Noch bevor der BMW 750i mit seinem 5,0-Liter-V12 ab dem Spätsommer 1987 überhaupt bei den Händlern stand, hatte man sich in München schon höhere Zylinder-Ziele gesteckt. So erbat der damalige BMW-Motorenchef Karlheinz Lange vom V12-Konstrukteur Adolf Fischer einen Sechszehnzylinder, um im Rennen gegen Daimler auch weiterhin die Nase vorn zu haben. Fischer lieferte fristgerecht zum Dezember 1987 (der Motor sollte als Geschenk unterm Tannenbaum liegen) und konnte der Vorstandsriege einen funktionsfähigen V16 auf dem Prüfstand präsentieren.
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Erster "Goldfisch" wurde 2017 gezeigt
Im Laufe des Jahres 1988 besorgte man sich dann „auf dem kurzen Dienstweg“ einen 735iL und verpflanzte den 408 PS starken V16 in die Karosse des E32. Der Öffentlichkeit vorgestellt wurde das Erprobungsfahrzeug unter seinem Projektnamen „Goldfisch“ erst 2017 auf der Techno Classica in Essen. Nur wenige BMW-Mitarbeiter waren überhaupt eingeweiht, doch am Ende entschied sich die Chefetage am Münchner Petuelring gegen die irrwitzige Konstruktion. Zu komplex, zu schwer, in der Karosserie des E32 schlicht nicht realisierbar urteile man. So füllte der V16 gänzlich den Motorraum aus, die Kühlaggregate wurden in den Kofferraum verbaut und zur Belüftung mussten zwei riesige Kiemen in die hinteren Kotflügel geschnitten werden.
Zweiter Goldfisch-Prototyp überrascht durch seine Länge und das Design
So weit die bekannte Überlieferung. Sieben Jahre nachdem BMW den ersten Goldfisch der Öffentlichkeit gezeigt hat, stellt sich nun heraus: Bis 1990 wurde das V16-Projekt nicht eingestellt, sondern weiterentwickelt. Die Karosserie des E32 wurde aufwendig umgestaltet, um dem monströsen Motor samt Nebenagreggaten Platz und Luft zu verschaffen - was auch gelang. Die bereits verlängerte Karosserie des 735iL wurde dafür durch einen italienischen Karosseriebauer (der mittlerweile nicht mehr existent ist) nochmals um 39 Zentimeter verlängert, die Breite wuchs auf 1,90 und die Höhe auf 1,50 Meter. Selbst für heutige Verhältnisse wirkt ein Längenmaß von 5,45 Meter extrem und nun stelle man sich ein Debüt in einer Zeit vor, als die Mercedes S-Klasse W140 (5,11 bis 5,21 Meter) wegen ihrer Abmessungen als übertrieben verunglimpft wurde.
Nach 105 Kilometern war Schluss
Gestaltet hat die Karosserie übrigens der Designer Boyke Boyer, was auch erklärt, weshalb der zweite Goldfisch eine gewisse Ähnlichkeit zum Nachfolger-Siebener der Generation E38 aufweist. Boyer war der federführende Designer des 90er-Jahre-Siebener. Während der 6,7 Liter große V16 im 735iL Prototyp (intern auch als BMW 767iL bezeichnet) noch auf 408 PS und 613 Nm kam und an ein Sechsgang-Handschaltgetriebe angebunden war, reduzierte sich die Leistung im zweiten fahrfertigen Goldfisch mit XXL-Karosserie auf 348 PS - für die Kraftübertragung war jetzt eine Fünfgang-Automatik veranwortlich. Nachdem das Fahrzeug auf dem Rundkurs von Nardo vom Vorstand Probe gefahren wurde, verschwand der Wagen mit nur 105 Kilometern auf dem Tacho in einer Garage. (Text: tv | Bilder: Gudrun Muschalla/BMW Classic)