Wer Alpina kennt, weiß, dass Andreas Bovensiepen derjenige ist, der das Unternehmen aus Buchloe nach außen vertritt. Er ist das Gesicht auf Messen, zeigt sich auf Fahrveranstaltungen und schwingt sich als passionierter Motorsportler auch gerne einmal selbst hinter das Lenkrad der firmeneigenen Rennfahrzeuge. Wenn dagegen Bruder Florian Bovensiepen, zuständig für Einkauf und innere Betriebsangelegenheiten, in seltenen Fällen die Pressebühne betritt, muss es schon etwas sehr Bedeutendes zu berichten geben.
Aufhören, wenn es am schönsten ist
Und in der Tat: Die Veräußerungsankündigung der Alpina Markenrechte an die BMW Group ab 2026 war im März ein Paukenschlag. Damit hatte kaum jemand gerechnet, vor allem, da die Auftragsbücher mit 2.000 Autos pro Jahr bis auf das Maximum gefüllt sind. Und doch steckt hinter dem Handeln ein ambitionierter Zukunftsplan. Mit Vollendung der Verhandlung und abschließender Genehmigung durch die Kartellbehörden, offenbart Andreas Bovensiepen ein paar weitere Details zum Deal mit den Münchnern. Der BMW Vorstand sei es gewesen, der auf die Allgäuer zukam und einen Verkauf ins Gespräch brachte. Erschwerte Marktbedingungen, deutlich höhere Entwicklungs- und Produktionskosten sowie die Frage, ob man in der Kleinserie mit Hybriden und Elektroautos überhaupt Geld verdienen könne, trieben die Damen und Herren im Vierzylinderturm ganz offensichtlich um.
Doch warum macht sich ein Großserienhersteller wie BMW, um ein mittelständisches Unternehmen aus dem Allgäu Gedanken? Noch dazu, weil die Münchner eigentlich bisher stark von der Entwicklungs- und Dienstleistungskompetenz von Alpina profitiert haben. Die Antwort: Weil man den Wert der exklusiven Marke zukünftig für sich selbst nutzen möchte. Aus den weiter oben genannten Gründen dürfte es in absehbarer Zeit immer schwieriger werden, mit (kleineren Elektro-)Autos profitabel Geld zu verdienen, wonach vor allem teure Fahrzeuge mit hohen Margen noch stärker in den Fokus rücken.
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Alpina soll die Lücke zwischen BMW und Rolls-Royce schließen
Mit Rolls-Royce ist zwar einer der weltweit luxuriösesten Autobauer Teil der BMW Group, doch decken die Engländer nur den obersten Prozentbereich der wirklich Superreichen Käuferschaft ab. Darunter, so hat man augenscheinlich festgestellt, ist noch reichlich Platz, bis man irgendwann auf das gehobene Kernsegment von BMW um 7er und X7 trifft. Das Vorbild soll angeblich Mercedes-Maybach sein, wobei die Stuttgarter mit der Implementierung von Maybach als eigenständige Marke vor knapp 10 Jahren krachend gescheitert sind. Doch zurück zu Alpina – oder besser gesagt zur Burkard Bovensiepen + Co. KG.
Kommt ab 2026 der „Bovensiepen-BMW“?
Mit dem Wegfall der eigenen Automodelle, produziert weitestgehend bei BMW, entsteht eine Lücke, die sie im Allgäu geschickt nutzen wollen. Florian Bovensiepen erklärt dazu, dass man sich vor allem auf den Unterhalt der gut 30.000 Alpina-Bestandsfahrzeuge und den exklusiven Gebrauchtwagenhandel mit älteren Alpina-Modellen fokussieren möchte. Die Ersatzteilversorgung der Heritage-Flotte (und womöglich auch für andere ältere BMW-Modelle) ist nicht nur eine Herzensangelegenheit, sie erfordert zudem einen deutlichen Ausbau an Logistikkapazitäten am Firmenstandort in Buchloe.
Kostspielige Investitionen sind daher geplant und womöglich der Zubau neuer Gebäudeteile. Doch auch der fahrzeugnahe Ingenieurs- und Dienstleistungsbereich soll weiter ausgebaut werden, der enge Kontakt zu BMW bleibt ausdrücklich bestehen. Ebenfalls in Planung ist die Intensivierung der Kundenbeziehungen, der Aufbau einer eigenen Community und möglicherweise das Ausrichten exklusiver Veranstaltungen. Man unterhält ja schließlich mit Alpina Wein auch noch einen der größten Weinhandlungen Deutschlands.
Aber reizt es Florian und Andreas Bovensiepen nicht, auch nach 2025 das Vermächtnis ihres Vaters Burkard fortzuführen und weiter eigene Autos vom Stapel zu lassen? Wir ernten verschmitzte Gesichter, kein klares Dementi, aber vor allem den Hinweis, dass in dreieinhalb Jahres so einiges passieren kann. Falls es zum „Bovensiepen-BMW“ kommt, wäre womöglich der kommende 5er eine anregende Basis. Mit welchem Motor und ob das Unternehmen als Tuner oder Hersteller auftritt, dass steht allerdings in den Sternen. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)