Juristen sprechen immer dann von arglistiger Täuschung beim Autokauf, wenn durch bestimmte Formulierungen des Verkäufers beim Gegenüber vorsätzlich falsche Assoziationen hervorgerufen werden, die für dessen Kaufentscheidung relevant sind. Um es weniger fachlich auszudrücken: Verspricht der Verkäufer falsche Tatsachen, verschweigt Informationen absichtlich oder sagt nicht die Wahrheit bestärkt den Käufer in falschen Annahmen oder korrigiert ihn bei fehlerhaften Assoziationen mit dem Auto nicht, kann dies zur Rücknahme des Kaufvertrags führen.
Die arglistige Täuschung ist ein sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff. Das heißt, dass sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) keine Definition des Begriffs befindet. In der Rechtsprechung führen aber vor allem folgende drei Taten dazu, dass von der Täuschung mit Arglist die Rede ist:
Wichtig ist dabei, dass der „Täuscher“ tatsächlich mit Vorsatz handelt. Zudem muss diese Täuschung darauf abzielen, den Getäuschten zum Abschluss eines Vertrags zu bewegen.
Was mit dem verklausulierten Rechtsbegriff in der Praxis gemeint ist, lässt sich am besten anhand des Autokaufs darstellen. Angenommen, du möchtest einen Gebrauchtwagen kaufen und suchst einen Händler auf. Dabei preist der Verkäufer ein bestimmtes Fahrzeug als absolut scheckheftgepflegt und unfallfrei an. Genau das ruft bei dir die Annahme hervor, dass dieses Fahrzeug qualitativ hochwertig sei, und du entschließt dich zum Kauf.
Schon nach den ersten Fahrten wird allerdings deutlich, dass das Auto alles andere als neuwertig ist, weil beim Fahren merkwürdige Geräusche entstehen. Du suchst deshalb eine Werkstatt auf. Nach kurzer Prüfung teilt dir der Mitarbeiter mit, dass das Auto definitiv nicht unfallfrei sei, weil die Stoßstange nicht mehr im Originalzustand ist. Der Verkäufer hat dich also arglistig getäuscht, weil er bewusst gelogen hat und das mit der Absicht, dich durch die Lüge zum Kauf zu bewegen.
Beweispflicht
In der Regel muss eine arglistige Täuschung durch den Käufer, die getäuschte Person, bewiesen werden. Der Verkäufer muss nur darlegen, was er dem Käufer wann mitgeteilt hat. Ist der Käufer jedoch anderer Meinung, muss er das Gegenteil beweisen. Dieser muss zweifelsfrei gerichtlich beweisen können, dass er vom Händler bewusst getäuscht worden ist.
Der Kauf eines Autos teilt sich gewöhnlich in folgende Schritte: Besichtigung, Probefahrt, Preisverhandlung, Vertragsabschluss und schlussendlich Übergabe des Autos. So einfach das kurze Praxisbeispiel ist, so kompliziert kann sich die Rechtslage in der Praxis darstellen. Vergleichsweise eindeutig geregelt ist aber, welche Informationen über das Fahrzeug vom Verkäufer unbedingt preisgegeben werden müssen:
„Ins Blaue hinein“
Explizit ist der Tatbestand der arglistigen Täuschung auch dann erfüllt, wenn der Verkäufer dir „auf gut Glück“ bestimmte Dinge verspricht. Weiß der Verkäufer beispielsweise nicht zu 100 Prozent, dass das Fahrzeug unfallfrei ist, darf er es nicht einfach als unfallfrei deklarieren. Er muss dir dann mitteilen, dass es bisher keine Unfalluntersuchung gab.
Obwohl der Verkäufer grundlegenden Informationspflichten nachkommen muss, hören eben diese Pflichten ab einem bestimmten Punkt auf. Kleinere, optische Mängel muss er beispielsweise nicht unbedingt ansprechen, weil du als Käufer direkt auf diese aufmerksam wirst. Siehst du beispielsweise Kratzer nicht, handelst du unter Umständen fahrlässig, den Schaden hättest du erkennen müssen. Zudem sind solche optischen Beschädigungen keine wesentlichen Mängel, welche die Nutzung des Autos stark beeinträchtigen würden.
Komplett ausgeschlossen von der Informationspflicht ist insbesondere der Preis. Angenommen, der Verkäufer bietet dir das Auto zu einem Preis von 10.000 Euro an. Allerdings liege der marktübliche Preis nur bei 7.500 Euro. Schlägst du trotzdem für 10.000 Euro ein, ist das keine arglistige Täuschung, denn den Preis dürfen beide Seiten frei verhandeln.
Komplex wird das Thema der arglistigen Täuschung beim Autokauf, wenn der Verkäufer angibt, „unwissend“ zu sein. Sprich: Genau wie du ist der Verkäufer überrascht, dass sich plötzlich Mängel am Auto zeigen. Vorstellbar sind hier zwei Fälle:
Entgegen der landläufigen Meinung hast du beim Autokauf grundsätzlich kein Widerrufsrecht. Du kannst den Vertrag also nicht ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen nach dem Abschluss widerrufen. Ausnahme: Du hast das Auto per Fernabsatzgeschäft – also über das Internet, im Katalog oder per Telefon – erworben, ohne es vorher in Augenschein genommen zu haben. Zudem muss der Verkäufer ein gewerblicher Händler sein, damit das Widerrufsrecht genutzt werden kann.
Das sogenannte Rücktrittsrecht (Gewährleistung) gilt hingegen unabhängig vom Widerrufsrecht. Vom Vertrag zurücktreten kannst du, wenn innerhalb der ersten zwölf Monate nach dem Vertragsabschluss erhebliche Mängel am Fahrzeug auftreten. Aber: Auch dann darfst du das Fahrzeug nicht einfach zum Händler bringen und erhältst das Geld. Das Prozedere eines Rücktritts ist klar geregelt:
Beweislast
Du musst lediglich den (erheblichen) Mangel am Fahrzeug dokumentieren, um den Rücktritt einleiten zu können. Allerdings hat der Verkäufer dann wiederum Zeit, zu beweisen, dass dieser Mangel zum Zeitpunkt des Verkaufs noch nicht bestand. Ist das der Fall, ist der Rücktritt wiederum unwirksam und die Gewährleistung kann nicht in Anspruch genommen werden.
Die dritte Variante der Rückgabe des Fahrzeugs betrifft die arglistige Täuschung. Rein juristisch gesehen trittst du aber nicht vom Kaufvertrag zurück, sondern fechtest diesen an. Das Vorgehen hier gestaltet sich wie folgt:
Privatkauf
Die arglistige Täuschung greift auch dann, wenn der Verkäufer ein Privatmann ist. Er darf dich ebenfalls nicht mit bewusst falschen Tatsachen zum Kauf „locken“. Allerdings gestaltet es sich in der Praxis meist noch schwieriger, die Arglist in diesem Fall nachzuweisen. Vor allem dann, wenn kein schriftlicher Kaufvertrag geschlossen wird, fällt die Beweisführung schwer.
So einfach sich die arglistige Täuschung im Beispiel anhören mag, so komplex kann die rechtliche Anfechtung des Kaufvertrags aus diesem Grund sein. Zunächst ist es wichtig, dass du die gesetzliche Frist hierfür einhältst.
Hier heißt es in § 124 BGB Absatz 1:
„(1) Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.“
Wichtig ist hier aber auch der Absatz 2, der den Beginn der Frist regelt:
„(2) Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt […].“
Heißt: Hast du das Auto vor zwei Jahren gekauft, bemerkst die Täuschung aber erst heute, beginnt auch erst heute die einjährige Verjährungsfrist.
Im obigen Abschnitt haben wir die Täuschung nur aus theoretischer Sicht kurz dargestellt. In der Praxis solltest du die folgenden Aspekte beachten:
Abschließend sei kurz auf den Fall eingegangen, dass du das Auto trotz arglistiger Täuschung behalten möchtest. Dann kannst du dich in der Regel auf das sogenannte Gewährleistungsrecht berufen, das bereits im Abschnitt „Rücktrittsrecht“ angesprochen worden ist.
Einen Anspruch auf die Behebung von Mängeln hast du immer dann, wenn Mängel innerhalb der ersten zwölf Monate nach dem Autokauf entstehen. Weil wir hier schon von arglistiger Täuschung ausgehen, die du auch beweisen kannst, kann der Händler die Gewährleistung nicht versagen – er muss das Fahrzeug reparieren und den Mangel beheben.