Verkehrsverstöße: Umfrage zeigt, welche Regeln deutsche Autofahrer missachten – und warum

Inhalt

• Wie häufig ignorieren Autofahrer Vorschriften hinterm Steuer?
• Das sind die häufigsten Gründe für Verkehrsverstöße
• Mal bewusst, mal unbewusst: Fast jeder Dritte drängelt regelmäßig
• Wenn der Sinn hinter Regeln nicht erkannt wird, werden Verkehrsverstöße eher in Kauf genommen
• Unter Stress und Zeitdruck ist die Wahrscheinlichkeit für Verkehrsverstöße am höchsten
• BMW-Klischee adé? Die rücksichtslosesten Autofahrer besitzen einen Volvo
• Nicht nur eine Lappalie: So teuer können Verkehrsverstöße werden
• Fazit: Auch kleine Verkehrsverstöße können große Folgen haben

Autofahrer tragen am Steuer eine besondere Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen. Unsere Verkehrsregeln sollen dabei helfen, den Verkehrsraum für alle Teilnehmer sicher zu machen. Das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme erwartet von allen Verkehrsteilnehmern, dass sie andere nicht gefährden, belästigen oder behindern. In der Praxis jedoch wird das nicht immer eingehalten. Vermutlich hat jeder Autofahrer bereits Verkehrsverstöße begangen. Manchmal übersieht man in der Eile eine rote Ampel, ein anderes Mal drückt man vor lauter Frust über das Verhalten des Vordermanns zu oft auf die Hupe.

Der Mangel an Rücksichtnahme ist allerdings ein zunehmendes Problem auf deutschen Straßen. Siegfried Brockmann, Geschäftsführer Verkehrssicherheit und Unfallforschung bei der Björn Steiger Stiftung, bewertet die aktuelle Situation folgendermaßen:

"Eine Umfrage der Unfallforschung der Versicherer zeigt einen Trend, der auf eine Zunahme von aggressivem Verhalten im Straßenverkehr hinweist. Unser Verkehrssystem ist von einem Ellenbogen-Prinzip geprägt, das sich aus der Individualisierung unserer Gesellschaft ergibt. Es geht weniger darum, anderen absichtlich zu schaden, sondern mehr darum, mir selbst einen Vorteil zu verschaffen. Diese Mentalität nimmt in allen Bereichen unseres Lebens zu. Der Straßenverkehr ist ein Spiegelbild dieser gesellschaftlichen Dynamik. Hier gibt es aber eine entscheidende Besonderheit: Fehlverhalten im Verkehr kann schwerwiegende Folgen haben. Ein Auto stellt eine potenziell gefährliche Waffe dar. Deswegen fallen im Straßenverkehr solche gesellschaftlichen Dynamiken eindeutiger auf als in anderen Bereichen."

Um zu untersuchen, wie es um die Regeltreue und das umsichtige Fahren in Deutschland bestellt ist, hat AutoScout24 in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Censuswide eine repräsentative Umfrage unter deutschen Autofahrern durchgeführt. Dabei wurde erhoben, wie oft laut der eigenen Einschätzung Verkehrsverstöße begangen werden, welche Vorschriften Autofahrer am wahrscheinlichsten ignorieren und welche Gründe es gibt, wieso Regeln im Straßenverkehr außer Acht gelassen werden.

Die repräsentative Umfrage zu Verkehrsverstößen bei deutschen Autofahrern von Censuswide und AutoScout24: Hier findest du alle Ergebnisse der Umfrage >>

Wie häufig ignorieren Autofahrer Vorschriften hinterm Steuer?

Grundsätzlich geben zwei von drei Autofahrern (63 Prozent) offen zu, dass sie mindestens gelegentlich Regeln missachten und Verkehrsverstöße in Kauf nehmen. Männer geben doppelt so häufig wie Frauen an, dass sie immer Verkehrsregeln missachten.

Abb.1. Wie oft ignorieren deutsche Autofahrer Verkehrsregeln?

Unter den 18- bis 24-Jährigen geben rund 14 Prozent an, immer Verkehrsregeln zu missachten. Bei den Befragten ab 55 Jahren aufwärts liegt dieser Anteil bei gerade einmal knapp drei Prozent. Gründe hierfür können sein, dass jüngere Fahrer zu einem riskanteren Fahrverhalten tendieren. Es ist aber auch möglich, dass ihnen bewusst ist, dass sie noch nicht alle Regeln verinnerlicht haben, oder dass ältere Fahrer so routiniert sind, dass ihnen manche Verkehrsverstöße nicht auffallen.

Abb.2. Unterschiede hinsichtlich der Selbsteinschätzung von Verkehrsverstößen in verschiedenen Altersgruppen.

Das sind die häufigsten Gründe für Verkehrsverstöße

Circa zwei von drei Befragten gestehen, dass sie Geschwindigkeitsvorgaben ignorieren, wenn keine Blitzer in Sicht sind. Diese Nachlässigkeit bringt oft ernste Konsequenzen mit sich: Bei 38.000 Verkehrsunfällen mit Verletzten im Jahr 2022 war laut Statistischem Bundesamt eine unangepasste Geschwindigkeit die Hauptursache.

Beinahe jeder zweite Befragte verzichtet zumindest manchmal auf das Verwenden des Blinkers beim Abbiegen. Dabei waren 2022 Fehler beim Blinken Ursache Nummer Eins für Unfälle, bei denen Personen zu Schaden kamen. Diese Zahlen unterstreichen, dass auch gelegentliche Verkehrsverstöße weitreichende Folgen haben können.

Abb.3. Welche Verkehrsvorschriften werden von deutschen Autofahrern bewusst ignoriert?

Mal bewusst, mal unbewusst: Fast jeder Dritte drängelt regelmäßig

Fragt man Autofahrer danach, wie wahrscheinlich es ist, dass sie bestimmte Regeln missachten, offenbaren die Antworten beunruhigende Tendenzen. Fast jeder Zweite gesteht, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, den obligatorischen Schulterblick zu vergessen. Für das bereits genannte Blinken sieht die Einschätzung ähnlich aus: Auch hier gibt fast jeder Zweite an, diese Vorschrift wahrscheinlich regelmäßig zu missachten. Mehr als jeder Dritte hält es für wahrscheinlich, dass er gerne einmal zu dicht auffährt oder drängelt.

Nicht alle Verkehrsverstöße im Verkehr sind automatisch strafbar. Doch das Vergessen des Schulterblicks kann andere Verkehrsteilnehmer gefährden und zu schwerwiegenden Konsequenzen führen. Ähnlich verhält es sich mit zu dichtem Auffahren. Ähnlich verhält es sich mit zu dichtem Auffahren. Das ist zwar nicht direkt strafbar, kann aber als Nötigung ausgelegt werden und dadurch rechtliche Folgen haben. Ein zu geringer Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmern ist zudem eine der Hauptursachen für schwere Verkehrsunfälle.

Abb.4. Bei welchen Regeln schätzen deutsche Autofahrer die Wahrscheinlichkeit besonders hoch ein, sie zu ignorieren?

Wenn der Sinn hinter Regeln nicht erkannt wird, werden Verkehrsverstöße eher in Kauf genommen

Mehr als 40 Prozent der Autofahrer stimmen zu, dass sie gewisse Regeln vor allem deshalb ignorieren, da sie den Sinn darin nicht erkennen. Dabei steckt auch hinter augenscheinlich belanglosen Vorschriften der Gedanke, für Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen. Fast ebenso weit verbreitet ist, dass sich Fehlverhalten bei anderen Fahrern abgeschaut wird. 37 Prozent vermuten zudem, dass sie sich nicht immer aller Verkehrsregeln bewusst sind, wodurch es zu ungewollten Regelbrüchen kommen könnte.

Abb.5. Warum ignorieren Autofahrer in Deutschland Verkehrsregeln?

Unter Stress und Zeitdruck ist die Wahrscheinlichkeit für Verkehrsverstöße am höchsten

Die Umfrage zeigt deutlich, welche Umstände Autofahrer am häufigsten dazu verleiten, Verkehrsregeln zu ignorieren. Stresssituationen spielen hierbei eine entscheidende Rolle: 53 Prozent geben an, dass sie Regeln missachten, wenn sie es eilig haben, und 42 Prozent, wenn sie gestresst sind. Zusätzlich fühlen sich mehr als ein Drittel der Befragten dazu verleitet, die Regeln zu brechen, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Insgesamt 10 Prozent der Befragten geben zu, dass Alkohol- oder Cannabis-Konsum sie dazu verleitet hat, es mit den Verkehrsregeln nicht so genau zu nehmen.

Abb.7. Was sind die häufigsten Umstände, die Verkehrsverstöße begünstigen?

BMW-Klischee adé? Die rücksichtslosesten Autofahrer besitzen einen Volvo

Drei von vier Volvo-Fahrern sagen über sich selbst aus, dass sie nicht regelmäßig Verkehrsregeln außer Acht lassen. Damit überholen sie sogar BMW- und Mercedes-Besitzer, die eigentlich dem Klischee des rücksichtslosen Fahrers entsprechen. Am rücksichtsvollsten zeigen sich Citroën-Besitzer. Bei dieser Marke gaben fast die Hälfte der Fahrer an, sich immer an Verkehrsregeln zu halten.

Abb.8. Top 10 Automarken, deren Fahrer zugeben, Verkehrsregeln zu ignorieren.

Nicht nur eine Lappalie: So teuer können Verkehrsverstöße werden

Wer beim Brechen einer Verkehrsregel erwischt wird, muss mit hohen Strafen rechnen. Die Höhe der Strafe hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wurden andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder kam es zu einem Unfall, steigen die Geldstrafen erheblich. Die folgende Tabelle zeigt die Mindestbußgelder für bestimmte Verkehrsverstöße.

Abb.9. Übersicht über die Bußgeldhöhe für verschiedene Verkehrsverstöße.

Fazit: Auch kleine Verkehrsverstöße können große Folgen haben

Zwar geht die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland seit den 1970er Jahren kontinuierlich zurück. Dies liegt aber vor allem an Entwicklungen wie der Einführung der Gurtpflicht Ende der Siebziger und an verbesserten Technologien wie besseren Airbags. Menschliches Versagen bleibt der Hauptfaktor bei Verkehrsunfällen. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Zeitdruck und Stress oft Verkehrsverstöße begünstigen. Ebenfalls stellen viele Befragte die Sinnhaftigkeit mancher Regeln offenbar in Frage. Doch selbst vermeintlich kleine Vergehen wie Falschparken können schwerwiegende Konsequenzen haben, indem die Sicht behindert wird und so Unfälle begünstigt werden.

Mit der stetig wachsenden Anzahl von Fahrzeugen auf den Straßen wird die Notwendigkeit eines respektvollen und rücksichtsvollen Verhaltens immer größer. Jeder einzelne Fahrer trägt die Verantwortung, dazu beizutragen, dass unsere Straßen sicherer werden. Besonders wichtig ist es, sich bewusst zu machen, dass auch scheinbar kleine Verstöße ernsthafte Folgen haben können. Indem wir die Regeln respektieren und uns gegenseitig achtsam begegnen, tragen wir dazu bei, Unfälle zu vermeiden und das Leben aller Verkehrsteilnehmer zu schützen.

Methodik

Ziel der Umfrage war eine Selbsteinschätzung deutscher Autofahrer in Bezug darauf zu erhalten, wie oft und wann sie Verkehrsverstöße begehen. Aus diesem Grund wurde im Auftrag von Autoscout24 durch das Marktforschungsinstitut Censuswide eine Umfrage zur Regelkonformität im Straßenverkehr durchgeführt. Die Erhebung erfolgte im Mai 2024 unter 2.002 Personen ab 18 Jahren in Deutschland und ist repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. 278 der Befragten wurden ausgeschlossen, da sie angaben, kein Auto zu fahren. Weiterhin gaben 643 befragte Personen an, sich immer an die vorgeschriebenen Regeln zu halten. Die Teilstichproben für die Bundesländer unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Größe, was bei der Interpretation zu berücksichtigen ist. Mehrfachnennung war teilweise möglich.