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Bericht: 20 Jahre Mazda Xedos – Genial daneben

Sie waren Meisterwerke der Formgestaltung und mit innovativen Sechszylindern technische Avantgarde in der Mittelklasse. Dennoch verschwanden die Mazda-Luxuslimousinen namens Xedos nach nur zehn Jahren ebenso überraschend wie sie 1992 eingeführt worden waren.

Weltweit wichtigster Markt für den 4,56 Meter langen Xedos 6 und den deutlich größeren Xedos 9 war Deutschland, allein hier erzielten die Luxusliner aus Hiroshima Achtungserfolge. Dabei setzte Mazda damals Maßstäbe in der Mittelklasse und das sogar auf dem anspruchsvollen deutschen Markt. Bewiesen hatten die Japaner dies bereits mit dem Modell 626, das im Jahr 1983 im Vergleichstest als erster Japaner den Mercedes 190 schlug und in den Verkaufszahlen sofort die Spitze des gesamten Importsegments eroberte. Eine Position, die der 626 in seiner Klasse über viele Jahre verteidigte, zugleich sicherte er der Marke eine Führungsrolle unter den Importeuren. So konnte Mazda Deutschland im Jahr 1990 erstmals über 100.000 Zulassungen an die Zentrale nach Japan melden – passend zu ersten Testfahrten mit Prototypen der neuen Premium-Reihe Xedos auf deutschen Autobahnen.

Mission des im Jahr 1992 eingeführten Xedos 6 und des ein Jahr später folgenden Xedos 9 war die Eroberung der Premiumklasse und damit ein Frontalangriff gegen Mercedes, Audi und BMW auf deren Heimatmarkt. Anders als die japanische Konkurrenz von Lexus, Infiniti und Acura sollte sich Xedos von Anfang an auch in Europa durchsetzen. Dazu etablierte Mazda einen speziellen Vertriebskanal über sogenannte Plus-X-Händler mit eigenem Schauraumkonzept für die Luxusmodelle. Eine Marketingstrategie, die mit dem Roadster MX-5 und den Coupés MX-3 und MX-6 getestet worden war und nun um die Limousinen Xedos 6 und Xedos 9 erweitert wurde.

Kunstwort

Den Anfang machte im Juni 1992 der Xedos 6. Von Luxus, Lifestyle und Exklusivität sollte schon die als Kunstwort kreierte Modellbezeichnung Xedos künden. Manfred Gotta, der Guru unter den Markenmachern, hatte den Namen ersonnen. Ein klangvoller Name aus Gottas Wortwerkstatt allein genügt aber nicht zum Durchbruch in der Luxusklasse, wie wenig später auch Renault mit seinen Luxusmodellen Avantime und Vel Satis feststellen musste. Mazda-Marktanalysen ergaben, dass Xedos zehn Jahre nach Markstart immer noch zu den großen Unbekannten in Deutschland zählte.

Dabei brachte doch bereits der Xedos 6 fast alles mit, was für Prestigelimousinen im Revierkampf gegen die deutschen Platzhirsche unabdingbar ist. Etwa einen neuartigen 2,0-Liter-V6-Benziner als Vorläufer für heutige Downsizing-Motoren. Dessen 144 PS arbeiteten so leise, dass die Presse in Testberichten eine Laufruhe wie in der Oberklasse konstatierte. Überdies wurde der Sechszylinder als Vorbild für verbrauchsarme Benziner gelobt. Was dem Luxus-Mazda in der Auseinandersetzung mit Mercedes 190/C-Klasse, Audi A4 und BMW 3er aber fehlte, war ein Dieselmotor. Dafür legten die Japaner 1995 mit einem anderen Meilenstein des Motorenbaus nach, diesmal im zweiten Xedos-Modell, dem größeren Xedos 9. In dem fast 4,83 Meter langen Flaggschiff des Mazda-Programms debütierte der weltweit erste 2,3-Liter-V6-Miller-Cycle-Motor mit Comprex-Druckwellenlader.

Innovativer V6

Eine Motorenbauweise, die bis dahin vor allem im Schiffbau bekannt war. Vom konventionellen Viertaktprinzip unterschied sich der Miller-Zyklus vor allem durch ein späteres Schließen des Einlassventils. Dadurch wurde das Verdichtungsverhältnis verringert und die Temperatur vor der Zündung und während der Verbrennung niedriger gehalten. So konnte mehr Luft eingepresst und höhere Leistung erzielt werden und die Klopfneigung blieb geringer. Praktische Vorteile des nach dem Erfinder Ralph Miller benannten Triebwerks waren geringere Stickoxid-Emissionen und bis zu 15 Prozent weniger Kraftstoffverbrauch als bei konventionellen Motoren gleicher Leistung. Tatsächlich begnügte sich der 210 PS leistende Xedos 9 V6 Miller-Cycle mit 6,3 Liter Normverbrauch bei Tempo 90. Trotz spontanen Ansprechverhaltens fehlte es dem Mazda allerdings etwa im Vergleich zum neuen 2,3-Liter-Turbomotor bei Saab oder zum gerade vorgestellten 2,3-Liter-Kompressormotor von Mercedes an Drehmomentstärke bei niedrigen Drehzahlen.

Letztlich wurde Mazdas Mut zum Sonderweg deshalb nicht belohnt. Die erhoffte große Publikumsresonanz auf das Miller-Prinzip blieb aus, weshalb auf den ursprünglich geplanten Einsatz der Technik in anderen Baureihen verzichtet wurde. Sogar beim Xedos 9 verschwand der Motor mit dem ersten Facelift aus dem Angebot. Bemerkenswert war allerdings auch die hochpreisige Positionierung des Xedos mit 2,3-Liter-Miller-Motor. So war der Mazda deutlich teurer als die Konkurrenten Mercedes E280 und BMW 528i und nicht mehr weit entfernt von den Preisen des staatstragenden Audi A8.

Feines Aerodynamik-Design

Was blieb war die verführerische Verpackung aller Xedos. Ihre zeitlos eleganten Konturen wurden von Kritikern als „fast überirdisch schön“ bezeichnet. Ganz besonders galt dies für den Xedos 6, dessen Linien eines der ersten Crossover-Konzepte zwischen Coupé und Limousine verkörperten. Sogar der italienische Starcouturier Giorgetto Giugiaro begeisterte sich für das mit einem cW-Wert von 0,29 außergewöhnlich aerodynamische Designkonzept seiner japanischen Kollegen und bezeichnete den Xedos 6 im rundlichen Biodesign als gelungenen Mittelweg zwischen Limousine und Coupé.

Den einzigen allgemein bemängelten Makel der wegweisenden Formensprache beseitigte Mazda im Zuge des Facelifts von 1994: Den Heckspoiler gab es fortan nur noch auf besonderen Kundenwunsch. Auch der von den Abmessungen deutlich massigere Xedos 9 gab sich ähnlich grazil. Die einzige signifikante optische Änderung während der rund zehnjährigen Produktionszeit des Xedos 9 betraf die Frontgestaltung. Zum Modelljahr 2001 erhielt das Mazda-Flaggschiff einen auffälligeren Chromgrill im neuen Markenstil und größere Scheinwerfer.  

1991: Ende des Jahres debütiert der Xedos 6 in Japan unter der Bezeichnung Eunos

1992: Im Juni führt Mazda seine Luxus-„Marke" Xedos in Deutschland ein mit dem Xedos 6. Vorläufig einziger Motor für den deutschen Markt ist ein 2.0-Liter-V6-Benziner. Den Anspruch auf die gehobene Fahrzeugklasse sollen auch serienmäßiges ABS und Fahrerairbag unterstreichen

1993: Im Januar feiert der Xedos 9 Weltpremiere. Im November Markteinführung des Xedos 9 in Deutschland als Nachfolger des Mazda 929

1994: Im April Einführung des Xedos 6 mit neuem 1,6-Liter-Vierzylinder als Basismotorisierung. Im August Leistungsreduzierung für die Motoren im Xedos 6 zugunsten besserer Abgaswerte, außerdem für Xedos 6 neue Ausstattungslinien Basis und Business sowie technische Modifikationen bei Lenkung und Fahrwerk

1995: Wegfahrsperre Serie bei allen Xedos. Im Oktober Marktstart für den Xedos 9 mit Miller-Cycle-Motor

1996: Ab August Beifahrerairbag serienmäßig bei Xedos 6

1997: Rückrufaktion für den Xedos 6 wegen möglichen Rostbefalls an vorderen Fahrwerksfedern

1998: Im November Straffung des Modellangebots beim Xedos 6. Ab sofort nur noch mit V6-Motor und in den Ausstattungslinien Business und Exclusiv

1999: Im September Produktionsauslauf für den Xedos 6 nach weltweit nur 72.101 Einheiten. Hauptabsatzmarkt war Deutschland

2000: Im Oktober Straffung des Angebots beim Xedos 9. Ab sofort nur noch als Xedos 9 2.5i V6 lieferbar, dies in einer Faceliftversion mit neuer Frontgestaltung, überarbeitetem Fahrwerk und erweiterter Interieurausstattung

2003: Im Januar Einstellung des Xedos 9

Mazda Xedos 6 2.0i V6 (Juni 1992 bis August 1994) mit 2,0-Liter-Sechszylinder-Benziner mit 106 kW/144 PS;

Mazda Xedos 6 1.6i (April 1994 bis August 1994) mit 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 83 kW/113 PS;

Mazda Xedos 6 1.6i (August 1994 bis September 1999) mit 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 79 kW/107 PS;

Mazda Xedos 6 2.0i V6 (August 1994 bis September 1999) mit 2,0-Liter-Sechszylinder-Benziner mit 103 kW/140 PS;

Mazda Xedos 9 2.0i V6 (November 1993 bis Oktober 2000) mit 2,0-Liter-Sechszylinder-Benziner mit 105 kW/143 PS;

Mazda Xedos 9 2.3i V6 Miller Cycle (Oktober 1995 bis Oktober 2000) mit 2,3-Liter-Sechszylinder-Benziner mit 155 kW/210 PS;

Mazda Xedos 9 2.5i V6 (November 1993 bis Oktober 2000) mit 2,5-Liter-Sechszylinder-Benziner mit 123 kW/167 PS;

Mazda Xedos 9 2.5i V6 (Oktober 2000 bis Januar 2003) mit 2,5-Liter-Sechszylinder-Benziner mit 120 kW/164 PS;

Xedos 6 2.0i V6 (1992) ab 42.970 Mark

Xedos 6 2.0i V6 (1993) ab 43.980 Mark

Xedos 6 1.6i (1997) ab 37.950 Mark

Xedos 6 2.0i V6 (1997) ab 45.650 Mark

Xedos 6 2.0i V6 Exclusiv (1997) ab 52.950 Mark

Xedos 9 2.0i V6 (1993) ab 49.950 Mark

Xedos 9 2.5i V6 (1993) ab 54.850 Mark

Xedos 9 2.0i V6 (1997) ab 51.200 Mark

Xedos 9 2.5i V6 (1997) ab 58.100 Mark

Xedos 9 2.3i V6 Miller Cycle (1997) ab 72.850 Mark

Xedos 9 2.5i V6 (2002) ab 32.700 Euro

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        ## 2003 war endgültig Schluss

Allerdings beschleunigten weder die außergewöhnlichen Formen noch die liebevolle Detailverarbeitung mit bis 30 Prozent kleineren Karosseriespaltmaßen als bei der Konkurrenz und auch nicht die luxuriöse Ausstattung oder die Langzeitqualitäten der galvanisierten Karosserien die viel zu kleinen Absatzzahlen der Xedos-Typen. Vom anfangs verkündeten Verkaufsziel von 1.000 Xedos 6 im Monat blieben die Mazda-Händler mit monatlich durchschnittlich 250 Autos stets weit entfernt.

Noch mehr galt dies für die Zulassungen des Xedos 9. Die Gründe für den bescheidenen Erfolg waren schnell ausgemacht: Es fehlte den Neulingen noch am Markenprestige der etablierten Wettbewerber und die Basispreise waren in Relation zu den deutschen Herstellern deutlich zu hoch. Dennoch wurden vom Xedos 6 fast 30 Prozent der produzierten Fahrzeuge in Deutschland zugelassen. Angesichts der desaströsen globalen Verkaufszahlen zog Mazda aber 2003 endgültig die Reißleine für das Xedos-Projekt. Die genialen Autos waren am Markt vorbei gefahren.

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