Hartklapp-Dächer bei Cabriolets gibt es zwar schon fast so lange, wie es Autos gibt. Jedoch wurden mit dem Peugeot 401 Eclipse Mitte der 1930er Jahre (danach 402) und dem Ford Fairlane Skyliner 1957 damals nur zwei Modelle produziert.
Mit dem SLK fing es wieder an
Die große Welle trat erst 1996 der Mercedes SLK los, der erste Neuzeit-Roadster mit versenkbarem Hart-Klappdach. Zwar werden aktuell in Deutschland noch immer mehr Cabrios und Roadster mit Stoffverdeck angeboten, aber die Stahl-, Alu und Kunststofffraktion holt auf.
Die Vorteile des festen Daches liegen auf der Hand: Karosseriesteifigkeit und Sicherheit sind im geschlossenen Fahrzeugzustand höher. Das Geräuschniveau ist meist niedriger, die Wärmeisolation besser und die Vandalismusgefahr geringer. Weitere Vorteile: Das Dach kann teilweise aus Glas bestehen und so auch im geschlossenen Zustand Licht und manchmal auch Luft hineinlassen (VW Eos hat eine Ausstelldach-Funktion), es gibt meist keine Verrieglungen, die manuell zu bedienen sind und eine Persenning (aufknöpfbare Abdeckung über dem geöffneten Verdeck) entfällt immer.
Licht und Schatten
Wo viel Licht, da auch viel Schatten: Die Kehrseite des Komforts sieht man oft auf den ersten Blick. Hartdach-Cabrios sehen meist nicht so elegant aus, wie die Stoff-Pendants. Trotz zwei-, drei- und manchmal gar fünfteiligem Dach (VW Eos) wirken die Proportionen oft unstimmig, sind die Hecks pummelig und unschick. Außerdem stehen die Frontscheiben extrem flach, wodurch das Verdeck kompakt gehalten werden kann. Fahrer und Beifahrer sitzen daher oft nicht unter freiem Himmel, sondern unterm Scheibenrahmen. Vorsicht ist auch beim Ein- und Aussteigen geboten – Kopfnüsse sind keine Seltenheit.
Bei Hartdach-Cabrios leidet jedoch nicht nur das Design. Ist das Kofferraumvolumen im geschlossenen Zustand noch üppig, schrumpft es beim Öffnen des Daches auf ein Minimum und verstaut meist nicht mal mehr das Urlaubsgepäck. An das Mehrgewicht und den damit verbundenen höheren Schwerpunkt scheint kaum jemand zu denken.
Aber die ausgefeilte Technik ist nicht nur schwer, sondern auch teuer. So kostet das Kunststoff-Klappdach des Mazda MX-5 satte 2.400 Euro mehr als die Textil-Variante. Beim Chrysler Sebring sind es rund 2.600 Euro Aufpreis. MX-5 und Sebring sind übrigens die einzigen Modelle, bei denen der Kunde zwischen Stoffverdeck und massivem Klapp-Verdeck wählen kann. Ist die Kundenakzeptanz beim Mazda ausgewogen, entscheiden sich beim Chrysler rund 75 Prozent für das Stoffverdeck.
Klassiker werden immer Stoffdach tragen
Der klassische Cabriofahrer schwört nach wie vor auf das weiche und edel wirkende Stoffverdeck. Es spannt sich fest, knapp und in fast beliebiger Form über die Karosserie und bietet den Designern mehr Freiraum. Alfa Romeo Spider, Audi A5 Cabrio], Lamborghini Gallardo und Jaguar XK sind treue Mützen-Anhänger und bezaubernde Beispiele für Auto-Ästhetik.
Der Besitzer sollte jedoch hin und wieder das Stoffdach mit einer weichen Bürste striegeln und es lediglich mit milden Reinigern abwaschen. Übrigens: Waschstraßen machen modernen Verdecken nichts aus. Ob Stahl, Alu, Kunststoff oder Textil, alle aktuellen Großserien-Cabrios sind voll Waschanlagen-tauglich und bedürfen außer bei den obligatorischen Inspektionsintervallen keinerlei Aufmerksamkeit.
Ein weiterer Vorteil der schnell öffnenden und schließenden Stoffverdecke: Sie funktionieren oft auch während der Fahrt, bis etwa 50 km/h. Das schaffen Hartklappdach-Konstruktionen (noch) nicht. Der Zubehörhandel bietet zwar spezielle Steuergeräte an, die es auch einigen Hartdach-Cabrios ermöglichen, während der Fahrt den Aggregatzustand zu wechseln. Was jedoch die schwere und doch grazile Mechanik von solchen Anwendungen hält, ist fraglich. Nicht ohne Grund gibt es diese Möglichkeit ab Werk nicht.
Bei Massenherstellern ist Audi der einzige Anbieter, der sich konsequent dem Hartklapp-Dach verweigert. TT, A3, A5 sowie R8 schmücken sich mit dicken Textilmatten, die geräuschtechnisch vielen Hartdach-Pendants das Wasser reichen können.
Hart-Trend hält an
Zugegeben, immer mehr Cabriofahrer nutzen das ehemals vermehrt als Zweitwagen gedachte Oben-Ohne-Automobil als Hauptfahrzeug und wollen dementsprechend gefühlten Alltagsnutzen. Den vermittelt ein Hartdach-Modell tatsächlich besser als ein klassisches Cabriolet. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich immer mehr (Hersteller wie Kunden) für ein Cabrio-Coupé (CC) entscheiden, wie die Zwitter nicht zu unrecht oftmals bezeichnet werden.
Aber mal ganz ehrlich und frei von rationalen Gedanken: Ist es nicht wunderschön, auch bei Regenwetter mit einem eleganten Stoffdach-Cabriolet zu fahren und den niederprasselnden Regentropfen zu lauschen. Wir meinen ja.