Dieser Tage hatten wir gleich zwei Vertreter des aktuellen MQB-evo-Baukastens aus dem Volkswagen-Konzern in der Redaktion zu Gast. Zum einen den neuen VW Golf VIII und zum anderen die hier gezeigte A3 Limousine. Als der eine ging, kam der andere an und so sind die Eindrücke noch frisch, um zumindest ein paar Vergleiche ziehen zu können. Unabhängig von der Preisdifferenz, die in der Basis knapp 6.000 Euro ausmacht, fällt auf, wie sehr Audi in den engen Plattformpfaden um Eigenständigkeit bemüht ist.
So muss im Innenraum vielfach genauer hingeschaut werden, um den Golf als Basis wiederzuerkennen. Freilich: Auch beim A3 ist der Automatikwahlhebel Geschichte. Die Lüftungsdüsen stehen platzbedingt etwas merkwürdig im Raum und Bedienflächen wurden auf das Wesentliche reduziert.
Aber halt! Nicht alle echten Schalter wurden wegrationalisiert. So findet sich weiterhin eine echte mittels Tasten zu bedienende Klimaautomatik, die Sitzheizung lässt sich per simplen Knopfdruck aktivieren und ja, sogar ein brauchbarer Lautstärkenregler hat es in die Mittelkonsole geschafft. Letzterer ist erwähnenswert, da Audi hier augenscheinlich etwas „gebastelt“ haben muss. So lässt sich über die Sensoreinheit im Durchmesser eines Zigarettenanzünders nicht nur die Musikbeschallung regeln, sondern auch die Titel weiter- und das Radio stummschalten. Weshalb ich das so feiere? Weil es einfach ist, liebe Damen und Herren in Wolfsburg.
So einfach wie die restliche Bedienung des Audis. Alles geht leicht von der Hand, der Spurhalteassistent lässt sich bei Bedarf per langem Tastendruck am Lenkstockhebel deaktivieren, fundamentale Funktionen sind selbsterklärend und auch die MMI Navigationseinheit verfügt über schnelle Reaktionszeiten.
Gänzlich verleugnen kann das MMI die MIB3-Grundlage (Modularer Informationsbaukasten 3) allerdings nicht, benötigt auch das Audi Navi nach dem Kaltstart mitunter ein bis zwei Minuten, bis alle Funktionen in vollem Umfang zur Verfügung stehen. Dann allerdings lässt es sich mit der digitalen Ansprechpartnerin gut kommunizieren. In Sachen Materialqualität gibt es in der A3 Limousine hingegen Licht und Schatten. Geschäumt ist lediglich der Kunststoff auf dem Armaturenbrett. Die Türtafeln sind selbst vorne einfach gehalten, die Mittelkonsole wirkt kratzempfindlich. Dafür stimmt die Lederqualität des optionalen Feinnappa-Gestühls, Lenkrad und Zierelemente sind hochwertig ausgeführt und passen aufs Äußerste genau.
Gerne dürft ihr an dieser Stelle raten, was der hier gezeigte Testwagen kostet. 45.000 Euro? Wäre teuer, aber da geht noch was. 50.000 Euro? Ebenfalls zu wenig. Am Ende kumuliert das beigelegte Datenblatt 57.540,02 Euro (inkl. 16% MwSt.). Zwar ist bekannt, dass Audi bei der Bepreisung seiner Fahrzeuge (wie auch Mercedes und BMW) keine Schmerzen zu kennen scheint, doch sind beinahe 60.000 Euro für eine Kompaktlimousine eine heftige Ansage.
Wie also rechtfertigen die Audianer jenes Preisgebaren? Ansatzweise damit, dass die A3 Limousine eigentlich schon im A4-Rivier wildert. Zumindest ist sie mittlerweile so lang und innen definitiv luftiger als eine A4 Limousine (Typ B5) anno 1994. Der Fahrkomfort, bedingt durch das optionale Adaptivfahrwerk, ist nochmals besser als beim Vorgänger und bügelt Unebenheiten auf der Straße derart feinfühlig aus, dass man sich mindestens eine Wagenklasse höher wähnt. In Verbindung mit der eingesetzten Progressivlenkung ergibt sich so ein insgesamt sehr sportives Fahrverhalten, das sich per Audi drive select weiter verfeinern lässt. Unterm Strich dürfte das Volant aber weiterhin mehr Rückmeldung vertragen.
Dafür sind Antriebseinflüsse in der Lenkung kaum zu vernehmen, obwohl die 110 kW/150 PS und 360 Newtonmeter Drehmoment des 35 TDI gerne um Traktion ringen (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 4,0-3,8 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 106-101 g/km²). Allradantrieb wird beim neuen A3 (8Y) voraussichtlich gegen Ende des Jahres nachgeliefert, bei den S- und RS-Varianten bleibt dieser auch weiterhin obligatorisch. Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe S tronic arbeitet derweil frei von Fehl und Tadel, ist in der A3 Limousine kaum wahrzunehmen und rückt sich einzig in der manuellen Schaltgasse in den Vordergrund. Der Druckpunkt der Bremsen ist satt, dementsprechend schnell und sicher lässt sich der Ingolstädter wieder zum Stehen bringen.
Etwas intensiver vorgestellt sollte indes der zwei Liter Vierzylinder-Diesel werden. Denn wer weiß schon, wie lange die Kompaktklasse innerhalb des VW-Konzerns noch mit Selbstzünder vorfährt? Der Wegfall würde in jedem Fall schmerzen, ist „EA288evo“ doch ein solides Stück Motorentechnik. Nach dem Kaltstart geht der Common Rail-Diesel zwar durchaus rauer zu Werke, wird mit zunehmender Temperatur aber ruhiger. Die 150 PS beschleunigen die A3 Limousine in gut 8,4 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, bei 224 km/h ist Schluss. Anders als bei den großen 3,0-Liter-Triebwerken von A4 bis Q8, darf der kleine Diesel aber noch ab 1.600 Touren sein volles Drehmoment auf die Straße bringen. Das Turboloch fällt subjektiv gering aus, das Ansprechverhalten gefällt. Ob und wann ein stärkerer Diesel nachgereicht wird, ist derzeit offen.
Weniger tief in die Glaskugel muss geblickt werden, wenn es um den Kraftstoffverbrauch geht. 6,5 Liter Diesel auf 100 Kilometer erzielte ich im Schnitt (laut Bordcomputer) innerhalb einer Testwoche. Der niedrigste Schnitt lag bei knapp unter fünf Liter, wohingegen meine persönliche Verbrauchsspitze um acht Liter auf 100 Kilometer lag. Werte, die für sich genommen in Ordnung gehen, allerdings keinen Quantensprung darstellen. Bereits die Vorgängermodelle brauchten kaum mehr Kraftstoff und so ist es zum Teil der neuen Abgasnorm Euro 6 und damit einhergehend immer aufwändigeren Abgasreinigungssystemen geschuldet, dass eine merkliche Verbrauchsreduzierung für den Endkunden ausbleibt.
Platztechnisch war die A3 Limousine dagegen immer schon etwas für Genießer, die nicht unbedingt mit Kind und Kegel unterwegs sind. Gleicht der Raum in der ersten Reihe noch jenem aus dem A3 Sportback, sorgt die früh abfallende Dachlinie in der zweiten Sitzreihe für eingezogene Köpfe – gerade für größer gewachsene. Der Kofferraum fasst immerzu 425 Liter, die Rücksitzbank lässt sich umklappen, wobei keine ebene Ladefläche entsteht.
Der Audi A3 markiert auch weiterhin das obere Ende der Kompaktklasse im VW-Konzern. Die Bedienung wirkt durchdacht, die Assistenten arbeiten ordentlich und auch bei der Qualität bleibt Ingolstadt vorn. Der zwei Liter Vierzylinder im 35 TDI mit 150 PS ist nach wie vor die erste Wahl für Langstreckenfahrer, ist ausreichend stark und genügsam im Verbrauch. Fahrdynamisch setzt der A3 Akzente und positioniert sich vor allem durch das gut arbeitende Adaptivfahrwerk mindestens eine Wagenbreite über dem aktuellen 1er BMW. Größter Kritikpunkt: Für einen Kompaktwagen ist der Audi A3 zu teuer. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)