Der Kaltstart ist der erste Start nach einer Standzeit, in der der ganze Motor auf Umgebungstemperatur abkühlen konnte. Man spricht deshalb nicht nur im Winter von einem Kaltstart, sondern auch im Sommer. Denn die Betriebstemperatur des Motors liegt je nach Konstruktion und Anwendung etwa bei 90 Grad Kühlwassertemperatur und 80 bis 120 Grad Motoröltemperatur. Selbst in tropischen Regionen mit Lufttemperaturen von über 30 Grad und mehr spricht der Techniker strenggenommen noch immer von einem Kaltstart. Sollte der Motor nach Erreichen der Betriebstemperatur abgestellt werden und danach vor dem vollständigen Abkühlen erneut gestartet werden, so spricht man in der Fachsprache von einem Warmstart.
Beim Kaltstart kommen viele Dinge zusammen. Die vielen beweglichen Teile eines Verbrennungsmotors bestehen aus diversen Materialien. Alle dehnen sich unterschiedlich stark aus. Sie müssen deshalb von ihren Entwicklern so ausgelegt werden, dass sie perfekt zueinander passen. Bei kalten Temperaturen ist das nicht immer der Fall. Die Bauteile haben deshalb beim Kaltstart relativ viel Spiel – laufen also noch nicht perfekt ineinander. Es kommt dabei zu verstärkter Reibung. Dazu kommt, dass das Motoröl bei niedrigen Temperaturen zähflüssiger ist. Es schmiert also nicht nur nicht so gut, es verteilt sich auch nicht so schnell. Das Problem mit der Reibung verschärft sich daher noch, der Motor dreht unwilliger und läuft rauer. Hier kommt die Starterbatterie ins Spiel. Auch sie kann bei kalten Bedingungen nicht optimal arbeiten, weil ihre Elektronen nur widerwillig fließen. Hier kommen wir also schon zum dritten Problem: Ein drehunwilliger Motor mit schlechter Schmierung, der nur schwer zum Anlassen zu überreden ist und eine Batterie, die dem Anlasser deutlich weniger Kraft bereitstellen kann.
Ein Kaltstart lässt sich nur auf eine Art vermeiden und die ist den meisten Autofahrern nicht möglich: Vorheizen. Dies kann entweder durch eine integrierte Standheizung erfolgen oder über eine externe, meist strombetriebene Heizung.
Die Standheizung bezieht ihre Energie aus dem Tank, egal ob es sich um einen Diesel oder einen Benziner handelt. Der Kraftstoff wird bis zur Heizung gefördert, dort verbrannt und die gewonnene Wärme über einen Wärmetauscher an das Kühlwasser des Motors abgegeben. In vielen Fällen ist auch eine zusätzliche Wasserpumpe installiert, die das erwärmte Wasser bereits durch den Motorblock zirkulieren lässt und so alle Bauteile gut vorwärmt. Ein angenehmer Nebeneffekt: Auch das Heizwasser für die Innenraumheizung wird vorgewärmt. Mit der Standheizung ist also nicht nur der Motor vor einem Kaltstart geschützt, sondern auch die Insassen. Denn die Heizung kann schon auf den ersten Metern warme Luft in den Innenraum abgeben.
Tipp
Nicht alle modernen Standheizungen wärmen noch den Motor vor. Viele der heutigen Systeme sind reine Komfortheizungen, die nur noch den Heizkreislauf der Innenraumheizung vorwärmen. Der Motorkreislauf bleibt kalt. In diesem Fall ist der Kaltstart nicht zu vermeiden.
Die elektrische Zusatzheizung findet man häufig in kalten Ländern wie Skandinavien. Entweder kommen dort nachgerüstete Heizelemente am Motorblock oder einem Tauchsieder ähnliche Geräte für den Ölkreislauf zum Einsatz, die durch elektrisches Beheizen den Motor leicht vorwärmen können. Zwar kommen diese Systeme nicht an den Komfort und die Temperaturen einer echten Standheizung heran, sie lassen sich aber viel einfacher und kostengünstiger einbauen und nachrüsten.
Verfügt man über keine dieser beiden Optionen, lässt sich der Kaltstart nicht vermeiden. Man kann allerdings als Autofahrer die Folgen des Kaltstarts so gut es geht minimieren. Dazu gehört vor allem das richtige Warmfahren.
Das Zauberwort heißt fahren. Denn ein Warmlauf im Stand ist nicht nur verboten, sondern auch Gift für den Motor. In der Startphase spritzt das Steuergerät besonders viel Kraftstoff ein, um einen sicheren Start zu gewährleisten. Dies kann zu vielfältigen Problemen führen, wenn der Motor nicht auch sofort belastet wird: Etwa das Kondensieren von Kraftstoff an der kalten Zylinderwand, dem Abwaschen des Ölfilms an der Zylinderwand oder ein „Absaufen“ des Zylinders durch eine Benetzung der Zündkerze. Um diese Probleme zu vermeiden, sollte man nach dem Schlüsseldreh möglichst sofort losfahren.
Doch auch beim Fahren mit noch kaltem Motor sollten einige Regeln beachtet werden. Noch immer sind die Materialien nicht perfekt angewärmt und es kann weiterhin zu verstärkter Reibung kommen. Deshalb sollte man Vorsicht walten lassen und weder mit Vollgas fahren noch zu stark beschleunigen. Auch hohe Drehzahlen sind tabu.
Einen exakten Wert gibt es nicht, man sollte die Drehzahlgrenze eher als Bauchgefühl verstehen. Wer die Hälfte der möglichen Drehzahl nicht überschreitet, der tut seinem Motor in jedem Fall schon einmal etwas Gutes. Bei modernen Turbomotoren reichen meist sogar noch geringere Drehzahlen aus. Wer sich hier im Bereich zwischen 2.000 und 2.500 Umdrehungen bewegt, der kann nicht nur gut im Verkehr mitschwimmen, sondern fördert auch den schonenden Warmlauf seines Triebwerks. Denn besonders die effizienten Downsizing-Motoren moderner Fahrzeuge gehen so sparsam mit dem Kraftstoff um, dass nur noch relativ wenig Abwärme zum Aufheizen bleibt. Zwar arbeiten viele Hersteller mit ausgeklügelten Kühlsystemen, die teilweise erst den Zylinderkopf warm werden lassen und danach auf einen großen Kühlkreislauf umschalten, doch auch hier hilft eine zaghafte Benutzung in jedem Fall.
Tipp
Temperatur ist nicht gleich Temperatur. In fast allen Motoren sorgt das Motoröl und das Kühlwasser für einen Abtransport der bei der Verbrennung anfallenden Wärme. Während die meisten Autos über eine Kühlwasseranzeige verfügen, ist ein Ölthermometer eher die Ausnahme. Dabei zeigt eigentlich erst die Temperatur des Schmierstoffes die tatsächliche Motortemperatur an und damit auch seine Belastbarkeit. Man sollte sich also merken, dass der Motor noch nicht voll belastbar ist, auch wenn die Wassertemperatur schon im optimalen Bereich ist. Als Faustregel gilt: etwa 10-15 Kilometer braucht das Motoröl, um auf Betriebstemperatur zu kommen.
Wer seinem Motor etwas Gutes tun möchte, der sollte auf Kaltstarts verzichten – so lautet zumindest die landläufige Meinung. Die lassen sich allerdings nicht ganz vermeiden, denn fast jeder Motorstart ist meist ein Kaltstart. Die Kunst liegt also darin, den Motor nach einem Kaltstart immer optimal warmzufahren. Ein Laufen lassen im Stand sollte dabei in jedem Fall unterlassen werden, stattdessen sollte man ihn locker belasten, nicht zu stark beschleunigen und nicht zu hoch drehen. Dennoch gilt: Erst nach mindestens 10 Kilometern Fahrt ist er im richtigen Temperaturfenster. Alle kürzeren Strecken sind entsprechend Kurzstrecken und sollten vermieden werden.