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Kommentar zu Volkswagen: Ein Konzern am Scheideweg

Volkswagen befindet sich inmitten einer Krise: Zu hohe Preise, ein überladenes Modellangebot und dadurch zu hohe Kosten, gepaart mit teils fragwürdigen Management-Entscheidungen, bedrohen den Erfolg der Wolfsburger – ebenso wie den ihrer Tochterunternehmen. Ein Kommentar zur aktuellen Lage.

"Made in Germany" - ein Qualitätssiegel in Gefahr

Man muss jetzt kein großer Branchenkenner sein, um eine grundlegende Beobachtung zu machen: Neuwagen sind für den Durchschnittsbürger kaum noch erschwinglich. In fast jedem unserer Testberichte taucht dieser Kritikpunkt auf, ob es sich nun um eine Mercedes E-Klasse, einen BMW X1 oder einen Volkswagen ID.3 handelt – sie sind einfach zu teuer.

Besonders auffällig ist dieser Trend jedoch bei Volkswagen. Ein normaler VW Golf, einst das Aushängeschild des Konzerns, kostet heute mit durchschnittlicher Ausstattung schnell über 35.000 Euro. Und das für ein Auto, das als Massenprodukt eigentlich die Mobilität von Millionen sichern sollte. Nachvollziehbar ist diese Preisentwicklung schon seit Jahren nicht mehr. Gleichzeitig leidet die Qualität - nicht nur beim Material, sondern immer öfter auch bei der Software. "Made in Germany" steht auch durch die Verfehlungen bei Volkswagen schon lange nicht mehr für dauerhaft solide Produkte.

VW-Kernmarke: Hohe Kosten, hohe Preise, zu wenig fürs Volk

Ein weiteres Problem ist die viel zu breite Angebotspalette. Volkswagen hat sich in den letzten Jahren in einem komplexen Modellprogramm verrannt, das zu verwirrenden Überschneidungen führt. Ein Beispiel: Die Unterschiede zwischen T-Roc, T-Cross und Taigo sind kaum noch zu erkennen. Da geht es bei der Karosserie um Zentimeter, bei der Ausstattung um die Frage, ob geschäumter Kunststoff oder nicht. Eine wirkliche Differenzierung ist für viele Kunden gar nicht mehr möglich. Dass zudem auch die Töchter Skoda, Seat und Audi ähnliche Modelle im gleichen Segment anbieten, macht die Orientierung nicht leichter, aber treibt die eigenen Kosten nach oben.

Wie wenig das Volkswagen-Management auf die Bedürfnisse der Menschen (u. a. nach bezahlbarer Mobilität) eingeht, zeigt auch die Entscheidung, den VW up! (inklusive der Nebenprodukte von Seat und Skoda) ersatzlos auslaufen zu lassen. Der Markt verlangt mehr denn je nach erschwinglichen Fahrzeugen - im urbanen Bereich gerne auch mit E-Antrieb. Und genau hier hat Volkswagen die Weitsicht vermissen lassen, die Stellantis, aber auch Renault bei ihren Produkten jetzt zeigen.

Auch Porsche schwächelt

Der Blick nach Wolfsburg allein genügt jedoch nicht, um das ganze Ausmaß dieser Krise zu erfassen. Denn auch über der Tochter Porsche ziehen zunehmend dunkle Wolken auf. Die Luxusmarke kämpft im laufenden Geschäftsjahr vor allem in China und den USA mit rückläufigen Verkaufszahlen - und das nicht nur beim Taycan. Diese Entwicklung lässt sich nicht allein auf Modellpflegen zurückführen, wie es die Presseabteilung gerne darstellt, sondern ist auch das Ergebnis von Fehlentscheidungen im Management. Doppel-Chef Oliver Blume, der zugleich Vorstandsvorsitzender bei Volkswagen ist, dürfte sich auch deshalb bei den beiden Eignerfamilien und VW-Großaktionären Piëch und Porsche sowie dem VW-Land Niedersachsen zunehmend erklären müssen.

So wurde etwa der für Porsche wichtige Verbrenner-Macan, noch basierend auf dem ersten Audi Q5 von 2008, ohne wesentliche Weiterentwicklungen einfach so lange weiterproduziert, bis das neue EU-Cybersicherheitsgesetz dem im Juli 2024 ein Ende setzte. Der neue Elektro-Macan kam aufgrund von Softwareproblemen dagegen nur mit deutlicher Verzögerung in den Handel und läuft eher verhalten an. Ebenfalls reduziert sind die weltweiten Absätze des Panamera; 718 Cayman und Boxster wurden wie der Verbrenner-Macan in der EU ersatzlos eingestellt. Erfolgreich sind aktuell vor allem die beiden Modellreihen Cayenne und 911.

Gleichzeitig verlässt Frank-Steffen Walliser, ein hochgeschätzter Ingenieur und Kenner des Unternehmens, der außerdem als aussichtsreicher Kandidat für den Chefposten bei Porsche galt, die Marke. Er übernahm im Juli die Leitung der Audi-Tochter Bentley, die nach einem Umsatzrückgang von 13 Prozent im Jahr 2023 dringend einer strategischen Neuausrichtung bedarf. Dieser personelle Wechsel wirft ebenfalls Fragen auf, gerade zu einem Zeitpunkt, an dem Porsche dringend neue Impulse benötigt, um sich den aktuellen Herausforderungen zu stellen.

Audi wirkt zunehmend beliebig

Auch Audi, einst als Technologietreiber im VW-Konzern bekannt, hat in den letzten Jahren an Glanz verloren und zuletzt auch deutlich weniger Autos verkauft. Besonders im Bereich der Elektromobilität zeigt sich nur wenig "Vorsprung durch Technik". Das aktuelle Angebot wirkt angezählt, frische Modelle kommen eher schleppend auf den Markt und die neue Namensstrategie sorgt überdies für Verwirrung. Durch die geänderte Nomenklatur werden Verbrenner-Modelle fortan auf ungerade Zahlen umbenannt, während die Elektrofahrzeuge geradzahlige Bezeichnungen erhalten. So wird etwa der A4 aktuell zum A5, während das elektrische Pendant zukünftig als A4 e-tron geführt wird. Ähnlich verhält es sich beim A6, dessen Elektromodell als A6 e-tron auf den Markt kommt, während die Verbrennerversion als A7 weiterläuft.

Diese komplizierte Neuausrichtung wirkt wenig durchdacht und es ist fraglich, ob dies dazu beiträgt, das Kundenvertrauen in die Marke langfristig zu stärken. Während Audi zahlreiche "normale" Modelle im Programm hat, wurden emotionale Baureihen wie der TT, der R8 und sämtliche Cabrios, die stark auf das Imagekonto von Audi eingezahlt haben, ohne Ersatz aus dem Programm gestrichen. Auch dieser Umstand lässt die vier Ringe zunehmend beliebig erscheinen.

Am Ende: Volkswagen muss sich bewegen

Volkswagen und seine Töchter stehen zweifellos vor großen Herausforderungen. Der Konzern fährt zwar aktuell noch Milliardengewinne ein, krankt aber zusehends an zu hohen Kosten, streitbaren Managemententscheidungen und einem überladenen Modellprogramm ohne Innovationskraft - und das über fast alle Tochterunternehmen hinweg. Ob es in dieser Situation hilft, Milliardenbeträge in den strauchelnden US-Autobauer Rivian zu investieren, wo das Geld doch zukünftig knapp zu sein scheint, ist ebenfalls fraglich.

Eine einfache Lösung scheint nicht in Sicht, aber der Anfang könnte sein, sich wieder vermehrt auf den einstigen Markenkern und den eigenen Namen zu konzentrieren. Wie war das noch gleich mit der "Love Brand", die VW gerne wieder sein möchte? So muss ein Auto fürs Volk, ganz gleich ob mit Benzin, Diesel oder rein elektrisch betrieben, in erster Linie bezahlbar sein. Vielleicht klappt es dann auch wieder mit der Liebe vonseiten der Kunden. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)

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