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Zehn ist Trumpf: Test Audi R8 Spyder V10 performance

Ungefilterte Fahrfreude zu erleben, das ist im Hier und Jetzt gar nicht mehr so einfach. Motoren sind meist turbogeladen, Ottopartikelfilter klauen den Klang und Hubräume sinken auf das Niveau einer angetrunkenen Maß Bier. Und dann kommt Audi um die Ecke und legt beim R8 noch einmal 10 PS nach.

620 PS leistet die performance-Variante des Ingolstädter Sportwagen nunmehr und wird weiterhin angetrieben von einem nahezu unverfälschten Zehnzylinder-Sauger mit 5,2 Liter Hubraum. Ok, Ottopartikelfilter muss auch der R8 mittlerweile mit sich führen. Es tönt aber weiterhin recht ordentlich aus den mehr als faustdicken Endrohren.

Teuerster Serien-Audi aller Zeiten

Wahre Klangfetischisten haben zudem die Option auf den hier gefahrenen Audi R8 Spyder V10 performance. Die Stoffhaube effektvoll beiseite geklappt sowie den großvolumigen Antrieb über 3.500 Touren gedreht und man erhält ein Sounderlebnis alter Schule. Der R8 Spyder als 620 PS starke performance-Variante ist (neben dem limitierten R8 V10 Decennium) gleichzeitig das teuerste Serienmodell der Bayern. Mindestens 213.000 Euro lasten schwer auf den Aluminium- und Carbon-Schultern des böse dreinblickenden Sportlers, der damit auf dem Niveau von Porsche 911 Turbo S Cabriolet und in Sichtweite zum Lamborghini Huracán Performante Spyder rangiert.

Audi-R8-Front-Rear

Selbstbewusst, aber nicht eingebildet

Beide Autos, die ebenfalls aus den Reihen des VW-Konzerns stammen, sind gleichzeitig ein gutes Beispiel dafür, wie man den nachgeschärften Audi R8 auch optisch einzuordnen hat. Kommt der Elfer naturgemäß eher brav um die Kurve geschossen und trägt der R8-Zwilling Huracán stets viel zu dick auf, liegt der Audi bei der äußeren Erscheinung genau dazwischen. Die Seitenlinie wirkt durch das Spyder-Verdeck eher klassisch und spätestens im Heckbereich hinterlässt der R8 einen bleibenden, aber nicht zu übertriebenen Eindruck. Diffusor und Endrohre bilden eine geschlossene Einheit, darüber verläuft ein großes Wabengitter welches den Blick auf die Abgasführung dahinter freigibt. Nach oben findet das Heck sein Ende in LED-Rückleuchten samt den mittlerweile markentypischen Dynamikblinkern.

Audi-R8-Front-Side

Audi R8 mit Platzproblem

Die Frontansicht ist hingegen auf maximalen Rabatz aus. Grimmig blickt einen der Audi R8 an, zum Angriff bereit und optional mit weitblickendem Laserlicht bestückt. Perfektion auch im Innenraum. Tief und leider auch beengt sitzen Fahrer- und Beifahrer in der kampfjetartigen Kanzel (ab 1,90 Meter Körpergröße wird es endgültig unbequem), das gesamte Interieur hin zum Piloten ausgerichtet. Audis hochaufgelöstes Virtual Cockpit ersetzt dabei den herkömmlichen MMI-Bildschirm, was bedeutet, dass Mitfahrer medial nicht in die Röhre, sondern aufs belederte Armaturenbrett starren. Doch ob der Audi R8 Spyder V10 performance ein Auto für Egomanen ist – darum soll es hier nicht gehen. Vielmehr drücken wir endlich den feuerroten Startknopf am Lenkrad und erwecken die 620 PS effektvoll zum Leben.

Audi-R8-Steering

Zehnzylinder der Superlative

Tief grummelnd verharrt der V10 Saugmotor zunächst im Leerlauf, behutsam geht es die ersten Meter aus der Tiefgarage. Auf dem Weg zur Autobahn lassen wir dem Aggregat Zeit sich warmzulaufen, bis wir auf der leeren Asphaltpiste das weiße Verkehrszeichen mit den fünf diagonalen Streifen erblicken. Ähnlich wie beim McLaren 720S Spider, ist man bereits auf der Autobahnauffahrt schon viel zu schnell für den fließenden Verkehr. 3,2 Sekunden benötigt der stärkste R8 als Cabrio auf Tempo 100, Ende ist erst bei 329 km/h. Entwickelt der V10 seine Kraft unterhalb von 4.000 Touren eher gemächlich, klebt der Hinterkopf spätestens ab 6.000 U/min am enganliegenden und sehr bequemen Sportgestühl. Wie direkt, brachial und nachdrücklich das 5,2-Liter-Herz den Wagen nach vorne katapultiert ist eine wahre Pracht.

Audi-R8-Front-V10

R8 Spyder kann auch komfortabel

Seine Maximalleistung erreicht der Motor übrigens erst bei Drehzahlstand 8.000 und auch das Drehmoment von 580 Nm liegt erst ab 6.600 U/min an. Die ziemlich perfekt schaltende 7-Gang-S-tronic hilft dabei, dass der Audi R8 Spyder V10 performance nie sehr lange im untertourigen Bereich herumschleicht. Außer, man will es so. Denn eine Qualität des Audi R8 war und ist es, dass er im Fall der Fälle durchaus bequem zu bewegen ist. Belässt man Audis (aufpreispflichtiges) magnetic ride Fahrwerk in comfort-Mode, fehlt nicht viel zum Fahrkomfort von Audi A4 oder Audi A6. Kein Klappern, kein Poltern stört dann die Ruhe und auch der Zehnzylinder kann sich bei Bedarf in Zurückhaltung üben.

Audi-R8-Seat

Lenkung nicht immer perfekt

Wir verlassen die Autobahn und biegen ab auf kurvige Alpenstraßen. Hier ist neben ordentlich Power auch eine feine Lenkung gefragt. Ein Knackpunkt bei vielen modernen Audis und auch der aktuelle R8 hinterlässt hier einen gespaltenen Eindruck. Die gleichermaßen optionale Dynamiklenkung wirkt im normalen Verkehr bestens austariert, um in schnellen Kurven viel an Rückmeldung einzubüßen. Sie könnte gewichtiger ausfallen und benötigt innerhalb der Biegung öfters leichte Korrekturen.

Audi-R8-Detail

Heckbetonter quattro-Antrieb

Typisch Mittelmotor-Sportwagen, ist am Volant ein durchaus geübtes Händchen gefragt, um wirklich schnell unterwegs zu sein. Denn mit den aufgezogenen Michelin Pilot Sport 4 S im 20-Zoll-Format wird das Heck des R8 Spyder, trotz aktivierter Fahrhilfen, öfters ein wenig leichter. Richtig Action kommt im aktivierten performance-Mode auf. Hier zwischen dry, wet und snow entschieden und das Auto legt eine Dynamik an den Tag, die man einem Allrad-Sportwagen aus Ingolstadt beziehungsweise Neckarsulm noch vor einigen Jahren kaum zugetraut hätte. Die Vorurteile vom stark untersteuernden quattro-Antrieb sollten damit auch bei den letzten Zweiflern endlich aus den Gehirnwindungen verschwinden.

Audi-R8-Side

Ziemlich schwer und ziemlich durstig

Bleibt das Thema Gewicht. Mit mindestens 1.770 Kilogramm Leergewicht zählt der Audi R8 Spyder V10 performance zu den Schwereren seiner Preis- und Leistungsklasse. Dies merkt man in erster Linie vor der nächsten Haarnadel, wenn die serienmäßige Keramikbremse ordentlich zupacken muss. Das schafft sie mit großer Bravour und verfügt gleichzeitig über einen alltagstauglichen Bremspunkt, ohne dass man allzu viel Kraft aufwenden muss. Ein Haken bleibt: Die Keramik quietscht wie ein vollbeladener Güterzug. In Sachen Spritverbrauch darf man am Ende keine großen Wunder erwarten. Kraft kommt von Kraftstoff und da 620 PS aus 5,2 Liter Hubraum eine Menge sind, können 16,0 Liter Super Plus als realistisch angesehen werden. Erfreulich ist da nur das Tankvolumen von üppig bemessenen 80 Liter.

Audi-R8-Virtual-Cockpit

Fazit

Der Audi R8 Spyder V10 performance ist das derzeit wohl italienischste Auto aus deutscher Produktion. Der tolle Motor, das ausgewogene Fahrverhalten und der optische Auftritt erinnern an Fahrzeuge aus Sant'Agata Bolognese oder Maranello. Auch das Preisschild lässt auf eine solch südländische Herkunft schließen und die ab und an fummelige Bedienung einzig über das Virtual Cockpit sowieso. Doch spätestens wenn man sieht, mit welcher Detailliebe der Innenraum verarbeitet ist, gibt es keinen Zweifel, dass man hier in einem Sport-Audi sitzt. Der R8 V10 ist nicht nur ein Performance-Künstler, er spricht zugleich unsere emotionale, unsere faszinierte Seite an. In der heutigen Automobilwelt sicherlich keine Selbstverständlichkeit. (Text und Bild: tv)

Technische Daten*

  • Modell: Audi R8 Spyder V10 performance quattro
  • Motor: Zehnzylinder-V, Sauger, 5.204 ccm
  • Leistung: 620 PS (456 kW) bei 8.000 U/min
  • Drehmoment: 580 Nm bei 6.600 U/min
  • Antrieb: Allrad, 7-Gang-S-tronic
  • Verbrauch: kombiniert 13,5 - 13,3 l SP/100 km
  • CO2-Emission: kombiniert 306 - 301 g/km
  • Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 3,2 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 329 km/h
  • Abmessungen (L/B/H): 4,43 m/ 1,94 m/ 1,24 m
  • Gewicht DIN: 1.770 Kg
  • Grundpreis: 213.000 Euro

*Herstellerangaben

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