Wir schreiben das Jahr 1973: Neben dem Beginn der ersten Ölkrise, der Watergate-Affäre und der Wahl Helmut Kohls zum CDU-Vorsitzenden gab es noch zwei weitere, prägende Ereignisse: Volkswagen brachte den Passat auf den Markt und Großbritannien ist der Europäischen Gemeinschaft beigetreten. Während letzteres gut viereinhalb Jahrzehnte danach fast schon wieder Geschichte ist, hat der Passat eine beispiellose Erfolgsstory hingelegt – und der wollen die Wolfsburger noch zahlreiche Kapitel hinzufügen. Damit der Bestseller konkurrenzfähig bleibt, gibt es jetzt ein High-Tech-Facelift.
Vor allem der Passat-Kombi Variant hat sich mit viel Platz und guter Qualität schnell einen Platz in den Herzen von Familien-Vätern und Handelsreisenden erobert. Mit einem Anteil von gut 25 Prozent liegt der Variant heute in der Mittelklasse in Europa unangefochten auf Platz ein, die Limousine wird nur knapp von der Mercedes C-Klasse auf den zweiten Rang verdrängt. Damit das auch in Zukunft so bleibt, frischt VW die 2014 vorgestellte, achte Passat-Generation ordentlich auf.
Ende einer Ära
Allerdings läutet die Überarbeitung auch gleichzeitig das Ende einer Ära ein: Seit 42 Jahren wird der Passat in Emden gebaut, und wenn die Facelift-Version auf dem Genfer Autosalon im März ihre offizielle Premiere feiert, läuft rund tausend Kilometer weiter nördlich schon der dreißigmillionste Passat vom Band. Eine weitere Jubiläums-Marke wird aber wohl in Emden nicht mehr erreicht werden: Mit dem Start der nächsten Generation (voraussichtlich 2022) verlagert Volkswagen die Produktion nach Tschechien, wo der VW dann zusammen mit seinem Schwestermodell Skoda Superb gefertigt wird.
Immerhin: Der Standort Emden soll nicht aufgegeben werden. Zusammen mit anderen Werken – unter anderem der Gläsernen Manufaktur in Dresden und dem US-Werk in Chattanooga – soll Emden zum Elektro-Standard werden. Schon bald werden an der Emsmündung also die neuen I.D.-Modelle vom Band rollen. Ölverschmierte Overalls gehören dann im Enden der Vergangenheit an.
Neue Licht-Technik
Bis es soweit ist, geht die Passat-Fertigung in Ostfriesland aber unverändert weiter. Ab Sommer allerdings dürfen die Werker erstmal noch eine neue Front und eine modifizierte Heckschürze an die Karosserie montieren: Vorne fallen vor allem die neuen – jetzt serienmäßigen – LED-Scheinwerfer und -Nebelleuchten auf, hinten gibt es modifizierte Endrohre und ebenfalls Leuchtdioden-Technik. Mit dem Facelift hält die Klick-Klack-Funktion bei den Rückleuchten Einzug: Beim Bremsen wird das Licht nicht nur heller, sondern ändert seine Grafik, um mehr Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Auch innen wartet der Passat mit neuen Technik-Features auf: Die gegen Aufpreis erhältlichen, digitalen 11,7-Zoll-Instrumente punkten mit drei anpassbaren Layouts und besserer Grafik und mit der dritten Ausbaustufe des „Modularen Infotainment-Baukasten“ zieht neue Software ein. Die verbirgt sich je nach Kundenwunsch hinter einem 6,5, 8 oder 9,2 Zoll großen Touchscreen in der Mittelkonsole. Wer zum Premium-System greift, darf sich auf eine Menü-Anzeige im VW-Touareg-Stil freuen und kann einzelnen Kacheln frei nach Gusto mit Funktionen belegen. Dass der Passat mit der neuen Technik immer online ist, versteht sich von selbst.
Neue Connectivity-Angebote
Ebenfalls serienmäßig an Bord ist der Online-Dienst „We Connect“: Darunter bündelt VW diverse Connectivity-Services, wie zum Beispiel die Möglichkeit, per App mit dem Auto zu kommunizieren und neben der Abfrage des aktuellen Tankfüllstand oder Wartungsmeldungen, zum Beispiel auch die Fenster zu öffnen oder zu schließen oder das Fahrzeug aus der Ferne zu verriegeln.
Wer sein Auto häufig verleiht, kann sich auf den digitalen Schlüssel freuen. Damit kann der Passat anderen Fahrern überlassen werden, ohne dass der tatsächliche Schlüssel übergeben werden muss. Per App wird die Freigabe erteilt und der andere Fahrer kann mit seinem Smartphone den Wagen öffnen und starten. Auch Lieferdiensten kann so zukünftig der Zugang zum Kofferraum ermöglicht werden, damit diese dort Pakete ablegen können. Noch ein Schmankerl? Es soll beim neuen Passat sogar möglich sein, Parkscheine direkt im Infotainmentsystem zu lösen. Außerdem bietet VW mit „We Fleet“ einen speziellen Flottenkunden-Service an, mit dem mehrere Fahrzeuge einfach verwaltet werden können.
Mehr Assistenten
Aufgestockt hat Volkswagen auch das Angebot an Assistenzsystemen. Unter dem Namen „Travel Assist“ werden jetzt Abstandstempomat und die automatische Spurführung zusammengefasst: Bis 210 km/h hält der Passat nicht nur die Distanz zum Vordermann, sondern berücksichtigt auch Tempolimits und Navi-Daten, so dass er beispielsweise vor Kurven automatisch verzögert. Der Lenkassistent schaut sich das Verhalten des Fahrers ab, und hält den Wagen wahlweise mittig, eher links oder eher rechts in der Spur.
Ganz ohne die Fahrerhand am Volant gestattet das der Gesetzgeber allerdings noch nicht. Um seine Aufmerksamkeit zu demonstrieren, waren bislang immer kleine Lenkbewegungen des Fahrers nötig. Im neuen Passat setzt VW nun auf ein kapazitives Lenkrad, das die Berührung erkennt. Und: Merkt der Passat, dass der Fahrer auch nach einer aufwendigen Warnkaskade nicht eingreift, bringt der Emergency Assist den Wagen nicht nur sicher zum Stillstand, sondern lenkt ihn wann immer möglich auch an den rechten Fahrbahnrand.
Mehr Reichweite für den Hybrid
Fast schon etwas vernachlässigt hat Volkswagen im Zuge des Facelifts die eigentlichen Autobauer-Tugenden: Motoren und Fahrwerk. Die optionalen, adaptiven Dämpfer erlauben zukünftig eine breitere Spreizung, und die Motoren wurden allesamt Euro-6d-Temp-sauber. Es bleibt bei drei Benzinern (1.5 TSI: 150 PS, 2.0 TSI: 190 und 272 PS) und vier Dieseln (1.6 TDI: 120 PS, 2.0 TDI: 150, 190 und 240 PS).
Eine deutliche Verbesserung gibt es nur beim Plug-in-Hybrid GTE zu vermelden. Der fährt zwar weiterhin mit der Kombination aus 1,4-Liter-Otto mit 150 PS und 85-kW-E-Motor vor (Systemleistung: 218 PS), hat aber eine größere Batterie bekommen. Die speichert nun Strom für 55 WLTP-Kilometer. Der Vorgänger schaffte mit Ach und Krach 50 Kilometer im NEFZ-Zyklus, nach dieser Messart punktet der neue mit derer gut 70! Die Ladezeit an der Haushaltssteckdose liegt mit dem größeren Akku bei immer noch akzeptablen sechs Stunden, mit 3,6-kW-Leitung sinkt die Stromtank-Dauer auf vier Stunden.
Noch keine Preise
Wie sich die Neuerungen auf den Preis niederschlagen, dazu schweigt sich VW bis zur Messepremiere noch aus. In Wolfsburg verspricht man aber, dass der Passat ausstattungsbereinigt nicht teurer wird. Hießt konkret: Ein paar mehr Euro als bisher werden fällig sein, dafür sind aber zukünftig unter anderen die LED-Scheinwerfer serienmäßig an Bord. Gegen Aufpreis ist auch die aus dem Touareg bekannte Matrix-Technologie zu haben, die den Lichtkegel individuell zuschneitet. (Autor: Michael Gebhardt)