiner der neuen Benziner mit weniger als 100 PS zufriedengeben, ein schwächerer Diesel folgte erst später. Dagegen brachten es die beiden Reihensechszylinder auf 150 PS im 320i und auf 192 PS im 325i.
Kassenschlager
Während die Vierzylindermotoren praktisch unverändert übernommen worden waren, verfügten die Sechszylinder jetzt über zwei Nockenwellen und vier Ventile pro Brennraum. Beim Fahrwerk sorgte eine hintere Zentrallenkerachse für mehr Souveränität bei sportlicher Fahrweise. Zwischen 30.800 Mark und 49.000 Mark kostete der neue 3er, ein deutlicher Preisaufschlag gegenüber dem Vorgänger, den die Kunden aber akzeptierten. So belegte die kleinste BMW-Baureihe schon nach zwei Jahren Platz drei in der deutschen Verkaufsstatistik hinter VW Golf und Opel Astra.
Die neue Limousine blieb nicht lange allein. Allerdings war der Zweitürer, der zum Jahresbeginn 1992 vorgestellt wurde, anders als bisher keine Limousine, sondern ein elegantes Coupé. Obwohl dem Viertürer fast zum Verwechseln ähnlich, hatten die beiden Varianten lediglich eine Handvoll Gleichteile. Das geringfügig flacher gezeichnete Coupé bot dank breiter Türen mit rahmenlosen Fenstern und B-Säulen unter Glas eine ausgesprochen klassische Seitenlinie. Der vordere Überhang wirkte noch kürzer, der Ansatz der Fahrgastzelle wurde nach hinten versetzt. Vom Coupé abgeleitet wurde das 1993 eingeführte Cabrio - damals noch, wie es sich gehört, mit Stoffdach.
Neue Technik
BMW beließ es nicht allein bei der neuen Karosserie. Der technische Fortschritt unter der Haube kam in Form der variablen Nockenwellensteuerung für besseren Drehmomentverlauf und günstigerer Verbrauchswerte bei den Sechszylindern. Zum vorläufig schnellsten 3er aller Zeiten wurde aber die Neuauflage des M3, die von der M GmbH 1992 vorgestellt wurde.
Ein 3,0-Liter-Reihensechszylinder mit 286 PS, versteckt in einem kaum als Sportwagen auszumachenden Großserienkleid ließ den M3 in 6,0 Sekunden auf Tempo 100 stürmen - schneller als Porsche 968 oder Ferrari Mondial. Der M3 wurde sogar Weltmeister: Kein anderer Saugmotor hatte weder eine so hohe spezifische Leistung – 96 PS pro Liter Hubraum – noch ein spezifisches Drehmoment von 108 Newtonmeter pro Liter Hubraum. Bald nach seinem Debüt gab es den bayerischen Wolf im Schafspelz wahlweise als Coupé, Cabrio oder Limousine.
Leistungssträger
Beste Basis für einen Aufstieg zum heimlichen Bestseller unter den europäischen Leistungsträgern, der insgesamt über 71.000 mal verkauft wurde. Weiteren Absatzschub für den M3 gab es durch das ab 1997 optional bestellbare sequentielle M-Getriebe. Eine Weltneuheit, bei dem der Gangwechsel in einer Ebene ablief und die Kupplung vollautomatisch bedient wurde. Zuvor erhielt der M3 eine Leistungsspritze, nach der das jetzt 3,2 Liter große Sechszylinder-Triebwerk bis zu 321 PS freisetzte. Deutlich mehr als die Sportwagenikone Porsche 911 Carrera oder der neue Mercedes-Benz C36 AMG, die obendrein noch teurer waren als der M3.
Auch auf der Rennstrecke konnten die 3er der Baureihe E36 fast allen Rivalen davonfahren. Während der M3 in der GT-Klasse an den Start ging, setzte BMW in Tourenwagenrennen ab 1993 auf viertürige 318i mit bis zu 270 PS Leistung. Das prominente Werksfahrerfeld aus Johnny Cecotto, Roberto Ravaglia, Steve Soper und Joachim Winkelhock kämpfte bei Rennserien in Deutschland, England, Italien und Japan - und errang in drei Saisons nicht weniger als sechs Meistertitel. Mindestens ebenso eindrucksvoll war 1998 der Sieg eines 320d beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring als weltweit erster Langstrecken-Triumph für einen Diesel-Direkteinspritzer.
Große Klappe
Im Alltag riskierte die kleinste BMW-Reihe dafür auf andere Weise eine große Klappe. Als klassischer viertüriger Kombi „touring“ und erstmals auch als 22 Zentimeter kürzerer Karosserietyp compact mit zwei Türen und Heckklappe, den im übrigen ein weitgehend vom E30 übernommenes Armaturenbrett zierte. Während sich der touring ab 1995 vor allem gegen die neuen Wettbewerber Audi A4 Avant und das T-Modell der Mercedes-Benz C-Klasse durchsetzen sollte, war der compact ab 1994 die Einstiegsversion ins BMW-Programm.
So gab es den compact anfangs ausschließlich als 316i und 318is und dies zu günstigen Preisen, mit denen auch VW-Golf-Kunden gewonnen werden konnten. Letztlich war es auch dem Erfolg des compact zuzuschreiben, dass Audi nur zwei Jahre später den A3 lancierte. Da hatte BMW bereits einen neuen Pfeil im Köcher. Der 323ti mit 170 PS starkem Sechszylinder spurtete in 7,8 Sekunden auf Tempo 100, rannte 230 km/h schnell und galt bald als der M3 des „kleinen Mannes“.
- Chronik
- Motorisierungen
- Preise
1990: Im November Pressevorstellung der Limousine. Produktionsstart als 316i, 318i, 320i und 325i im Dezember. Markteinführung der Palette allerdings erst Anfang 1991
1991: Im Mai Produktionsanlauf für die Coupés 318is, 320i und 325i. Die Limousine ist mit Dieselmotor als 325 td bestellbar
1992: Die Produktion des M3 Coupé läuft im März an
1993: In der deutschen Zulassungsstatistik belegt der 3er BMW den dritten Platz hinter Opel Astra und VW Golf. 318i, 320i und 325i Cabrio sowie das 316i Coupé ergänzen die Palette. Der 3er startet bei diversen Tourenwagen-Rennserien
1994: Die M3 Limousine debütiert im Oktober. Neu ist außerdem das M3 Cabrio. Im April feiert der 316i compact seine Premiere, im Herbst der 318is compact. Zur gleichen Zeit startet der 318tds mit ladeluftgekühltem Vierzylinder-Turbodiesel als Limousine und ab Sommer 1995 auch als compact
1995: Neu sind die Typen 323i und 328i (Februar), 320i und 328i touring (März), 318 tds (März) und M3 Evolution (März), 323i und 328i Cabrio (Mai), M3 GT Coupé in einer Auflage von 406 Einheiten (ab Juni), 318 tds touring (Juli), 318i touring (September). Premiere des Roadsters Z3 mit Auftritt im James-Bond-Film „Golden Eye“. Produktionsauslauf für 325i (Juli).
1996: Modellpflege für die E36-Baureihe im Herbst. Neu sind die Typen 316i, 323i und 325 tds touring
1997: Der Typ 323ti Compact wird im Januar vorgestellt. Die M GmbH präsentiert das weltweit erste sequentielle SMG-Getriebe. Die letzte M3 Limousine läuft im Dezember vom Band. Neu ist dafür der 316i touring
1998: Im Mai gewinnt ein 320d unter dem von Hans-Joachim Stuck geführten Werksteam das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, der erste Sieg eines Diesel-Direkteinspritzers bei einem 24-Stunden-Lauf. Im Sommer geht der 318is an den Start
1999: Im Mai wird das Coupé eingestellt, im August das M3 Cabriolet, im Herbst die anderen Cabrio-Typen
2000: Im August wird der letzte compact produziert.
BMW 316i Limousine/touring/Coupé/compact/Baur Top Cabriolet mit 1,6-Liter-(73 kW/100 PS bzw. 75 kW/102 PS)-Vierzylinder-Benziner
BMW 318i Limousine/touring/Cabrio/Baur Top Cabriolet mit 1,8-Liter-(83 kW/113 PS bzw. 85 kW/115 PS)-Vierzylinder-Benziner
BMW 318is/ti Limousine/Coupé/compact mit 1,8-Liter-(103 kW/140 PS)-Vierzylinder-Benziner
BMW 320i Limousine/touring/Coupé/Cabrio/compact/Baur Top Cabriolet mit 2,0-Liter-(110 kW/150 PS)-Sechszylinder-Benziner
BMW 323i Limousine/touring/Coupé/Cabrio/compact mit 2,5-Liter-(125 kW/170 PS)-Sechszylinder-Benziner
BMW 325i Limousine//Coupé/Cabrio/Baur Top Cabriolet mit 2,5-Liter-(141 kW/192 PS)-Sechszylinder-Benziner
BMW 328i Limousine/touring/Coupé/Cabrio mit 2,8-Liter-(142 kW/193 PS)-Sechszylinder-Benziner
BMW 318tds Limousine/touring/compact mit 1,7-Liter-(66 kW/90 PS)-Vierzylinder-Diesel
BMW 325td/tds Limousine (td und tds)/touring (nur tds)/Baur Top Cabriolet (td und tds) mit 2,5-Liter-(85 kW/115 PS bzw. 105 kW/143 PS)-Sechszylinder-Diesel
BMW M3 Limousine/Coupé/Cabrio mit 3,0-Liter-(210 kW/286 PS)-Sechszylinder-Benziner
BMW 316i Limousine (1992): ab 32.900 Mark
BMW 318i Limousine (1992): ab 37.200 Mark
BMW 320i Limousine (1992): ab 42.400 Mark
BMW 325i Limousine (1992): ab 50.800 Mark
BMW 325 td Limousine (1992): ab 43.000 Mark
BMW 316i Limousine (1993): ab 35.200 Mark
BMW 318i Limousine (1993): ab 39.500 Mark
BMW 318is Coupé (1993): ab 44.750 Mark
BMW 320i Limousine (1993): ab 44.850 Mark
BMW 320i Coupé (1993): ab 48.250 Mark
BMW 325i Limousine (1993): ab 53.600 Mark
BMW 325i Coupé (1993): 55.350 Mark
BMW M3 Coupé (1993): 80.700 Mark
BMW 325 td Limousine (1993): ab 45.450 Mark
BMW 316i compact (1997): ab 34.700 Mark
BMW 316i touring (1997): ab 41.100 Mark
BMW 316g compact (Erdgas) (1997): ab 41.700 Mark
BMW 318i Cabrio (1997): ab 54.800 Mark
BMW 318ti compact (1997): ab 39.500 Mark
BMW 320i Cabrio (1997): ab 60.900 Mark
BMW 323i touring (1997): ab 54.700 Mark
BMW 328i touring (1997): ab 59.700 Mark
BMW 328i Cabrio (1997): ab 67.400 Mark
BMW 318tds compact (1997): ab 37.700 Mark
BMW M3 Limousine (1997): ab 88.500 Mark
BMW M3 Cabrio (1997): ab 97.500 Mark
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## Kein Allrad
Dem quattro-Antrieb der Ingolstädter Konkurrenz konnte die BMW-Reihe E36 zwar nichts entgegensetzen, dafür hatte sie andere Spezialitäten im Programm. Als 316g compact war sie bivalent mit Benzin- bzw. Erdgasantrieb ausgestattet. Den Platz der Rückbank blockierte allerdings der Gastank, zudem kostete der Typ „g“ stolze 7.000 Mark Aufpreis. Einen noch höheren Mehrpreis mit der Konsequenz einer noch kleineren Auflage forderte Karossier Baur für sein über BMW vertriebenes Top Cabriolet, dass mit sieben Motoren kombiniert werden konnte.
Erfolgloses Baur-Cabrio
Ein abnehmbares Hardtop vorne und ein zurückklappbares Verdeck hinten machten aus dem geschlossenen viertürigen 3er eine in dieser Art weltweit einzigartige Cabriolimousine. Mit festem Dachrahmen und Überrollbügel konnte sie dennoch nicht bestehen gegen die 3er-Vollcabrios. Nach etwas über 300 Einheiten des Top Cabriolets ging die viele Jahrzehnte währende Kooperation zwischen Baur und BMW zu Ende - und der Karossier wenig später in die Insolvenz.
Ganz anders verlief die Erfolgsgeschichte des 3er BMW. Sie wurde 1998 mit der neuen Baureihe E46 fortgeschrieben - und dies sogar nach dem 2002 erfolgten Facelift durch den umstrittenen neuen BMW-Chefdesigner Chris Bangle. (red/SP-X)