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Der neue Alltag im Autohaus

In diesen Tagen öffnen hierzulande wieder die Autohäuser ihre Verkaufsflächen. Die Kunden werden aber in Corona-Zeiten ganz neue Erfahrungen bei der Suche nach dem Traumauto machen – und manche dürften durchaus willkommen sein.

Nach Wochen, in denen wegen des Virus der Autoverkauf in den Hochglanzhallen der Marken komplett verboten war, geht jetzt der stationäre Handel in fast allen Bundesländern wieder los. Doch Auto-Fans werden sich genau wie die Verkäufer an eine völlig andere Welt gewöhnen müssen - den Berater hinter Glas zum Beispiel. Wenn in der letzten Aprilwoche auch die letzten Showrooms in Bayern wieder ihre Türen öffnen, müssen bei vielen Händlern die Verkäufer nämlich so abgekapselt hinter Plexiglas-Wänden sitzen wie an vielen Supermarktkassen. Ein Toyota-Händler im Rheinland etwa hat das in den vergangenen Wochen bereits geübt, als der einzig anwesende Verkäufer per Mail, Chat und Telefon mit den Kunden Kontakt gehalten hat. Von den Kollegen in der Werkstatt war er da schon durch den Rundumschutz abgeschottet – und so ist das seit Montag auch gegenüber den ersten Kunden, die sich dort ein Auto anschauen wollen.

Verkäufer hinter Plexiglas

“Wir wollen die direkten Kontakte so weit wie möglich reduzieren - und natürlich alle ohnehin gültigen Sicherheitsregeln einhalten”, so ein Sprecher der bekannt sicherheitsbewussten Japaner. Mundschutz, mindestens 1,5 Meter Abstand, häufiges Händewaschen, Husten nur in die Armbeuge… so, wie alle Deutschen das schon kennen. Aber wie funktioniert das beim innigen Auto-Kennenlernen? Erst einmal so: Alle Fahrzeuge sind verschlossen. Fasst ein Kunde sie an, wird danach kräftig desinfiziert. Selbst, wenn der Auto-Fan zuvor die überall aufgestellten Desinfektions-Spender benutzt hat.

Die neue Art der Besichtigung

Bei allen Herstellern wird der Besucher im Autohaus jetzt erst mal allein durch die Ausstellung laufen – was manchem auch ganz angenehm sein wird. Möchte ein Interessent sich aber ein Fahrzeug näher ansehen, den Kofferraum öffnen oder unter die Motorhaube schauen, muss er selbst aktiv werden. Dann ist der Gang zum Verkäufer hinter Glas oder mit Mundschutz angesagt – der den Wunschwagen wahrscheinlich erst einmal näher per Video oder 3D-Ansicht erklärt. Digital von allen Seiten, innen und außen. Das reale Modell bleibt möglichst unangetastet.

Probesitzen ja, aber...

Viele Besucher wollen aber natürlich in ihrem Lieblingsauto auch mal sitzen. Dann werden die Verkäufer jetzt häufig aus ein paar Metern Entfernung die Türen per Fernbedienung öffnen. Zusammen mit dem Kunden hineinsetzen dürfen sie sich in den meisten Bundesländern nicht; der Experte kann aber mit etwas Abstand zur geöffneten Tür das Innenleben erklären. Der Kaufinteressent sitzt am Steuer, testet Touchscreen, Lenkrad oder Tasten. Danach kommt, was kommen muss: die Desinfektionsorgie vor dem nächsten Kunden.

Das Wunschauto wird geliefert

VW und Audi etwa haben dazu den Verkäufern und Serviceteams schon umfangreiche Videos zusammengestellt. Was ist alles zu reinigen, wenn der Kunde am Auto war? Noch aufwändiger wird es, wenn der potenzielle Käufer eine Probefahrt möchte: Bei einem VW-, Hyundai- und Skoda-Händler in Niedersachsen etwa wird das Auto dazu direkt zum Kunden gebracht – natürlich von einem Fahrer mit Schutzkleidung, das Fahrzeug rundum sterilisiert. Einen Schritt weiter geht Daimler: Hat man sich im markeneigenen Online-Store einen Mercedes gekauft, liefert der süddeutsche Autobauer diesen auf Wunsch vor die eigene Haustür. Völlig kontaktlos und für den Kunden vor allem kostenlos.

SsuebergabeAudi

Lieber sicher, als gar nicht

„Der Autokauf soll schließlich auch in Corona-Zeiten erst mal Vergnügen machen“, erklärt der Verkäufer eines schwäbischen Herstellers die Herausforderung. Gar nicht so einfach, wenn zum Beispiel alle Sitzecken in seinem Showroom mit roten Folien gesperrt sind, selbst der übliche Gratis-Kaffee aus Hygiene-Gründen gestrichen ist und das klassische Verkaufsgespräch höchst distanziert vonstattengeht. „Vor Corona haben wir da einen Happen aus unserem Bistro kommen lassen und auf dem Ledersofa in der Ausstattungsliste geschwelgt”, seufzt der Händler. Jetzt sitzt der Kunde in fast zwei Metern Entfernung und bekommt ein Wasser aus dem eingeschweißten Sechserpack gereicht – mit Gummihandschuhen. „Aber immer noch besser als die paar Autoübergaben, Telefonberatungen und Internet-Kontakte in den vergangenen Wochen”, so der Berater.

Hoffnung auf das restliche Jahr

Wirklich neu verkauft haben viele Händler in diesen Tagen fast nichts. Und da auch viele Zulassungsstellen zumindest tageweise geschlossen waren, konnten viele Autos auch nicht übergeben werden. Die Folge: Der Kunde hat erst einmal auch nicht überwiesen. Jetzt ist die Hoffnung groß, den Absatzrückgang aus dem ersten Quartal im Rest des Jahres einigermaßen abzumildern. In China geht es ja bereits wieder aufwärts, machen sich etwa Vertreter des Vertriebs der deutschen Premium-Hersteller Mut.

Mutmacher China

Auch dort haben die Händler den kontaktlosen Autoverkauf massiv vorangetrieben. In China haben etwa 99 Prozent der Audi-Händler wieder geöffnet – und machen vor, wie „social distancing“ geht: Die Autos werden desinfiziert, versiegelt und auf einem Laster zum Kunden vor die Haustür gebracht. „Ein Kundenberater mit Mundschutz erklärt das Auto und überreicht den hygienisch verpackten Schlüssel“, so eine Sprecherin.

Automat statt Berater

In Deutschlands Handel wird wohl auch immer öfter ein Automat für die nötige Distanz sorgen; beim Werkstattbetrieb haben die Händler diese Übergabe in den vergangenen Wochen schon zur Routine gemacht. Der Kunde wird per SMS benachrichtigt, erhält einen Sicherheits-TAN-Code und bezahlt direkt am Automaten. Dann plumpst der Schlüssel aus dem Kasten – natürlich garantiert virenfrei. (Text: pw/sp-x, tv)

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