Der verteilt die Kraft nicht mehr permanent auf alle Räder, ist aber permanent verfügbar. Wie das System funktioniert, haben wir uns gemeinsam mit den Audi-Ingenieuren ganz genau angeschaut. Nicht ohne Stolz betonte Audi über Generationen von Quattro-Fahrzeugen hinweg, dass ihr Allradantrieb immer im Einsatz ist, lediglich die Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse passt die Elektronik bedarfsgerecht an. Dass eine der beiden Achsen gar nicht mit Drehmoment beliefert wird, gab es nicht. Der neue Ultra Quattro macht jetzt aber genau das: Ist der A4 Allroad auf trockenen Straßen unterwegs und übertreibt es der Fahrer nicht, treiben ihn lediglich die Vorderräder an.
Die Hinterachse ist aber immer in Habachtstellung. Etwas mehr Leistungsabfrage, eine flott gefahrene Kurve oder nur geringster Traktionsverlust auf rutschigen Straßen reicht, schon gehen bis zu 50 Prozent des Drehmoments wieder ans Heck. Das Zuschalten dauert gut 250 Millisekunden, allerdings geht Audi selbstbewusst davon aus, schon rund 500 Millisekunden im Voraus erahnen zu können, dass der Allradantrieb gleich gefragt ist. Dafür werden sowohl zahlreiche Sensordaten analysiert, aber auch das Fahrverhalten des Lenkers.
Dass das funktioniert, hat der A4 bei unserer ersten Testfahrt unter Beweis gestellt. Nicht mal ansatzweise hat der Mittelklässler mit den Vorderrädern gescharrt, egal ob wir an der Ampel einen Kavalierstart hingelegt oder kraftvoll aus der Kurve hinaus beschleunigt haben. Klar, wer es drauf anlegt, wird den Audi in Extremsituationen für einen kurzen Moment in die Bredouille bringen können - im Alltag aber steht der neue Ultra Quattro dem bisherigen Allrad in nichts nach.
Warum aber haben die Ingenieure überhaupt ein neues System entwickelt? Aus der gleichen Motivation heraus, die inzwischen fast alle Neuerungen an den Tag bringt: Weniger Verbrauch. Die neue Technik hat das Potenzial, den Durst des Motors deutlich zu zügeln. Der Zweiradmodus allein reicht dafür aber noch nicht. „Manche Mitbewerber versprechen einen niedrigeren Verbrauch, wenn der Allrad nur bei Bedarf zugeschaltet wird“, erklärt Dr. Rolf Kronstorfer, Entwicklungsleiter für die Allrad-Systeme bei Audi, „um wirklich zu sparen, muss man noch einen Schritt weiter gehen.“ Denn: Öffnet man lediglich die Lamellenkupplung, über die die Kraft nach hinten geschickt wird, dreht sich die Technik nach wie vor weiter. Den Antrieb übernehmen dann quasi die Hinterräder, die Kraft dafür muss aber trotzdem der Motor erarbeiten. Nur durch eine zweite Krallenkupplung im Hinterachsdifferenzial gelingt es Audi, alle nicht benötigten Allrad-Bauteile abzukoppeln. Und erst wenn das große Tellerrad im Differenzial still steht, sinkt der Energieverbrauch wirklich.
Im Durchschnitt sind es 0,3 Liter Treibstoff, die der Neue gegenüber dem alten Allradantrieb pro 100 Kilometer einspart. Wer aber zum Beispiel viel auf der Autobahn fährt, hat gute Chancen, noch mehr zu sparen – dort wird der Vierradantrieb nur sehr selten benötigt. Aber auch auf unserer Überlandrunde kamen wir bei gemäßigter Fahrt nahezu komplett mit dem Frontantrieb aus: Satte 97 Prozent unserer Strecke konnten wir im 2WD-Modus zurücklegen. Schade eigentlich, dass diese Auswertung nur die Audi-Ingenieure in den Testfahrzeugen machen können, der Kunde selbst kriegt überhaupt nicht mit, wann und wie oft er mit Allrad unterwegs ist.
Wenn der A4 Allroad im Sommer 2016 für mindestens 44.750 Euro zum Händler rollt, ist der Ultra Quattro nur zusammen mit dem einzigen Benziner, dem 252 PS starken 2.0 TFSI zu haben. Die fünf Diesel, drei Zweiliter-Vierzylinder mit 150 bis 190 PS und zwei 3.0-TDI-V6 mit 218 und 272 PS, werden aber bis Ende des Jahres umgerüstet. Danach wird die Technik sukzessive in alle Audi-Modelle mit längseingebautem Motor und Handschaltung oder Doppelkupplungsgetriebe eingebaut, nur die Automatikvarianten bleiben vorerst beim bisherigen System.
Der neue Allradantrieb ist sicher die wichtigste Neuerung des A4 Allroad, aber nicht die einzige: Neben 34 Millimetern mehr Bodenfreiheit gegenüber dem normalen Avant bringt der Kombi im Freizeitlook auch noch einen Offroad-Modus mit, der alle Systeme auf den Ausflug ins zumindest leichte Gelände vorbereitet. Außerdem stehen erstmals auch im Allroad adaptive Dämpfer zur Verfügung, die das Gehoppel über Stock und Stein etwas rückenschonender gestalten sollen. Was bei den gewohnt komfortablen Audi-Sitzen aber nicht wirklich nötig ist. Praktisch ist dagegen ein neuer Anhängerassistent: Wer sich schon immer schwer tat, mit Wohnwagen oder Pferd am Haken rückwärts zu fahren, kann jetzt ganz einfach die Richtung vorwählen, und die Technik bringt das Gespann automatisch auf den richtigen Weg.
- Technische Daten
Fünfsitziger Kombi, Länge: 4,75 Meter, Breite: 1,84 Meter, Höhe: 1,49 Meter, Radstand: 2,82 Meter, Kofferraumvolumen: 505–1.510 Liter
Antrieb:
2.0 TDI, 140 kW/190 PS, maximales Drehmoment: 400 Nm bei 1.750–3.000 U/min, 0-100 km/h: 7,8 s, Vmax: 220 km/h, Durchschnittsverbrauch: 4,9 Liter, CO2-Ausstoß: 128 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: k. A., Preis: k. A.
3.0 TDI, 200 kW/272 PS, maximales Drehmoment: 600 Nm bei 1.500–3.000 U/min, 0-100 km/h: 5,5 s, Vmax: 250 km/h, Durchschnittsverbrauch: 5,3 Liter, CO2-Ausstoß: 139 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: A, Preis: ab 54.400 Euro
2.0 TFSI, 185 kW/252 PS, maximales Drehmoment: 370 Nm bei 1.600–4.500 U/min, 0-100 km/h: 6,1 s, Vmax: 246 km/h, Durchschnittsverbrauch: 6,4 Liter, CO2-Ausstoß: 147 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: k. A.., Preis: k. A.