Doch als der BMW 501 ein Jahr später tatsächlich in Serie ging, war er es, der die Schlagzeilen von Wirtschaftsseiten und bunten Blättern bestimmte. Kein Wunder, hatte die Öffentlichkeit von BMW doch keine solch repräsentative und teure Limousine als erstes neues Nachkriegsmodell erwartet. Derart opulent und fließend waren die Formen des stattlichen 501, dass der Volksmund den BMW schon bald mit einem bayerischen Barockengel assoziierte. Weniger üppig fiel zunächst die Motorisierung der damals beachtliche 4,73 Meter messenden Limousine aus. So kam anfangs nur eine dezente Weiterentwicklung des Vorkriegs-Sechs-Zylinder-Aggregats aus dem Typ 326 zum Einsatz, das sich im BMW 501 fast überfordert fühlte. Als die Nachfrage nach den kostspieligen Oberklasselimousinen in jenen schweren Zeiten des wirtschaftlichen Wiederaufbaus gering blieb, legte BMW nach und präsentierte drei Jahre später den weltweit ersten Großserien-Leicht-Metallmotor in der Limousine 502.
Noch mehr Glanz und Gloria vermittelten die extravaganten Coupés und Cabrios 503 und 507, die ebenso auf die Antriebstechnik des Barockengels setzten wie die Staatslimousine 505. Trotz des einsetzenden deutschen Wirtschaftswunders war keinem dieser Modelle für die oberen Zehntausend der erhoffte Absatzerfolg beschieden. Kasse und Konto von BMW sollten deshalb die Kleinstwagen-Reihen Isetta und 600 füllen. In der lukrativen Mittelklasse war BMW damals nicht vertreten. Die Verluste des Luxusabenteuers konnten die Kleinen allerdings nicht ausgleichen. Fast hätten die Dickschiffe 501 und 502 daher das wirtschaftliche Ende für die weiß-blaue Marke bedeutet. Als im Dezember 1963 die letzten BMW-V8-Limousinen vom Band rollten, sollte es fast 30 Jahre dauern bis mit dem 7er eine neue weiß-blaue V8-Limousine an den Start ging.
So teuer wie ein Bugatti
Dabei sollten die Barockengel ursprünglich doch Deutschlands neue Prestigeklasse werden, ein Symbol für den Wiederaufstieg von BMW und der ganzen Nation zu neuen wirtschaftlichen Höhen. Tatsächlich hatten die Folgen des Kriegs BMW ganz besonders heftig getroffen. Das Werk Eisenach lag hinter der Demarkationslinie und war an die neugegründeten Eisenacher Motorenwerke EMW verloren, überdies wurden die Produktionsanlagen im schwer beschädigten Münchener Werk demontiert. Dennoch begann bereits 1947 die Entwicklung einer neuen großen Limousine, deren Produktion aber erst Ende 1952 anlaufen konnte. Der ursprünglich geforderte Preis von 15.150 Mark für den Typ 501 wirkte damals ähnlich unwirklich wie die siebenstelligen Eurobeträge, die heute von Bugatti für Luxusmodelle gefordert werden.
Mit dem Unterschied, dass sich BMW vor 60 Jahren durchaus Hoffnungen auf eine Großserienfertigung der 501-Limousinen machte. Schließlich gab es ja schon die Klientel kaufkräftiger Künstler aus dem Film- und Showgeschäft, wohlhabender Freiberufler und Unternehmer. Und diese Kunden wollte man mit aufsehenerregenden, barocken Formen und Komfortdetails wie weit öffnenden, gegenläufigen Portaltüren gewinnen, wenn schon der Sechs-Zylinder unter der Haube des 501 von gestern war.
Herrlich starke Hightech-V8-Motoren
Ein fast schon futuristisches Triebwerk enthüllte BMW erst auf dem Genfer Salon 1954. Unter der Typenbezeichnung 502 bekam der Barockengel den weltweit ersten Großserien-Aluminium-V8, der aus 2,6 Liter Hubraum prestigeträchtige 100 PS entwickelte und die repräsentative Limousine auf 160 km/h beschleunigte. Mit diesem Tempo konnte der BMW 502 auf Autobahnen damals sogar manchen Hochleistungssportwagen von der Überholspur vertreiben. Tatsächlich löste der BMW V8 bei der Bevölkerung Beifallsstürme aus wie sonst nur der Sieg bei einem internationalen Sportereignis. Selbstbewusstsein war wieder gefragt und Ereignisse wie der Titelgewinn bei der Fußballweltmeisterschaft 1954 und der Wiederaufstieg von BMW und Mercedes-Benz zum Maßstab in der internationalen Oberklasse entsprachen dem Zeitgeist.
Noch exklusiver als die Limousinen der Reihen 501 und 502 waren vorerst nur die Coupé- und Cabriolet-Varianten, die in Kleinserien beim Karossier Baur entstanden. Nicht zu vergessen der einzige wirkliche Rivale in der deutschen Oberklasse, der Mercedes-Benz 300 „Adenauer“. Dessen Position als Kanzlerauto war trotz bescheidenen Sechs-Zylinder-Motors nicht zu erschüttern. Konrad Adenauer liebte seinen 300er so sehr, dass auch der weit modernere BMW 505 als souveräne V8-Pullman-Limousine keine Chance hatte. Nach einer kurzen Sitzprobe im BMW 505 ließ sich der Kanzler im gewohnten Mercedes zum nächsten Termin chauffieren und das staatstragende BMW-Flaggschiff verschwand in der Versenkung. Wahrscheinlich hätte aber auch ein bayerisches Kanzlerauto keinen nachhaltigen Aufwind für die Verkaufszahlen der barocken BMW bedeutet.
- Chronik
- Preise
- Motorisierungen
1947: Entwicklungsbeginn für eine neue große Reiselimousine
1948: BMW nimmt die Produktion von Motorrädern wieder auf
1951: Auf der Frankfurter IAA feiert der BMW 501 am 17. April Weltpremiere
1952: Im November Produktionsbeginn des 501 zum Preis von 15.150 Mark. Damit ist der BMW 501 die zweitteuerste Limousine (nach dem Mercedes 300) aus deutscher Produktion. Die Karosserien liefert vorerst die Firma Baur in Stuttgart
1954: Auf dem Genfer Salon debütiert der BMW 502 mit dem ersten europäischen V8-Leichtmetall-Motor. Im September startet die Serienproduktion. Der frühere Veritas-Konstrukteur Ernst Loof entwickelt für BMW einen Roadster auf Basis des 502. Der Vorstand erteilte aber keine Freigabe für die Serienproduktion. Stattdessen Entwicklungsstart für den BMW 507
1955: Mehr Hubraum (2,1 Liter) für den BMW 501. Ab September Panoramaheckscheibe für den BMW 502 und größerer 3,2-Liter-V8-Motor. Auf der IAA debütiert der BMW 503 als Coupé und Cabriolet, außerdem der Roadster BMW 507. Die BMW 505 Repräsentationslimousine feiert ebenfalls auf der IAA Premiere. Die Modelle 501/502 haben ihr bestes Verkaufsjahr mit insgesamt 4.567 Zulassungen
1956: Produktionsstart für BMW 503 und 507
1957: Nur noch 1.701 BMW 501/502 werden produziert
1958: Ende des Jahres Produktionsauslauf für den BMW 501 mit Sechs-Zylinder-Maschine. Weitere 17 Einheiten werden in den folgenden drei Jahren einzelangefertigt
1961: Ab Juli Scheibenbremsen serienmäßig, runde Heckleuchten. Außerdem neue Modellgliederung in BMW 2600 und BMW 3200
1963: Im Dezember laufen die letzten Einheiten der BMW Oberklassetypen vom Band
BMW 501 (1951): ab 15.150 Mark (inkl. Radio)
BMW 501 B (1954): ab 12.680 Mark
BMW 501 A (1954): ab 14.180 Mark
BMW 501 A Coupé (1954): ab 18.100 Mark
BMW 501 A Cabriolet (1954): ab 18.200 Mark
BMW 501 A Cabriolet vier Türen (1954): ab 18.200 Mark
BMW 501 Sechs-Zylinder (1955): ab 12.500 Mark
BMW 501 Sechs-Zylinder Coupé (1955): ab 17.850 Mark
BMW 501 Sechs-Zylinder Cabriolet (1955): ab 17.950 Mark
BMW 501 Acht-Zylinder (1955): ab 13.950 Mark
BMW 501 Acht-Zylinder (1960): ab 15.450 Mark
BMW 502 2,6 Liter (1954): ab 17.800 Mark
BMW 502 2,6 Liter (1960): ab 17.450 Mark
BMW 502 2,6 Liter Coupé (1954): ab 21.800 Mark
BMW 502 2,6 Liter Cabriolet (1954): ab 21.900 Mark
BMW 502 2,6 Liter Cabriolet vier Türen (1954): ab 21.900 Mark
BMW 502 3,2 Liter (1955): ab 17.850 Mark
BMW 502 3,2 Liter (1960): ab 18.850 Mark
BMW 502 3,2 Liter Super (1960): ab 21.240 Mark
BMW 503 Coupé (1956): ab 29.500 Mark
BMW 503 Cabriolet (1956): ab 29.500 Mark
BMW 503 Coupé (1958): ab 32.950 Mark
BMW 507 Roadster (1956): ab 26.500 Mark
BMW 2600 (1961): ab 16.240 Mark
BMW 2600 L (1961): ab 18.240 Mark
BMW 3200 L (1961): ab 19.640 Mark
BMW 3200 S (1961): ab 21.240 Mark
BMW 501 (1951-1954) mit 2,0-Liter-(65 PS)-Sechs-Zylinder-Motor
BMW 501 A/501 B (1954-1955) mit 2,0-Liter-(72 PS)-Sechs-Zylinder-Motor
BMW 501 Sechs-Zylinder (1955-1958) mit 2,1-Liter-(72 PS)-Sechs-Zylinder-Motor
BMW 501 Acht-Zylinder (1955-1961) mit 2,6-Liter-(95 PS)-V8-Motor
BMW 502 2,6 Liter (1954-1961) mit 2,6-Liter-(100 PS)-V8-Motor
BMW 502 3,2 Liter (1955-1961) mit 3,2-Liter-(120 PS)-V8-Motor
BMW 502 3,2 Liter Super (1957-1961) mit 3,2-Liter-(140 PS)-V8-Motor
BMW 2600 (1961-1962) mit 2,6-Liter-(100 PS)-V8-Motor
BMW 2600 L (1962-1963) mit 2,6-Liter-(110 PS)-V8-Motor
BMW 3200 L (1961-1962) mit 3,2-Liter-(140 PS)-V8-Motor
BMW 3200 S (1962-1963) mit 3,2-Liter-(160 PS)-V8-Motor
BMW 503 (1956-1959) mit 3,2-Liter-(103 kW/140 PS)-V8-Motor
BMW 507 (1956-1959) mit 3,2-Liter-(150 PS)-V8-Motor
$("div#tabInfoboxContent").tabs();
## Vom Achtungserfolg zum Absturz
1955 erreichte die erste Nachkriegs-Oberklasse aus München den frühen Zenit ihrer keineswegs kurzen Karriere. 4.567 Einheiten waren für die Modelle 501/502 zwar mehr als ein Achtungserfolg, aber zugleich auch nur ein kurzes Aufflammen. Denn schon zwei Jahre später stürzten die Zahlen auf 1.701 Zulassungen. Nicht einmal eine ganze Flut neuer V8-Typen hatte diesen Absturz verhindern können. So debütierten auf der IAA 1955 neben dem erwähnten Flaggschiff 505, ein 502 mit größerem 3,2-Liter-Motor und drei Designpretiosen, die zuvor auf der New York Motorshow für Furore gesorgt hatten.
Albrecht Graf Goertz heißt ihr heute legendärer Couturier, die Modelle sind der Sportwagen 507 und das Luxuscoupé beziehungsweise Cabriolet 503. Die Publikums- und Presseresonanz auf die Acht-Zylinder-Sportler ist so überwältigend, dass die Serienfertigung nur ein Jahr später startet. Während der 503 als erster BMW mit Pontonform und Aluminiumkarosserie an den Start geht, wird der 507 zum Maßstab aller künftigen Roadster-Kreationen aus München. Geschwungene, lang gestreckte Seitenlinien und eine endlos wirkende Motorhaube bestimmen das Design dieses Traumwagens, der zugleich die passende Antwort auf den Flügeltüren-Star Mercedes 300 SL ist.
Groteske BMW-Modellpalette
Dennoch fuhren natürlich auch diese Luxus-BMW weitgehend am tatsächlichen Mobilitätsbedarf der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderjahre vorbei - zumal es innerhalb des Markenprogramms kaum Alternativen zu den V8 gab. Nachdem Mitte der 1950er Jahre auch noch der Motorradabsatz einbrach, brachte die groteske Modellpalette aus Luxus- und Sparmobilen BMW in ein finanzielles Dilemma, aus dem nur ein völliger Neubeginn herausführen konnte. Die „Neue Klasse“ war es, die 1961 diesen Neustart symbolisierte. Mit den Modellen 1500 bis 2000 eroberte BMW nun die bislang vernachlässigte sportive Mittelklasse, ein Feld, das bisher fast allein von der Borgward Isabella besetzt worden war.
Borgward aber starb 1961 einen spektakulären Konkurstod. Ganz unspektakulär, fast schon still und leise, verabschiedeten sich dagegen die allmählich altertümlich wirkenden Barockengel. Zu Beginn der 1960er Jahre erhielten sie eine letzte gründliche Modellpflege und die Hauptrolle in den 35 Folgen der legendären TV-Krimiserie „Funkstreife Isar 12“. Als die Fernsehserie Ende 1963 auslief, stoppte auch das Fließband, von dem die vorerst letzte BMW-Acht-Zylinder-Limousine gerollt war. Ein Ende, von dem die Öffentlichkeit keine Notiz nahm, denn die Schauräume und vorderen Ränge der Zulassungsstatistik belegte längst die „Neue Klasse“. (sp-x)