Mehr als elf Jahre hat der Audi A4 der vierten Generation nun auf dem Buckel. Anzusehen ist es dem von 2007 bis 2015 gebauten Mittelklassemodell nicht. Doch nicht nur optisch, auch technisch ist der Ingolstädter gut gealtert, wie ein Blick in die HU-Statistik verrät. Schwierig ist jedoch die Motorenwahl.
Zeitlose Eleganz trifft auf Motorenvielfalt
Der A4 vom Typ B8 ist als Limousine klassisch-elegant, als Coupé oder Cabrio (A5) bildhübsch und als Kombi (A4 Avant) zusätzlich noch richtig praktisch. Dass der Ingolstädter ein Hingucker ist, liegt außer am Design von Optik-Guru Walter de Silva auch am geänderten technischen Layout von Motoren und Getriebe, die nun weiter nach hinten rückten und den Nasenbär-artigen vorderen Überhang kürzten. Trotzdem stimmt das Raumangebot im Inneren, auch weil die Länge gegenüber dem Vorgänger noch einmal auf bis zu 4,76 Meter zugelegt hat. Beibehalten hat Audi das extrem hohe Verarbeitungsniveau im Innenraum – auch bei frühen Modellen dürfte man heute nur wenig Abnutzung erkennen. Wer als Gebrauchtwageninteressent bei normaler Fahrleistung deutliche Gebrauchsspuren an seinem Wunschfahrzeug erkennt, sollte also umgehend misstrauisch werden.
Wie häufig bei Audi ist das Motorenangebot auch für den A4 extrem breit, reicht vom 88 kW/120 PS starken Basisdiesel bis zum Achtzylinder-Kraftwerk mit 331 kW/450 PS. Entsprechend komplex ist für den Gebrauchtwagenkunden die Auswahl. Eher abzuraten ist allerdings ausgerechnet von den 1,8-Liter-Basisbenzinern (bis 125 kW/170 PS), die mit extremem Ölverbrauch aufwarten können. Wer einen Ottomotor will, muss daher bei 132 kW/180 PS starten – was den Kaufpreis und die Spritkosten hochtreibt. Auch beim Diesel fällt die Wahl nicht leicht, sind doch zahlreiche der 2,0-Liter- und 3,0-Liter-Motoren von Rückrufen im Zuge des Abgasskandals betroffen. Einzelne Aggregate sind zudem noch nach der Abgasnorm Euro 4 zertifiziert und akut von Fahrverboten bedroht. Als teilweise anfällig gelten darüber hinaus die optionalen Multitronic-Getriebe, die es für Diesel und Benziner gibt, und die außerdem von vielen Fahrern als akustisch unattraktiv bewertet werden. Im Zweifel sind für Automatik-Fans daher die Varianten mit Wandler- und Doppelkupplungsgetriebe (S-tronic) attraktiver.
Komfortvielfalt auch bei Gebrauchten
Extras waren für den A4 teilweise sehr teuer, was aber vor allem Dienstwagenfahrer offensichtlich wenig gestört hat. Auf dem Gebrauchtmarkt sind viele gut bestückte Exemplare vorhanden, selbst eher Ungewöhnliches wie Bord-TV, Dreizonen-Klimaautomatik oder eine Dynamiklenkung mit variabler Übersetzung ist zu haben. Umfassend ist auch das Programm an sportlichen Alternativen zum Seriengestühl, zu den Fahrwerken und Karosserie-Applikationen. Die Basisvariante ist eher frugal ausgestattet, hat aber mit sechs Airbags, Klimaautomatik und 16-Zoll-Felgen das Wichtigste an Bord. Der Schleuderschutz ESP ist gleichsam Serie. Beim EuroNCAP-Crashtest gab sich der Audi 2009 mit fünf Sternen keine Blöße.
Beim TÜV ein Musterschüler
Obwohl der Mittelklasse-Audi ein ausgesprochenes Vielfahrerauto ist, schlägt er sich in der TÜV-Statistik hervorragend. Fast in allen Bereichen liegen die HU-Ergebnisse über dem Klassenschnitt. Einzig die filigrane Vierlenker-Vorderachse schwächelt spätestens ab dem achten Jahr. Bei der Probefahrt kündigen sich Probleme häufig durch unruhiges Fahrverhalten an oder knacken in der Lenkung an. Auch ungleichmäßig abgefahrene Reifen können ein Hinweis sein. Eine Reparatur kostet mehrere Hundert Euro. Darüber hinaus plagen den Audi gerne kleinere Maläsen wie Startprobleme, hakelige Schaltgetriebe oder eine schwache Kupplung bei den Dieseln. Und nicht zu vergessen: die ölschluckenden 1,8-Liter-Benziner sowie die Schummeldiesel.
Unterm Strich ein anständiger Gebrauchter
Verarbeitung, Fahrverhalten und grundsätzliche technische Qualität – all das liegt beim Audi A4 auf hohem Niveau. Attraktiv für Gebrauchtwagenkäufer können vor allem die stärkeren Motorvarianten sein – der Reiz der preisgünstigeren Basisausführungen leidet starke unter den Öl- und Abgasproblemen. Für den aktuellen Startpreis von knapp 10.000 Euro dürften demnach eher wenige Modelle den Besitzer wechseln. (sp-x/ hh/ jup)