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Bericht: Mit dem Defender im Schnee – Nur nicht durchdrehen

Wer im Winter mit seinem SUV oder echtem Geländewagen in die Alpen will, sollte mindestens zwei Sachen dabei haben: Winterreifen und Schneeketten. Sommer- und Ganzjahresreifen taugen dort trotz Allradantrieb gar nichts.

Wer jedoch die richtige Ausrüstung am Fahrzeug hat und ein paar Grundregeln beherzigt, meistert tief verschneite Straßen leichter. Österreich, Rettenbach-Gletscher. Die Region, in der schon im November bestes Skiwetter herrscht und spätestens im Dezember eine dicke Schneeschicht auch die Auffahrt zum rund 2.700-Meter hohen Rettenbach-Hochplateau erschwert. Bis ganz oben hin kommt man in dieser Zeit sowieso nur mit einer Genehmigung. Die haben wir eingeholt.

Mit dabei: Der aktuelle Land Rover Defender 90, ausgerüstet mit Nokian-Winterreifen Hakkapeliitta LT in der Dimension 235/85 R16. Im Kofferraum warten hochwertige Schneeketten von Oberland, Rud und Thule auf ihren Einsatz. Ein Satz Pylonen, um die Teststrecken im Schnee zu markieren und weiteres Equipement ist ebenfalls im Gepäck. Vor Ort: Eine 300 Meter Runde, ein Slalomkurs, eine Brems- und Ausweichstrecke und ein Handlingkurs, der verschiedene Steigungen und Gefälle parat hält. Geschwindigkeiten bis 60 km/h sind darstellbar. Wir konnten also nahezu alle relevanten Fahrsituationen erfahren.

Ganzjahresreifen reichen im Schnee nicht

Gleich mal vorweg: Gerade auf Geländewagen und SUVs gehören im Winter ausgewiesene Winterreifen. Und damit ist nicht gemeint, dass diese Pneus bloß eine „M+S“-Kennung (Matsch + Schnee) haben sollen. Schon auf grobstolligen All-Terrain-Gummis findet sich oft das M+S-Zeichen. Eine gute Schneeperformance leisten diese Pneus meistens dennoch nicht. Anders die Spezialisten in Sachen Schneegrip. Beispielsweise der Nokian Hakkapeliitta LT. Der Finne wird in vielen Ländern als Spike-Version verkauft, was ihn für den winterlichen Einsatz prädestiniert. Wir fuhren die Rundlinge ohne Spikes, da die Mininägel in Deutschland verboten sind.

Der Hakkapeliitta LT gibt bereits auf unverschneiten Straßen, eine sehr gute Figur ab. Laufruhig, geräuscharm und komfortabel bewältigten wir die 260-Kilometer-Anreise von München zum Rettenbach-Gletscher.

Ab in den Schnee

Auf dem Testareal angekommen, geht’s gleich los. Zuerst fahren wir ohne Ketten und Differenzialsperre den mit Pylonen markierten Slalom. Der Defender verhält sich auf der fest gefahrenen Schneedecke lammfromm. Bei Geschwindigkeiten um 25 km/h ist er gut kontrollierbar. Die Reifen bauen genügend Seitenführungskräfte auf, um den Wagen sicher in der Spur zu halten. Direkt im Anschluss ging es an den Ausweichversuch mit 40 km/h. Hierbei zeigt sich, dass zwei läppische km/h über Sieg und Niederlage entscheiden können. Also darüber, ob der Defender wie auf Schienen durch die Gasse „gleitet“, oder Pylonen platt fährt. Auch bei der schnellen Kreisfahrt und dem Handling-Parcours stellte sich die Kombination aus Defender und Nokian als geglückte Ehe heraus. Der Landy bleibt gutmütig, schiebt je nach Geschwindigkeit mehr oder weniger über die Vorderachse und dreht sich nur bei provozierten Lastwechseln ein. Dann wird es allerdings schon recht heikel (ESP gibt es nicht), da aufgrund der trägen Lenkung und der miserablen Platzverhältnisse für den Fahrer kaum schnelle Lenkmanöver möglich sind.

Im Defender sollte man die Sache also langsam angehen lassen. Schaltet man die Sperre ein, hilft das bei den dynamischen Fahrversuchen gar nichts. Sorgt die Differenzialsperre auf losen Untergrund oft für souveränes Weiterkommen - Vorder- und Hinterachse sind starr, also mit identischer Drehzahl verbunden - bestätigt sich der Verdacht, dass eine aktivierte Sperre bei fest gefahrener Schneedecke überflüssig, wenn nicht sogar hinderlich ist.

Der Defender wird im Grenzbereich einerseits träger, andererseits aber auch zickiger und wechselt spontan zwischen Unter- und Übersteuern. Einmal schiebt er geradeaus über die Vorderachse (Untersteuern), um im nächsten Moment mit dem Heck rumkommen zu wollen. Der kurze Radstand des 122-PS-Dinosauriers fördert zudem das schnelle Eindrehen des Fahrzeugs. Grundsätzlich ist bei winterlichen Straßen ein umsichtiger Umgang mit Brems- und Gaspedal sowie Lenkung oberstes Gebot.

Kettenmontage üben

Bei den Schneeketten unterscheidet man zwischen Bügelketten – vertreten durch Oberlands Kettenstar-s und der Rud-matic Kantenspur - sowie Stahlringketten wie beispielsweise Thules XS-16. Die Preise für einen Satz hochwertiger Schneeketten beginnen bei rund 100 Euro – für Kleinwagen. Der Defender benötigt mit seinen Ballonreifen ein deutlich gößeres und teureres Format, die auch an 19-Zoll Felgen passen.

Oberland ruft für seine Ketten knapp 300 Euro auf. Thule verlangt für seine Verschlusskette in etwa den gleichen Preis und Altmeister Rud schießt mit 590 Euro für einen Satz den Vogel ab. Die Montage des teuren Reifenschmucks gelingt bei den mit einem Haken-Verschluss versehenen Thule-Ketten am einfachsten, dicht gefolgt von Rud und Oberland, die mit etwas Übung auch in knapp zehn Minuten am Fahrzeug sind. Bei Thule ziehen sich die Ketten nach dem Losfahren selbst nach. Die Oberland- und Rud-Pendants muss man nach ein paar Metern Fahrt noch einmal manuell nachhelfen.

Land Rover empfiehlt Ketten vorne

Also wieder rauf auf die Strecke. Der Unterschied ob mit oder ohne Ketten ist sofort spürbar, allerdings anders als erwartet. Die Pylonen und auch die Ausweichgasse durcheilt der Defender mit Ketten (egal welche der drei montiert war) nicht schneller als ohne. Das subjektive Fahrgefühl ist allerdings vertrauenserweckender. Die Lenkung agiert spontaner und die Spurstabilität ist höher. In Sekunden lässt sich dieser Vorteil allerdings nicht erfassen. Ähnliches Bild beim ABS-Bremsen und beim Handling-Parcours. Ob mit oder ohne Ketten: Der Unterschied ist auf fest gefahrener Schneedecke nicht signifikant. Gefühlt bremst man mit Ketten besser. Echte Vorteile gibt es dagegen bei Eis und Tiefschnee, wie wir auf dem Handling-Parcours erfahren konnten.

Hinten sind die Schneeketten im Normaleinsatz überflüssig. Denn selbst wenn nur vorne Ketten montiert sind, bleibt der Defender bei Kurvenfahrt und beim Bremsen sehr spurtreu. Somit wird die Empfehlung von Land Rover auch von uns geteilt. Es sei denn, es ist maximale Traktion gefordert, bei Verschränkungsfahrt oder ähnlichem. Dann können Ketten an der Hinterachse das Zünglein an der Waage sein.

Mit Ketten nur 50 km/h zulässig

Zu bedenken ist auch, dass Fahrzeuge mit Schneeketten nicht schneller als 50 km/h fahren dürfen. Auf einer fest gefahrenen, griffigen Schneedecke, wird man so schon mal zum „Verkehrshindernis“. Mit vernünftigen Winterreifen ist man dann nämlich genauso sicher – wie der Praxistest  gezeigt hat – aber deutlich schneller und komfortabler unterwegs.

Schneeketten gehören im Winter im Gebirge dennoch ins Auto. Oft stehen die blauen Schilder am Straßenrand, die darauf hinweisen, dass hier Schneekettenpflicht besteht. Selbst wenn die Straßen noch frei von Eis und Schnee sind, müssen jetzt Ketten aufgezogen werden.

Ketten müssen gepflegt werden

Sind die Ketten mal benutzt, sollten sie vorm Einlagern gründlich gereinigt und mit einem sanften Ölfilm überzogen werden. Das verhindert Korrosion und Gammel.

Fazit

Mit den sehr empfehlenswerten Nokian Hakkappeliitta LT und dem Land Rover Defender kommt man im Schnee extrem weit. Auf Asphalt sind die Reifen komfortabel und laufruhig.

Herstelleradressen

RUD Ketten, Rieger & Dietz GmbH u. Co. KG, Friedensinsel, 73432 Aalen, Germany, Tel +49 7361 504

Oberland Mangold GmbH, In der Enz 1, 82438 Eschenlohe, Telefon +(49) 0 88 24- 92 98 0, info@oberland-mangold.de, www.oberland-mangold.de Josef Späth & Söhne GmbH, Thule Stützpunkt München, Schönstr. 91, 81543 München, Tel. 089/669955, Fax 089/664941, ps@q-c.de, www.thule.com Nokian Reifen GmbH, Neuwieder Str. 14, 90411 Nürnberg, Telefon: 0911/527550, Fax: 0911/5275529, www.nokiantyres.com Gute Schneeketten, wie unsere drei Probanden, bieten einen erheblichen Vorteil auf vereisten Pisten und im Tiefschnee. In beiden Fällen sind auch die besten Winterreifen machtlos und das Fahrzeug kommt ins Rutschen oder gar nicht erst voran. Nervig ist natürlich das Auf- und Abziehen der Ketten. Auf teilweise schnee- und eisfreien Strecken müssen verlängerter Bremsweg, laute Laufgeräusche und ein schnelles Abnutzen der „Stahlkrallen“ einkalkuliert werden.

Die eingelegte Differenzialsperre ist auf fester Schneedecke eher hinderlich als hilfreich. Sie spielt die Vorteile einer starren Verbindung zwischen den Achsen nur im Tiefschnee aus.

Da Geländewagen und SUVs schwere Fahrzeuge sind, benötigen sie bei Schnee unbedingt gute Winterreifen. Das Hochkommen auf einen Berg ist dank Allradantrieb nicht das Problem. Aber auf der anderen Seite geht es meist kurvig bergab und dann kommt die Fliehkraft ins Spiel. Und wenn zwei Tonnen erst einmal rutschen…

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