Die Welt stand einen Moment still, als man bei Lamborghini auf dem Messestand des Genfer Automobilsalons 1971 das Tuch vom Countach LP500 gezogen hatte. Ein Keil, ein Raumschiff, ein Wahnsinn. Niemand hatte mit so etwas gerechnet.
Die Welt kannte solche Straßensportwagen nur als Frontmotor-Renner. Man baute sie auf allen Kontinenten so – auch wenn der Miura eine Ausnahme war. Aber eben: er war organisch geformt, schmeichelte dem Auge, blieb elegant. Der LP500 dagegen wirkte, als hätte ihn Gandini mit der Axt aus einem Aluminiumklotz geschlagen.
Dabei war diese optische Aggressivität von feiner Funktionalität geprägt. Kein Platz wurde verschenkt, keine Detail war unnötig. Der Countach war nicht nur pur, er war auch pures Charisma. Sofern man sich vom ersten Schreck erholt hatte. Über die Jahre wurden vom eigentlich nur als Studie gedachten Countach dann über 2000 Stück gebaut. Er war eines der erfolgreichsten Modelle der Marke aus Sant’Agata Bolognese.
Hommage an die Legende
In diese Fußstapfen wird der Lamborghini Countach LPI 800-4 (Fahrzeug steht noch nicht zum Verkauf, Homologation ausstehend²) nicht treten. Seine Produktion bleibt auf 112 Stück limitiert. Diese künstliche Verknappung ist zwar nicht sonderlich streng, hat aber System: denn als Tipo 112 lief intern die Entwicklung des Ur-Countach.
Als Mitglied der von Lamborghini „few off“-genannten Sonderserien basiert auch der Countach LPI 800-4 auf einem bereits bekannten Basis-Fahrzeug. Die Plattform stellt der nun immerhin schon über zehn Jahre alte Aventador, die technische Ausbaustufe übernimmt der Neo-Countach vom neuen Sián (Fahrzeug steht noch nicht zum Verkauf, Homologation ausstehend²).
Mittschiffs tritt also ein 6,5-Liter-V12-Saugmotor mit 574 kW/780 PS an, der von einem 25 kW/34 PS starken Elektromotor aus etwaigen Drehmomentlöchern geholfen bekommt. Die in Summe 599 kW beziehungsweise 814 Pferderstärken sorgen für entsprechend vehementen Vorwärtsdrang. Lamborghini gibt den Countach LPI 800-4 mit nur 2,8 Sekunden für den 100er-Sprint und mit 355 km/h in der Spitze an.
Das Design des Lamborghini Countach LPI 800-4 wirkt wie eine Fingerübung
Formal erkennt man im LPI 800-4 den Countach schon auf den ersten Blick. Allerdings sind auch die Technik-spendenden jüngeren Geschwister nicht zu übersehen. Da helfen auch der NACA-Lufteinlass auf der Seite und die Periscopio-Zitate auf dem Dach kaum die Moderne zu vertuschen.
Im Innenraum ist er dann gänzlich modern, außer vielleicht bei den knalligen Farben und der Optik der Sitze. Aber auch hier verneigt sich der Countach LPI 800-4 vor seinem Urahnen. Denn es gibt der 800-4 auf Wunsch in praktisch allen Farben des echten Countach – man möchte es den Sammlern ja ermöglichen das eigene Original-Fahrzeug nachzubauen.
Das Interesse scheint groß. Denn alle 112 Exemplare sind dem Vernehmen nach bereits versprochen. Bei einem Grundpreis von zwei Millionen Euro – vor Sonderwünschen und Individualisierungen – ist der Lamborghini Countach LPI 800-4 ein exzellentes Geschäft für die Italiener. Nur selten dürfte eine neue Karosserie mehr Geld in die Konzernkassen gespült haben. (Text: fm | Bilder: Hersteller)