Seit 1979 gilt sie für alle Fahrzeuginsassen. Wie steht es heute um die Gurtpflicht? Welche Ausnahmen gibt es und welche Bußgelder müssen beim Missachten der Regelung gezahlt werden?
In Deutschland müssen alle Insassen eines Fahrzeugs angeschnallt sein, wenn das Fahrzeug am Straßenverkehr teilnimmt. Die Anschnallpflicht betrifft sowohl Fahrer und Beifahrer als auch alle Mitfahrer, die auf den hinteren Sitzreihen Platz finden. Darüber hinaus müssen Rollstuhlfahrer mit geeigneten Systemen angeschnallt sein.
Die gesetzliche Grundlage für die Anschnallpflicht findet sich in Paragraph 21 a der Straßenverkehrsordnung (StVO):
„Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme.“
Bußgeld bei Missachtung der Anschnallpflicht
Wer sich in Deutschland nicht an die Anschnallpflicht hält, muss bei einer Kontrolle durch die Polizei mit einem Bußgeld rechnen. Das war nicht immer so. Die Bußgeldregelung bei Missachtung der Gurtpflicht trat erst im Jahr 1984 in Kraft. Welche Bußgelder heute fällig werden, erfährst du später in diesem Ratgeber.
Laut Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen liegt die Anschnallquote heute bei nahezu 100 Prozent. Schon im Jahr der Einführung des Bußgeldes soll die Quote auf über 90 Prozent gestiegen sein.
Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat ging im Jahr 2012 von geringeren Anschnallquoten aus. So hat die Einrichtung 2011 ein Umfrage unter Autofahrern durchgeführt, bei der nur 95 Prozent angaben, sich immer anzuschnallen.
Darüber hinaus verwies der Verkehrssicherheitsrat darauf, dass Autofahrer bei immer noch circa 20 Prozent aller tödlichen Verkehrsunfälle nicht angeschnallt waren.
Der Gesetzgeber hat in Paragraph 21 a der StVO nicht nur die allgemeine Anschnallpflicht festgelegt, sondern im Absatz 1, in den Sätzen zwei bis sechs Ausnahmen definiert. In folgenden Fällen gilt die Gurtpflicht nicht:
Als Oldtimer gelten Fahrzeuge, die mindestens 30 Jahre alt sind und deren Originalzustand beibehalten wurde. Diese Kfz sind am „H“ im Oldtimerkennzeichen zu erkennen. Für Oldtimer, die vor dem 1. April 1970 erstmals zugelassen wurden, gilt eine Ausnahme von der Anschnallpflicht. Sie ist in den sogenannten Übergangsvorschriften zu Paragraph 35 a der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) definiert.
Demnach entfällt die Anschnallpflicht, weil keine vorgeschriebenen Sicherheitsgurte vorhanden sind, die angelegt werden könnten.
Daraus ergeben sich jedoch strengere Vorschriften zur Beförderung von Kindern mit einem Oldtimer. Nach Paragraph 21, Absatz 1b der StVZO dürfen Kinder unter drei Jahren nicht mit einem Kfz befördert werden, wenn keine Sicherheitsgurte vorhanden sind.
Außerdem dürfen Kinder unter einer Körperlänge von 150 Zentimetern nur auf den Rücksitzen mitfahren. Sind dort ebenfalls keine Gurte zu finden, dürfen Kinder unter zwölf Jahren nicht befördert werden.
Darüber hinaus gilt die Regelung, dass in einem Oldtimer ohne Sicherheitsgurte nur so viele Personen befördert werden dürfen, wie es eingetragene Sitzplätze im Fahrzeugschein gibt.
Lange Zeit mussten sich Fahrgäste in Taxen ebenso wenig anschnallen wie die Fahrer selbst. Diese Regelung wurde in den 1970er-Jahren getroffen.
Sie wurde in der StVO in Paragraph 21 a, Absatz 1, Satz 2, Nummer als Ausnahme von der Gurtpflicht definiert. Der Grund für diese Ausnahme bestand darin, dass sich der Gesetzgeber einer hohen Zahl an Überfällen auf Taxifahrer konfrontiert sah.
Damit die Taxifahrer bei einem Überfall schnell reagieren können, wurden sie von der Gurtpflicht befreit. Allerdings wiesen Taxiverbände in den folgenden Jahrzehnten immer wieder darauf hin, dass die Zahl der Verletzten und Toten bei Verkehrsunfällen aufgrund einer fehlenden Anschnallpflicht höher sei als die Zahl der Überfälle.
Letztlich führten die jahrelangen Ausführungen dazu, dass der Gesetzgeber die Ausnahme in der StVO strich und heute eine allgemeine Gurtpflicht in Taxen sowie in Mietwagen gilt.
In Ausnahmefällen können sich Autofahrer von der Gurtpflicht befreien lassen. Dies ist in den beiden folgenden Fällen möglich:
Üblicherweise können sich Schwangere nicht von der Gurtpflicht befreien lassen. In diesem Fall solltest du überlegen, ob es überhaupt sinnvoll ist, dass du noch Auto fährst oder das Risiko berücksichtigen, unangeschnallt bei einem Unfall schwere Verletzungen davonzutragen.
Eine Ausnahme von der Anschnallpflicht gilt nur bei medizinischen Bedenken. Demnach gelten Schwangere als von der Anschnallpflicht befreit, wenn der Arzt ein entsprechendes Attest ausstellt. Sollte etwa die Gesundheit des ungeborenen Kindes durch den engen Gurt gefährdet sein, besteht eine Ausnahme von der Gurtpflicht.
Keine Gurtpflicht, wenn keine Gurte vorhanden sind
Sind keine Gurte vorhanden, wie bei einem Oldtimer, sind die Fahrer und Beifahrer von der Gurtpflicht befreit.
Der Gesetzgeber sieht verschiedene Straßen vor, wenn Verkehrsteilnehmer gegen die Anschnallpflicht verstoßen. Sie reichen von einem einfachen Verwarnungsgeld bis hin zu Punkten in Flensburg.
Art des Verstoßes gegen die Anschnallpflicht | Bemerkung | Punkte | Verwarngeld | Bußgeld |
---|---|---|---|---|
Der Sicherheitsgurt wurde während der Fahrt nicht angelegt | Fahrer, Beifahrer oder Mitfahrer sind nicht angeschnallt. Das Verwarngeld gilt pro nicht angeschnallte Person. | 30 Euro | ||
Ein Kind fährt nicht ausreichend gesichert mit | Dies ist der Fall, wenn das Kind zwar angeschnallt ist, aber ein Kindersitz fehlt. | 30 Euro | ||
Mehrere Kinder fahren nicht ausreichend gesichert mit | Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Kinder angeschnallt, aber ohne Sitzerhöhung befördert werden. | 35 Euro | ||
Ein Kind wird ohne Sicherung transportiert | In diesem Fall ist das Kind weder angeschnallt noch sitzt es in einem Kindersitz. | 1 | 60 Euro | |
Mehrere Kinder werden ohne Sicherung transportiert | Die Kinder fahren ohne Gurt und ohne Kindersitz mit. | 1 | 70 Euro |
Die Strafen für unangeschnallte oder ungesicherte Kinder sind höher, weil der Gesetzgeber von der besonderen Verantwortung des Fahrers für Kinder ausgeht.
Tiere gelten laut Gesetz nicht als Mitfahrer oder Beifahrer, sondern als „Ladung“. Wie diese zu handhaben ist, findet sich in Paragraph 22, Absatz 1 der Straßenverkehrsordnung.
Werden Hunde oder Katzen im Auto transportiert, das ist laut der StVO gestattet, sollten die Tiere entsprechend gesichert sein. Das kann beispielsweise durch einen Hunde-Autositz, durch eine Transportbox oder einen Sicherheitsgurt geschehen. Eine Anschnallpflicht für Hunde ist jedoch nicht vorgeschrieben.
22 Abs. 1 StVO
„Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten.“
Demnach sind Autofahrer dazu angehalten, Hunde oder Katzen im Auto so zu sichern, dass sie beim Bremsen oder beim Ausweichen von Hindernissen nicht zu einem Sicherheitsrisiko werden.
Nicht vorgeschrieben, aber empfehlenswert sind entsprechende Transportboxen für Hunde und Katzen. Damit erhöhen Autofahrer die Verkehrssicherheit für sich und für die anderen Verkehrsteilnehmer.
Für Hunde gibt es inzwischen auch spezielle Gurte, die mit den Systemen der PKW kompatibel sind. Während der Fahrt werden die Vierbeiner damit gesichert.
Seit Mai 2006 gilt die Anschnallpflicht in allen EU-Ländern. In vielen Ländern drohen empfindliche Geldstrafen, wenn Autofahrer die Gurtpflicht missachten.
So erheben die Behörden in Spanien zum Beispiel Strafen von bis zu 300 Euro, wenn du ohne Gurt fährst. In Griechenland wird eine Pauschale von 375 Euro erhoben, wenn du beim Fahren ohne Sicherheitsgurt erwischt wirst. Die Höhe der Strafe ist unabhängig davon, wie viele Insassen ohne Gurt transportiert werden.
In den USA gilt ebenfalls eine Anschnallpflicht. Die Gebühren bei Missachtung der Regel müssen bei einer Kontrolle sofort gezahlt werden.
In Deutschland werden Automobilhersteller seit 1974 dazu verpflichtet, Gurte in Neufahrzeuge einzubauen. In diesem Jahr wurde auch die Gurtpflicht eingeführt, aber zunächst auf den Fahrer und Beifahrer beschränkt. Dies waren zunächst noch Beckengurte, ähnlich wie in einem Flugzeug. Fünf Jahre später, im Jahr 1979, wurde die Anschnallpflicht auf alle Sitze im Kfz ausgeweitet. Ab dem Jahr 1988 wurden Dreipunktgurte für die äußeren hinteren Sitze von neu zugelassenen Pkw gesetzlich vorgeschrieben.
Der Grund für die Einführung der Gurtpflicht lag in der hohen Zahl an Verkehrstoten, die mit einer allgemeinen Anschnallpflicht hätte verhindert werden können. Allerdings erfuhr die Einführung der Anschnallpflicht in Deutschland sowie in anderen Ländern wie der Schweiz erst einmal heftige Ablehnung seitens der Autofahrer.
Sie empfanden den Sicherheitsgurt nicht als ein Plus an Sicherheit, sondern vielmehr als „Fessel“, die sie in ihrer Freiheit einschränkte. Letztlich „überzeugte“ die Einführung eines Bußgelds für das Missachten der Gurtpflicht im Jahr 1984 dazu, dass die Anschnallquoten deutlich stiegen.
In den USA wurden die Autohersteller bereits in den 1960er-Jahren zum Einbau von Gurten in Neuwagen verpflichtet.
Volvo ist Pionier
Der Pionier für Sicherheitsgurte in Europa ist der Autohersteller Volvo. Der von einem Ingenieur Nils Ivar Bohlin entwickelte und 1959 patentierte Dreipunkt-Sicherheitsgurt wurde noch im gleichen Jahr serienmäßig im Volvo 544 eingebaut. Der Dreipunktgurt gilt bis heute als eine besonders effiziente Erfindung, welche die Verkehrssicherheit maßgeblich erhöht hat.