Dort stand vor 50 Jahren die Speerspitze aller japanischen Supersportwagen im Rampenlicht, der Toyota 2000 GT. Ein verführerischer Fastback, der für viele Sportwagenfans schöner war als alle damaligen Ikonen vom Schlage eines Ferrari GTO oder Jaguar E-Type und der als Spielzeugminiatur sofort die Kinderzimmerwelt eroberte.Ein starker Start
Auf Straße und Strecke sollte der erste Japan-Racer dagegen alle etablierten Rivalen durch technische Raffinesse deklassieren. Ob diese Anmaßung des fernöstlichen Brot-und-Butter-Auto-Produzenten Toyota einem Titanen wie Enzo Ferrari wenigstens ein amüsiertes Lächeln entlocken konnte, ist leider nicht überliefert. Verbürgt ist aber die Anerkennung, die der Toyota 2000 GT von Supercar-Konstrukteuren wie Carroll Shelby oder Alejandro De Tomaso erhielt. Erntete das Alphatier in Nippons neuer Sportschau - das Trio aus Prince R380, Hino Sprint GT und Mazda Cosmo folgte dem Toyota – doch raschen Ruhm auf Rennkursen und bei Rekordfahrten. Vor allem: Toyota hatte sich mit seinem ersten Gran Turismo für den schnellen Drift ins sportliche Glück global ins Gespräch gebracht – beste Basis für die Besetzung der automobilen Hauptrolle im James-Bond-Streifen „Man lebt nur zweimal“ und den Vorstoß auf neue Exportmärkte in Europa.
In der Welt des Glamours und des Jetsets der Swinging Sixties ist der bis zum Jahr 1970 nur 351 Mal gebaute GT dennoch nie begehrt worden. Dafür jedoch von überraschend vielen technikafinen Sportwagenfans, die bereit waren, die exorbitant hohen Preise für Toyotas Prestigeobjekt zu zahlen. Den Status des teuersten asiatischen Autos aller Zeiten errang der 2000 GT allerdings erst als Klassiker, für den Kenner heute bereitwillig siebenstellige Beträge bezahlen.
Entwickelt wurde das Sportcoupé ab 1964 als emotionsgeladener Markenmeilenstein, der Toyota als technischen Fixstern am Autohimmel der Sechziger verankern sollte. Der GT war das Glanzlicht des 30. Geburtstags der Automobilproduktion bei Toyota, die bis dahin vor allem die Inlandsnachfrage bediente, ab 1965 aber einem 25-prozentigen Exportanteil entgegenstrebte. Und hier sollte der Gran Turismo als Türöffner für traditionelle Sportwagenmärkte dienen.
Das Abbild göttlicher Gestalt
Von Toyota-Chefingenieur Jiro Kawano und Saturo Nozaki (Design) als technisches Kunstwerk konzipiert, folgte der GT der Philosophie der Götter Fujin und Raijin, die in der japanischen Kunstszene allgegenwärtig sind. Während der Windgott Fujin eher zurückhaltend auftritt, ist der Donnergott Raijin aufbrausend und aggressiv. So zeigte sich der Toyota-Sportwagen denn auch in zurückhaltend zierlichen Proportionen von gerade einmal 4,18 Meter Länge und 1,60 Meter Breite. Womit er im Vergleich zu manchen europäischen Supercars fast kleinwüchsig wirkte. Innerhalb des Toyota-Programms präsentierte er sich damit jedoch bereits als großer Bruder des Sports 800, der ab 1962 den Prototypen-Probelauf für Toyota Sportwagen absolvierte.
Statt eines mediokren Zweizylinders wie im Sports 800 arbeitete unter der endlos lang gestreckten Haube des 2000 GT aber der weltweit modernste und leistungsstärkste Sechszylinder seiner Leistungsklasse mit zwei obenliegenden Nockenwellen und zentral in den hemisphärischen Brennräumen angeordneten Zündkerzen. Liebe zum Detail zeigten die zwischen 150 PS und 200 PS abgebenden Maschinen sogar durch mit schwarzem Schrumpflack überzogenen Deckeln der Nockenwellen. Dort kündeten in stolzen Lettern die Schriftzüge Toyota und 2000 GT vom wilden Temperament eines Sportlers, der an den Donnergott Raijin erinnerte.
- Chronik
- Produktionszahlen
- Wichtige Motorisierungen
1964: Toyota gibt den Startschuss für das Projekt 280 A, die Entwicklung eines Gran Turismo für den Weltmarkt
1965: Weltpremiere des Toyota 2000 GT auf der Automesse in Tokio als seriennahe Studie
1966: Beim Kooperationspartner Yamaha startet die Vorserienproduktion des 2000 GT. Im Oktober bricht der Toyota 2000 GT die bestehenden Weltrekorde für das 72-Stunden-, 15.000-Kilometer- und 10.000-Meilen-Rennen und stellt 13 weitere internationale Geschwindigkeitsrekorde auf. Ort der Rekordfahrten ist die Hochgeschwindigkeitsteststrecke von Yatabe in der Präfektur Saitama bei Tokio. Außerdem wird der 2000 GT dritter beim Grand Prix von Japan und belegt im Juni den ersten und zweiten Platz im 1.000-Kilometer-Rennen von Suzuka. Der Toyota 2000 GT feiert als Roadster im James Bond Film „Man lebt nur zweimal“ Filmpremiere
1967: Der Sportwagen Mazda Cosmo Sport 110 S, weltweit erstes Serienauto mit Zweischeiben-Wankelmotor, feiert am 30. Mai seine Vorstellung als Serienauto. Unmittelbar zuvor im Mai Serienstart für den Toyota 2000 GT. Während der Mazda Cosmo Sport 110 S nur 1,48 Millionen Yen kostete, stellte Toyota für einen 2000 GT mindestens 2,38 Millionen Yen in Rechnung. Auf der Tokyo Motorshow präsentiert das englische Mode-Model Twiggy alias Leslie Hornby einen goldfarben lackierten 2000 GT
1968: Ein von Carroll Shelby präparierter und auf 250 PS getrimmter 2000 GT geht bei der SCCA-Serienwagenmeisterschaft an den Start. Der Mazda Cosmo Sport 110 S wird modellgepflegt, Kennzeichen sind u.a. größere Blinkleuchten und hintere seitliche Markierungsleuchten
1969: Im Oktober Modellpflege für den Toyota 2000 GT, nachdem zuvor der Nissan 240 Z Fairlady als weiterer japanischer Sportwagen an den Start gegangen ist. Der englische Modellautohersteller Corgy Toys feiert eine halbe Million verkaufte Toyota-2000-GT-Miniaturen in James-Bond-Spezifikation. Die letzte Serie des Toyota 2000 GT war mit Klimaanlage und zusätzlichem Lufteinlass unter dem Kühlergrill lieferbar
1970: Die Produktion des Toyota 2000 GT endet im August nach nur 351 gefertigten Fahrzeugen. In Europa wurden elf 2000 GT nach Belgien verkauft, fünf nach Frankreich, jeweils drei nach Großbritannien und in die Schweiz, zwei nach Portugal und einer nach Dänemark
1976: Der neue Toyota 2000 GT Liftback erinnert an den gleichnamigen legendären ersten japanischen Supersportwagen, basierte jedoch auf dem Großseriencoupé Celica
2000: Corgy Toys lanciert eine Neuauflage des Toyota-2000-GT-Modellautos
2009: Im japanischen Nagoya wird durch den Karossier Duesen Bayern eine Replika-Serie des Toyota 2000 GT aufgelegt
2010: Erstes europäisches Toyota-2000-GT-Treffen bei den Classic Days von Schloss Dyck mit zehn teilnehmenden Fahrzeugen
2011: Im Mittel erzielen gut erhaltene Toyota 2000 GT Verkaufspreise von 230.000 Euro (gegenüber knapp 100.000 Euro im Jahr 2003)
2013: Bei der Versteigerung eines 2000 GT fällt der Hammer bei 1,16 Millionen Dollar
2015: Verkaufspreise jenseits der Million-Euro-Marke für einen der raren 2000 GT sind üblich
Toyota 2000 GT (1965 bis 1970): 351 Einheiten, darunter zwei verdecklose Roadster und ein Targa. 233 Rechtslenker, 118 Linkslenker, davon 9 Einheiten mit 2,25-Liter-Motor. 65 Toyota 2000 GT werden offiziell in den USA verkauft
zum Vergleich: Mazda Cosmo Sport 110 S L10A/B (1967): 1.519 Einheiten
Toyota 2000 GT (1965 bis 1970) mit 2,0-Liter-Reihen-Sechszylinder-Benziner (110 kW/150 PS bzw. 148 kW/200 PS als Wettbewerbsversion)
Toyota 2000 GT (1965 bis 1970) mit 2,25-Liter-Reihen-Sechszylinder-Benziner (103 kW/140 PS)
zum Vergleich: Mazda Cosmo Sport 110 S (1967-1972) mit Zweischeiben-Wankelmotor und 2x491 ccm Kammervolumen (81-94 kW/110-128 SAE-PS)
$("div#tabInfoboxContent").tabs();
So verschreckte der GT die versammelte Konkurrenz bereits bei seinem ersten Langstreckenrennen im Juni 1966 durch einen souveränen Doppelsieg. Mit drei Weber-Doppelvergasern waren die nur 850 Kilogramm wiegenden 200-PS-Toyota 250 km/h schnell. Ferrari vermeldete für seinen V12-Boliden 330 GT nur 245 km/h und der Aston Martin DB6 war gar nur mit 240 km/h genannt. Weiter ging es für Toyota deshalb mit Rekordfahrten: Am 1. Oktober 1966 erzielte der 2000 GT auf der Hochgeschwindigkeitsteststrecke von Yatabe bei Tokio drei Welt- und 13 Klassenrekorde. Ein spektakulärer Coup, der sogar die texanische Motorsport-Legende Caroll Shelby begeisterte. Für die Saison 1968 bereitete Shelby deshalb drei Toyota 2000 GT vor, die in der Klasse C für Produktionswagen gegen Porsche & Co. antraten.
Gefragt und limitiert
Die amerikanische Fachpresse feierte das elitäre Sportcoupé der japanischen Massenmarke damals bereits als „eines der aufregendsten Fahrzeuge aller Zeiten“, das es leicht mit dem Porsche 911 aufnehmen konnte. Dafür verlangte Toyota aber auch Preise, die mit 6800 Dollar deutlich oberhalb eines Porsche lagen und sogar den Wankel-Sportwagen-Pionier Mazda Cosmo zum Billigheimer degradierten. Nur 65 Toyota 2000 GT fanden deshalb den Weg in die USA. Auch in seinem Heimatland war der 2000 GT mit 2,38 Millionen Yen das weitaus teuerste Auto seiner Ära, was die Verkaufszahlen weiter limitierte.
Genug Faszination, um Aston Martin abzulösen, als es um die automobile Besetzung des fünften James-Bond-Kino-Epos ging. Dafür transformierte Toyota zwei GT zu Roadstern, die dank des steifen Kastenrahmens ohne weitere Verstärkungen auskamen. Drei Fahrszenen von insgesamt sechs Minuten genügten im Film, um den Toyota 2000 GT weltberühmt zu machen und in der Folge als eines der begehrtesten Spielzeugmodellautos Geschichte schreiben zu lassen. Dabei griff 007-Darsteller Sean Connery nicht einmal selbst ins Lenkrad, sondern überließ das Fahren seinem japanischen Bond-Girl Akiko Wakabayashi, das mangels Führerscheins außerhalb des Filmstudios obendrein gedoubelt werden musste.
Auch im Kleinstformat Topseller
Passend zum offiziellen Serienstart anlässlich der Tokyo Motor Show 1967 war es dann das britische Top-Model Twiggy, das den schnellsten Toyota einmal mehr in die Medien brachte und mit blondem Bubikopf einen goldfarbenen GT präsentierte. Das Showcar war Teil ihres Honorars und fand als erster 2000 GT den Weg nach Europa. Dort traf es zeitgleich ein zum Start einer einzigartigen Toyota-Toy-Story: In Kooperation mit dem englischen Modellspezialisten Corgy Toys brachte es der 2000 GT zu millionenfacher Verbreitung in Vitrinen und Kinderhänden. Als erstes japanisches Traumauto, das in der Verkleinerung auf 1:43 vorübergehend verbreiterter war als jeder Ferrari, wozu rund ein Dutzend weiterer Modellautohersteller beitrug.
Nur 22 Links-Lenker und drei Rechts-Lenker Toyota 2000 GT fanden dagegen im 1:1-Format europäische Liebhaber, allerdings war der japanische Autobauer bis zum Auslauf des Gran Turismos im Jahr 1970 auch nur in wenigen Ländern der Alten Welt präsent. Ihre Mission hatten die meist solarrot lackierten Sportler trotzdem erfüllt: Toyota war zum Thema geworden. (as/sp-x)