Kann man bei einem SL überhaupt von Einstiegsmodell sprechen?
AMG hat eine neue Einstiegsversion seines SL-Roadsters vorgestellt, die mit einer neuen Version des M139-Zweiliter-Vierzylinders des A45 ausgestattet ist. Das neue Modell mit dem Namen Mercedes-AMG SL 43 (Fahrzeug steht nicht zum Verkauf, Homologation ausstehend)² fügt sich von unten in die Modellpalette zu SL 55 und SL 63 ein. Dabei ist er der einzige SL mit Hinterradantrieb, denn seine beiden V8-Brüder gibt es ausschließlich mit 4Matic-Allradantrieb.
Der E-Turbolader wurde direkt aus der Formel 1 abgeleitet
Der Fahrspaß kommt also nicht nur wegen des Antriebslayouts nicht zu kurz, sondern weil die Entwickler tief in die Trickkiste gegriffen haben, um den vier Zylindern Beine zu machen. Während viele Hersteller mittlerweile auf elektrische Verdichter setzen, also quasi einen „halben“ Turbolader, dessen Turbinenseite durch einen Elektromotor ersetzt wurde, hat sich AMG am Formel 1-Teileregal bedient.
Dort kommen ebenfalls elektrische Turbolader zum Einsatz. Allerdings sind die Turbinen dort nur elektrisch unterstützt – so auch im Fall des neuen Mercedes-AMG SL 43. Zwischen der Verdichter- und der Turbinenseite des Laders sitzt ein nur 40 Millimeter breiter Elektromotor auf der gemeinsamen Welle. So kann der Elektromotor im Leerlauf und bei niederen Drehzahlen für schnelles Auftouren des Laders sorgen und bei hohen Abgasdurchsätzen übernimmt weiterhin wie gewohnt das mit dem Krümmer verbundene Turbinenrad.
Dadurch wird das Turboloch bei niedrigen Drehzahlen eliminiert, das Drehmoment bei niedrigen Motordrehzahlen erhöht und der Turbolader kann sogar bei abgeschaltetem Gaspedal den Ladedruck aufrechterhalten. Die Energie für den Elektroturbo wird aus dem zusätzlichen 48-Volt-Bordnetz des Fahrzeugs bezogen, das auch den AMG-Startergenerator (ISG) der zweiten Generation antreibt, der dem Antriebsstrang einen eigenen kleinen Leistungsschub verleiht und den Leerlauf des Motors erleichtert – denn der ISG kann mit bis zu 14 PS zusätzlich boosten.
381 PS machen den Basis-SL bis zu 275 km/h schnell
Allerdings lassen auch die nackten Zahlen aufhorchen. Immerhin 381PS und 480Nm leistet der Vierzylinder. Damit ist er allerdings nicht der stärkste Zweiliter im Programm, der A 45 leistet weiterhin mehr. Dennoch rennt der Mercedes-AMG SL 43 bis zu 275km/h schnell. Der Sprint auf Landstraßentempo ist in 4,9 Sekunden erledigt.
Auch ums Eck ist der Vierzylinder-SL schnell, denn der kleine Motor wiegt deutlich weniger als die Achtzylinder-Brüder. Insgesamt misst der SL 43 als leichtester SL nur noch 1.810 kg, was einer Gewichtsreduzierung von 170 kg im Vergleich zum voll beladenen SL 63 entspricht. Ein agileres Einlenken und weniger Kopflastigkeit im Fahrbetrieb sind ein angenehmer Nebeneffekt der Gewichts-Diät.
Der SL 43 teilt sein Neungang-Automatikgetriebe mit den anderen SLs, einschließlich Mehrscheiben-Nasskupplung anstelle des Wandlers. In Sachen Fahrwerk kommt er mit einer einfachen Stahlfederung und adaptiven Dämpfern, die erstmals in Kombination mit der adaptierten Fünflenker-Vorder- und Hinterradaufhängung arbeiten, die auch in der nächsten Generation des AMG GT zum Einsatz kommen wird.
Optisch ist der Kleine ganz groß, denn er bleibt dezent
Optisch unterscheidet sich der 43er nur in Nuancen. Der vordere Frontsplitter in der Stoßstange ist verändert und das Heck geglättet. Optisch gefallen die runden Doppelrohre sogar mehr als die mächtigen Trapezrohre der Achtzylinder.
Marktstart und Preis
Noch gibt es leider keine exakten Preise und auch das Auslieferungsdatum hält AMG noch zurück. Der SL 43 dürfte aber pünktlich zur Cabrio-Saison auf dem Markt erscheinen. Die Preise dürften deutlich unterhalb der V8-Derivate liegen – allerdings immer noch auf hohem SL-Niveau. (Text: Fabian Mechtel | Bilder: Mercedes-AMG)