Er wirkt auf der Presseveranstaltung am Münchner Flughafen etwas verloren. Der letzte gebaute Audi A8 D2 W12 aus der Sammlung der Audi Tradition. Nur 2.222 Kilometer zieren seinen Tacho, das Leder hat keine einzige Falte, das Wurzelholzdekor ist mindestens so aufpoliert wie die Aluminiumhülle und obwohl er unübersehbar im Durchgangsbereich ausgestellt wurde, verirren sich nur wenige Blicke in seine Richtung. Ein Zustand, wie ihn Audi wohl auch dieser Tage kennen wird, wenn es um die Vermarktung des mindestens 97.800 Euro teuren A8 in der Generation D5 geht.
Hierzulande spielt die Oberklasse-Limousine kaum mehr eine Rolle, was sich auch am exklusiven Sondermodell Horch erkennen lässt. Es kommt einzig in China auf den Markt, weder in Russland noch im Nahen Osten und schon gar nicht in den USA. Der „Vorsprung durch Technik“, er scheint in den letzten Jahren kleiner geworden zu sein. Einstige Alleinstellungsmerkmale, wie der Allradantrieb, sind auch bei den Mitbewerbern keine Besonderheit mehr, was Verarbeitungsqualität und Materialanmutung angeht hat man ebenfalls spürbar zu den Ingolstädtern aufgeschlossen.
Wie also gegen jenen Trend der Gleichheit ansteuern? Ganz einfach: Audi positioniert den A8 (mehr oder minder ungewollt) als Limousine für den Selbstfahrer, ungefähr so wie bei seinem Debüt vor gut 28 Jahren. S-Klasse und 7er können in mancher Lebenslage komfortabler, fahrdynamisch überlegen ist jedoch nur der Plattform-Bruder Porsche Panamera. Von ihm erbt der hier gefahrene Audi A8 60 TFSI quattro (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 10,8-10,7 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 247–245 g/km)² weiterhin den V8-Biturbo, der als Resultat aus der Zusammenarbeit zwischen Ingolstadt und Zuffenhausen in zahlreichen Konzernmodellen arbeitet.
460 PS und 660 Newtonmeter Drehmoment aus vier Liter Hubraum laden auch nach dem Facelift zu illustren Fahreinlagen ein, beschleunigen die 2,1 Tonnen schwere Fuhre in 4,4 Sekunden auf 100 km/h und auf eine Höchstgeschwindigkeit von 250 Stundenkilometer. Mit schwungvoller Fahrweise pendelte sich der Testverbrauch während erster Ausfahrten im bayerischen Umland auf gut 11,5 Liter je 100 Kilometer ein. Das Fahrwerk derweil bleibt selbst mit den optionalen Aktivdämpfern eine durchwegs straffe Angelegenheit, eine Sänfte wird aus dem Audi A8 in dieser Generation keine mehr.
Hier hat auch die Modellpflege am D5 nichts verändert und wer gerne über die Straßen schweben möchte, der schielt besser zur Konkurrenz aus Sindelfingen. Die Lenkung arbeitet weiterhin ausreichend rückmeldungsstark, die 8-Gang-Automatik schaltet fein verschliffen und die starken Bremsen verfügen über einen sehr guten Druckpunkt. So weit, so bekannt. Doch wo liegen jetzt die Unterschiede im Vergleich zum Vorfacelift? Der Kühlergrill wurde dank serienmäßiger Wabenoptik und etwas mehr Chrom-Lametta noch markanter gezeichnet, in drei Arten individualisierbare OLED-Rückleuchten zieren das Heck und erstmals gibt es ein S-Line-Exterieurpaket zu bestellen.
Ob es nun der Auffahrassistent ist, der den rückwärtigen Verkehr vor einem zu geringen Abstand warnt, oder die neuen Mattlackierungen sind, die den entscheidenden Unterschied zum bisherigen A8 bringen, kann bezweifelt werden. Im Innenraum geht es währenddessen bekannt luxuriös zu, die Verarbeitungsqualität ist wie gewohnt auf einem sehr hohen Niveau und auch die Bedienung des MMI-Interface gibt keine Rätsel auf. Weiterhin an Bord sind in der Summe bis zu 40 Assistenten, die, je nach Sichtweise, das Leben des Fahrers erleichtern oder erschweren. Sitzposition und Platzangebot sind der Oberklasse würdig, so auch die Außenabmessungen von 5,19 Meter in der Länge und 1,95 Meter in der Breite. Die ebenfalls verfügbare Langversion verlängert den Radstand derweil um zusätzliche 13 Zentimeter.
Das 2022er Facelift des Audi A8 schärft die Ingolstädter Oberklasse-Limousine dezent nach, liefert aber keine grundlegend neuen Erkenntnisse. Der sonor klingende 460 PS starke V8-Biturbo im 60 TFSI quattro (Preis ab 120.500 Euro) bildet indes den besten Kompromiss aus Sportlichkeit und Understatement, die straffe Fahrwerksabstimmung bleibt eher auf den Selbstfahrer abgestimmt. Wer den aktuellen A8 bereits als Vorfacelift-Modell fährt, braucht anhand nur weniger Änderungen somit nicht zu fürchten, dass sein Flaggschiff allzu schnell zum alten Eisen zählt. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber | Weitere Bilder: Hersteller)