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Bericht: Was die WLTP-Umstellung für Sie bedeutet? – Neue Messung, neue Probleme

WLTP – diese vier Buchstaben sind derzeit in der Autobranche in aller Munde. Und sie treiben den meisten Managern Sorgenfalten auf die Stirn. Hinter der Abkürzung verbirgt sich das „Worldwide harmonized light vehicles test procedure“ – eine neue Abgasmessung, die realistischere Werte liefern soll.

Gleichzeitig bringt sie aber auch Probleme mit – auch für die Kunden. Ganz neu ist ist das „Worldwide harmonized light vehicles test procedure“ nicht. Bereits seit im September 2017 die Abgasnorm Euro 6c eingeführt wurde, müssen die Autobauer ihre Fahrzeugmodelle mit dem neuen Messstandard zertifizieren – bislang allerdings nur die, die erstmals eine Typgenehmigung erhalten: also komplett neue Modelle.

Dass das Thema inzwischen viel größere Wellen schlägt, liegt an der Neuregelung ab 01. September 2018: Ab diesem Herbst müssen alle Autos, die zugelassen werden, WLTP-Zertifiziert sein. Das bedeutet für die Autobauer, dass sie ihre gesamte Flotte erneut vermessen müssen. Dass allein wäre schon Aufwand genug, dazu kommt aber: Im Vergleich zur bisherigen NEFZ- Verbrauchsmessung (Neuer europäischer Fahrzyklus), ist ein WLTP-Messlauf um ein Vielfaches aufwändiger.  

Aufwändige Prüfstands-Messung

Das liegt einerseits am überarbeiteten Fahrprofil. Damit die nach WLTP ermittelten Werte realitätsnäher sind als die bisherigen Verbrauchsangaben, liegt der Messung das tatsächliche Fahrverhalten in China, USA, Indien und Europa zugrunde und die Messung auf dem Prüfstand dauert rund drei Mal so lange wie bisher. Dazu kommt: Die Hersteller müssen nicht mehr nur jede Motor-Getriebe-Kombination durchmessen, sondern jede einzelne Ausstattungskombination unter die Lupe nehmen. Sobald sich das Gewicht, der Rollwiderstand oder die Aerodynamik ändert, muss die Variante ebenfalls separat zertifiziert werden.

Das heißt: Es kann unterschiedliche Verbrauchswerte geben, je nach dem ob ein Schiebedach eingebaut ist, oder nicht, ob man Leder- oder Stoffsitze wählt, welche Räder aufgezogen werden oder welchen Lack man wählt. Wie viel Aufwand das ist, wird am Beispiel VW deutlich. Die Niedersachsen müssen nicht nur 260 Motor-Getriebe-Varianten neu vermessen. „Allein beim Golf gibt es mehr als zwei Millionen Kombinationsmöglichkeiten“, so der Wolfsburger Hersteller, die alle gecheckt werden und bei Bedarf auf den neuen Prüfstand müssen.

Zusätzlicher Straßen-Test

Doch damit nicht genug. Wurde der NEFZ-Test ausschließlich auf dem Rollenprüfstand durchgeführt, ist für die WLTP-Messung auch noch der sogenannte RDE-Test (Real Driving Emission) nötig ist. Mit der ebenfalls seit September 2017 für neue Typzulassungen vorgeschriebenen Messmethode muss ab 01.09.2018 für alle neuen Autos der im Prüfstand ermittelte Partikelausstoß verifiziert werden; ein Jahr später gilt dies auch für die Stickoxide. Letztere spielen vor allem bei den Dieseln eine große Rolle, die Messung der Partikel betrifft  dagegen in erster Linie Benziner mit Direkteinspritzung, für die jetzt geringere Rußpartikel-Grenzen gelten. Zukünftig wird deshalb die Feinstaub-Emission bei den meisten Otto-Modellen mit einem speziellen Filter (OPF, Ottopartikelfilter) reduziert werden.

Um den RDE-Test durchführen zu können, wird ein portables, weit über 100.000 Euro teures Messgerät am Fahrzeugheck montiert, das während zwei gut anderthalb- bis zweistündigen Runden im Straßenverkehr den tatsächlichen Abgasausstoß aufzeichnet. Bis 2021 (neue Typengenehmigungen nur bis 2020!) dürfen die so ermittelten Werte um den 2,1-fache höher sein als auf dem Prüfstand (für die sogenannte Euro 6d-TEMP-Abgasnorm), danach sinkt dieser Konformitätsfaktor auf 1,5 (Euro 6d).

Lange Lieferzeiten

Der Aufwand für die Umstellung der gesamten Flotte auf WLTP-Zertifizierung ist für die Hersteller also immens – und hat auch Folgen für die Kundschaft. Das merken viele Käufer aktuell an deutlich längeren Wartezeiten. Obwohl die Prüfstände schon im Dauerbetrieb laufen, kommt die Industrie mit der Umstellung nicht so schnell hinter her wie erhofft, und viele Neuwagen-Auslieferungen verzögern sich. So mancher avisierte Liefertermin aus dem dritten Quartal wurde schon nach hinten verschoben.

Um den Aufwand etwas einzudämmen, haben einige Hersteller schon bestimmte Modelle ganz oder vorübergehend aus dem Programm genommen. Von manchen Baureihen sind seit einiger Zeit beispielsweise nur noch die Diesel-Versionen bestellbar, da die Ausrüstung der Benziner mit den erwähnten Partikelfiltern noch andauert. Und auch selten nachgefragte Antriebsvarianten wurden zum Teil in Rente geschickt; für wenig verkaufte Motoren lohnt sich die Neuzertifizierung oft nicht.

Höhere Kosten

Dass die Umstellung auf den WLTP-Standard den Autoherstellern eine ordentliche Stange Geld kostet, liegt auf der Hand. Und natürlich versuchen die Controller, diese Kosten an die Kunden weiter zu geben. In vielen Fällen wird der Aufschlag allerdings geschickt in einem „Modelljahreswechsel“ versteckt, bei dem es ohnehin häufig zu leichten Preisanstiegen kommt. Eine direkte Preiserhöhung zur Umstellung ist eher selten, spätestens bei der nächsten Preisanpassung dürften die höheren Kosten aber Beachtung finden.  

Überraschender dürfte für viele der Brief vom Hauptzollamt sein. Dadurch, dass die WLTP-Messung realistischere Werte liefert, steht auf dem Papier ein höherer Verbrauch und damit auch ein höherer CO2-Ausstoß als bei den NEFZ-Werten. Und da sich die Kfz-Steuer in Deutschland auch nach der Kohlenstoff-Dioxid-Emission bemisst, wird bei vielen Modellen der Staat zukünftig stärker zulangen.

Das gilt vor allem für die beliebten kleinvolumigen Turbo-Motoren, die bisher auf dem Prüfstand immer vorbildlich sparsam waren. Viele von ihnen brauchen auf der Straße deutlich mehr Treibstoff und haben höhere Abgasemissionen – was sich im WLTP-Wert widerspiegelt. Bei großen, stärkeren Motoren dagegen fällt der Aufschlag oft sehr gering aus. Übrigens. Die neuen Tarife gelten nur für die neuzugelassenen WLTP-Modelle. Wer ein nach NEFZ zertifiziertes Auto bis Ende August zulässt, braucht auch in Zukunft keine Erhöhung der Steuer zu befürchten.

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