Es gibt Kollegen, die sagen dem Audi Q8 eine gewisse Ästhetik nach. Er sei nicht so aufdringlich wie ein Q7, beinahe schon ein größerer Kombi. Das zumindest konnte man vor ein paar Jahren in einem österreichischen Automagazin lesen. Solch Definition liegt freilich im Auge des Betrachters, aber irgendwie kommt mir gerade im Zusammenhang mit „Drachenorange metallic“ kaum das Wort ästhetisch über die Lippen. Auch der Q8 ist mit knapp fünf Meter Länge und zwei Meter Breite eine formatfüllende Erscheinung auf unseren Straßen.
Ob die fehlenden vier Zentimeter in der Höhe nun den grazilen Unterschied zum Q7 bringen, darf höchst angezweifelt werden. Aber sie verkaufen sich ganz prächtig, die SUV-Coupés. BMW X6, Porsche Cayenne oder Mercedes GLE erfreuen sich samt schrägem Dach schließlich ebenfalls einer großen Beliebtheit und im Münchner oder Frankfurter Frühverkehr darf eine Parade jener Modelle freilich nicht fehlen. Aber genug Sozialkritik. Denn man kann den einen der anderen schon verstehen, der sich aus Platz- und Komfortgründen für einen Q8 entscheidet.
Hoch oben in den bequemen Ledersessel gelümmelt, thronst du über den Dingen, erfreust dich an einer großartigen Premium-Audioanlage von Bang & Olufsen (1.150 Euro), lässt dir den Podex massieren (1.550 Euro plus nötiger Zusatzausstattung) und dich bei 35 Grad Außentemperatur angenehm herunterkühlen. Sollen sie sich doch auf dem Lastenrad neben dir abstrampeln, der bessere Platz ist da schon im Audi. So luftig wie vorne sitzt es sich auch hinten, mit erstaunlich viel Bein- und Kopfraum, einer eigenen Steuerung für die Klimaanlage (800 Euro) und elektrischen Sonnenrollos (600 Euro), die eigentlich keine Rollos mehr sind. Gefedert wird im Pressetestwagen freilich mittels Luftbalge – man gönnt sich ja sonst nichts.
Die Basisvariante des Q8 fährt indes mit Stahlfedern vor, der Aufpreis zur empfehlenswerten Adaptive Air Suspension geht mit gerade einmal 950 Euro aber beinahe schon als Sonderangebot durch. Trotz üppig dimensionierter 22 Zöller bietet der Ingolstädter einen sagenhaften Fahrkomfort, der komplettiert wird durch die optionale Allradlenkung (1.150 Euro), die ihre Vorzüge insbesondere in Parkhäusern zur Geltung bringt. Dass trotz rahmenloser Scheiben recht wenig von der Außenwelt ins Innere dringt, liegt vor allem an der Akustikverglasung (500 Euro), etwas Geldeintreiber-Charme liefert derweil optional die Abdunklung der zweiten Sitzreihe.
Bisher sieht es also ganz gut aus für den Audi Q8, oder? Deutlich leiden muss die weiße Weste, wenn wir auf den Antrieb zu sprechen kommen. Galt Ingolstadt einst als das Kompetenz- und später wohl oder übel als Epizentrum der deutschen Dieselentwicklung, scheint man in Oberbayern die Lust am Selbstzünder endgültig verloren zu haben. Anders ist es kaum zu erklären, weshalb sie bei Audi nach zahllosen Schmähkritiken nichts an der Anfahrschwäche des Dreiliterdiesels geändert haben. Gerne redet man sich heraus, die erhöhten Anforderung an das Euro-6-Abgasmanagement seien schuld. Doch warum funktioniert es bei anderen Herstellern auch ohne Gedenksekunde?
286 PS und 600 Newtonmeter Drehmoment (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 7,3-7,1 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 193-187 g/km)² fühlen sich unterhalb von 2.500 Touren nach einem lauen Lüftchen an, um dann beinahe unkontrolliert nach vorne zu stürmen. In Zeiten, in denen auch im Q8 per aufwändiger 48-Volt-Technik unterstützt wird, muss diese Zugeschnürtheit sicherlich nicht sein, wobei die unbefriedigende Motorcharakteristik durch eine nervöse Automatik nach unten abgerundet wird. Für einen Grundpreis von stolzen 81.400 Euro für das Modell 50 TDI quattro darf betont mehr Antriebsfreude vorausgesetzt werden, oder man wendet sich eben direkt dem gleichstarken und auf wenige Euro gleichteuren BMW X6 30d zu (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 7,7-6,6 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 201-172 g/km)².
Umso schmerzlicher wird das verhunzte Antriebskapitel auf der gewundenen Landstraße, die den fahraktiven Charakter des Audi Q8 zum Vorschein bringt. Nick- und Rollbewegeungen halten sich auch ohne aktivem Wankausgleich in Grenzen, in der Sportstellung spannt der Bolide dank serienmäßiger adaptiver Dämpfer merklich die Muskeln an und lässt sich auch anhand der direkten Lenkung angenehm flugs in die nächste Biegung drapieren. Wäre dann am Kurvenscheitel nicht wieder das Thema der merklichen Anfahrschwäche. Wenn also schon nicht vor dem Diesel, so muss man den bildlichen Hut immerhin vor dem Innenraum ziehen. Das Leder, wenngleich am Fahrersitz von eher knarzender Natur, sieht betont hochwertig aus, die Bedienelemente schmeicheln den Händen und auch das Auge kann kaum von den hochauflösenden Anzeigen lassen.
Seit BMW dem Dreh-/Drücksteller des iDrive leise Lebewohl sagt, rückt Audi in der Bediendisziplin, ohne eigenes Zutun, wieder spürbar an die Münchner heran. Das MMI plus-System lässt sich teils deutlich intuitiver handhaben, wirkt weniger überladen und punktet auf den Touchflächen durch ein sattes, haptisches Feedback. Dass Apple CarPlay und Android Auto kabellos funktionieren, gehört mittlerweile zum guten Ton. Audi lässt sich das Smartphone-Interface aber dennoch weiterhin für 275 Euro bezahlen.
Abschließend noch ein Blick auf die praktischen Qualitäten des Q8. Das durchaus gut nutzbare Kofferraumvolumen des SUV-Coupé beträgt 605 Liter bei aufgestellter und bis zu 1.755 Liter bei umgelegter Rücksitzbank. Der 286 PS starke Diesel darf wahlweise bis zu 3,5 Tonnen an den Haken nehmen.
Sehr komfortabel, perfekt verarbeitet, gut zu bedienen und äußerst leise. Der Audi Q8 50 TDI quattro lässt sich betont vollmundig beschreiben, schwächelt allerdings massiv im Antriebskapitel. Der untenrum zugeschnürte Dreiliterdiesel passt nicht zum fahraktiven Charakter des Ingolstädters und schon gar nicht zu dessen Preisschild. Alternativen im Motorenprogramm gibt es aber dennoch kaum. Der V6-Benziner ist deutlich durstiger, der Plug-in Hybrid derzeit nicht verfügbar und die brachialen Sport-Modelle viel zu teuer. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)
*Herstellerangaben