Fahrbericht Audi TT RS iconic edition: Der Anti-Audi

Der Audi TT RS iconic edition auf einen Blick

Mit dem Audi TT RS zurück in die 1980er-Jahre

Der ein oder andere Leser dieser Zeilen wird sie noch kennen: die “Roaring 80s”, die brüllenden 80er. Gemeint ist nicht etwa der Wirtschaftsboom in Schweden, der bei Eingabe des Suchbegriffs ganz oben in der Google-Suche auftaucht, sondern eher das, was sich in den 1980ern in der Gruppe B der Rallye-Weltmeisterschaft abspielte. Hannu Mikkola, Stig Blomqvist, Michèle Mouton und natürlich Walter Röhrl - sie alle waren zeitweise bei Audi unter Vertrag, fuhren schnelle (und vor allem laute) Fünfzylinder-Quattro-Coupés zum Sieg und verhalfen den Ingolstädtern einen Imagewechsel einzuleiten.

Und genau in diesen Roaring 80s entstanden die ersten Straßenlegenden, von denen ein Audi TT RS auch heute noch zehrt. Unvergessen ist der kurze Sport Quattro und natürlich das Audi S2 Coupé, dessen 220 PS reichten, um vielen Porsche der damaligen Zeit den Rang abzulaufen. Neben dem charakterstarken Fünfzylinder-Turbomotor teilt sich so ein TT RS aber mittlerweile eine weitere Gemeinsamkeit mit seinen Urahnen: Er ist nicht mehr erhältlich. Ausverkauft, ohne Hoffnung auf Fortsetzung. Denn Audi vollzieht aktuell einen neuen Imagewechsel. Hin zur Elektroauto-Marke. Ein Fünfzylinder ist da nicht mehr Teil des Plans, auch wenn er in Form des nahenden A3-Facelifts wohl noch eine allerletzte Gnadenfrist im RS 3 erhalten wird (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 9,5-9,0 l/100 km; CO2-Emissinen kombiniert: 216-205 g/km)². Auch ihn wird es wohl in einer Abschiedsvariante geben, ähnlich der hier gefahrenen iconic edition.

Die iconic edition bringt zwar mehr Optik, aber nicht mehr Leistung

Um es vorwegzunehmen: Eben jenes limitierte Modell des Audi TT RS bekam nicht mehr Leistung als die bekannten 400 PS und 480 Nm spendiert. Er fährt demnach auch nicht schneller (null auf 100 km/h in 3,7 s), nicht besser, erhielt lediglich ein optisches Feintuning verpasst. Innen und außen gibt es etwas anderen Zierrat, der XXL-Carbon-Spoiler regt zu verzichtbaren Unterhaltungen an der Tankstelle an und die Flics am Vorderwagen hätten sie dir beim TÜV vor ein paar Jahren noch freudig vom Fahrzeug gerissen. Und das alles zu einem Testwagengesamtpreis von 110.515 Euro. Audi spielt hier ganz offensichtlich bestens auf der Klaviatur von Porsche, die es schon seit Jahren verstehen, aus einem ziemlich normalen 911, Kraft der Marketingabteilung, ein vermeintliches Sammlerobjekt zu machen.

Dieser Umstand wird den 100 Käuferinnen und Käufern der besagten iconic edition herzlich egal sein. Sie wetten schließlich auf eine wachsende Garagen-Rendite. Aus dem Fokus gerät dabei, dass sich hinter dem dicken Preisschild, unter dem ausnahmslos nardograuen Blechkleid weiterhin ein reinrassiger Straßensportler befindet. Wenn man so will der in Stahl und Aluminium gegossene Anti-Audi. Laut, ungestüm, durstig, wenig gebend auf irgendwelche modernen Konventionen. Irgendwo jenseits der 4.000 Umdrehungen pro Minute fängt es an, da packen dich die besagten Roaring 80s.

Mitreißender Fünfzylinder, feinsehnige Lenkung

Dank der RS-Sportabgasanlage plärren dich fünf Zylinder in ziemlich martialischer Weise an, das 7-Gang-S-tronic-Getriebe gibt dir freudig einen Gang nach dem anderen herein und dann diese feinsehnige Lenkung - einfach nur herrlich. Du merkst bei jedem gefahrenen Kilometer, dass der Audi TT RS auch noch zu den eher weniger beleibten Sportwagen unserer Zeit zählt. Klar, im Vergleich zu einem Subaru BRZ (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 13,3-13,0 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 217-201 g/km)² wirken fahrfertige 1.600 Kilogramm beinahe adipös, doch haut dir der Japaner bei 5.850 Touren auch keine 400 PS um die Ohren. Selbstverständlich wird die Leistung per Haldex-Quattro an alle vier Räder übertragen und auch wenn die Torsen-Allrad-Fangemeinde hier stets die Nase rümpfte, das System funktioniert und legte mit der letzten Evolutionsstufe auch zum größten Teil die vielfach bemängelte Frontlastigkeit ab.

Es ist schon eine Schau, wie der TT RS durch Kurven pfeffert und sich dabei nicht durch seine grundsätzlich unsportliche Gewichtsverteilung im Verhältnis 60,5 zu 39,5 aus der Bahn werfen lässt. Der Allrad bekam zum letzten Modellwechsel eine andere Software aufgespielt, die Momentenverteilung funktioniert radselektiv - den Rest erledigen die aufgezogenen Pirelli-Sportpneus. Es dauert eine Weile, bis du Vertrauen in die Technik findest, auf der Hausstrecke später anbremst und gleichermaßen später einlenkst. Dann aber wird auch das Audi-Coupé der 2020er-Jahre zum echten Porsche-Schreck. In Sachen Leichtfüßigkeit und Beherrschbarkeit muss sich ein vergleichbarer Porsche Cayman GTS 4.0 (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 10,8-9,6 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 246-219 g/km)² schon strecken, verlangt von der Fahrerin im Grenzbereich, allein schon wegen des Mittelmotor-Layouts, wesentlich mehr Fingerspitzengefühl. Wer jene Allüren scheut wie der Teufel das Weihwasser, ist mit dem Audi TT RS (auch als Gebrauchtwagen) deutlich besser bedient.

Testverbrauch um 15 Liter auf 100 Kilometer

Geiz allerdings verträgt auch der Audi nicht. An der Zapfsäule sollte es schon feinstes Super Plus sein und ein Testverbrauch um 15 Liter je 100 Kilometer ist ebenfalls kein Pappenstiel. Wer es dagegen gemächlicher angehen lässt, dürfte auf längeren Etappen auch ganz knapp unter der 10-Liter-Marke liegen. Im Innenraum gibt es derweil kaum großartige Kritikpunkte. Das gilt übrigens auch für das normale TT-Modell. Verarbeitung top. Sitzposition vorbildlich. Bedienung leicht erlernbar. Und wer hätte gedacht, dass wir einmal die eigenwillige, aber im Vergleich zu neueren VW-Produkten gut funktionierende Klimabedienung per Drehschalter in den Lüftungsdüsen loben würden. Fahrassistenz gab es für den jetzt verabschiedeten Audi TT RS ebenfalls zu bestellen, sie hält sich aber glücklicherweise stets im Hintergrund und ist vollumfänglich deaktivierbar.

Fazit

Aus und vorbei, der Audi TT RS und bald die gesamte Verbrenner-TT-Baureihe sind Geschichte. Schade, denn die aktuelle Generation des 400-PS-Renners ist zum wahren Geheimtipp für Kenner gereift, zeigt gar Porsche wie das geht mit dem Alltagssportwagen. Die Charakteristik und der Klang des Fünfzylinder-Turbos sind einzigartig, gleichzeitig ist der in Neckarsulm gebaute TT RS nicht verlegen auf längeren Etappen kommod zu federn. Die iconic edition hingegen ist etwas für wahre Sammler: Streng Limitiert, dementsprechend ausverkauft und überdies unverhältnismäßig teuer. Da gibt es auf dem Gebrauchtwagenmarkt deutlich bessere Angebote, ohne Einbußen bei den dynamischen Qualitäten erwarten zu müssen. Bei Fahrzeugen aus zweiter Hand ein Muss: Die RS-Sportabgasanlage. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten*

• Modell: Audi TT RS Coupé iconic edition
• Motor: Fünfzylinder-Ottomotor, 2.480 ccm
• Leistung: 400 PS (294 kW) bei 5.850 U/min
• Drehmoment: 480 Nm bei 2.250 U/min
• Antrieb: Allradantrieb, 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
• Verbrauch kombiniert: 9,2-8,8 l/100 km²
• CO2-Emissionen kombiniert: 208-201 g/km²
• Beschleunigung (0–100 km/h): 3,7 s
• Höchstgeschwindigkeit: 250-280 km/h
• Abmessungen (L/B/H): 4,18 m/1,83 m/1,35 m
• Gewicht: ca. 1.600 kg
• Grundpreis Audi TT RS Coupé: ab 72.500 Euro (nicht mehr erhältlich)