Kern des BMW X-Drive ist die elektronisch geregelte Lamellenkupplung. Sie verbindet die Kardanwelle mit der Vorderachse und verteilt das Drehmoment variabel zwischen den beiden Antriebsachsen. In der Grundauslegung gelangen etwa zwei Drittel der Antriebskraft an die Hinterachse. Doch das heißt nicht, dass die Fahrdynamik der eines Hecktrieblers entspricht. Denn die Regelelektronik versucht ein möglichst neutrales Fahrverhalten - auch in Extremsituationen - zu ermöglichen.
Elektronisch vernetzt
So bald die Radsensoren - die auch das ESP mit Daten beliefern - zum Beispiel Schlupf an der Vorderachse registrieren, wird innerhalb von Millisekunden mehr Kraft an die Hinterachse geliefert. Bei starrer Kraftverteilung zwischen den Achsen würde der Wagen über die Vorderräder nach außen schieben, also untersteuern. In einem X-Drive-BMW zieht der Wagen dagegen neutral durch die Kurve. Auch umgekehrt funktioniert das, also wenn die Räder der Hinterachse zu wenig Grip haben und ein nach außen drängendes Heck droht.
Bei Bedarf leitet die Lamellenkupplung bis zu 100 Prozent an die eine oder andere Antriebsachse. Daraus ergibt sich ein großer Vorteil beim Rangieren auf trockener Fahrbahn: X-Drive merkt anhand der Lenkeinschläge und Geschwindigkeit, dass kein Allradantrieb notwendig ist und leitet keine Kraft an die Vorderachse. Verspannungen im Antriebsstrang bleiben aus, die Lenkung ist frei von Antriebseinflüssen und der Wendekreis bleibt erfreulich klein.
Bei unseren Fahrtests zwischen den Gletschern Söldens konnten wir uns schnell von den Vorteilen der neutralen Auslegung des 4x4 überzeugen. Ein zu Vergleichszwecken mitgebrachter 320d Touring (mit Heckantrieb) schaffte viele Anstiege auf schneebedeckter Fahrbahn nur mit Ach und Krach - trotz Winterreifen. Die letzten Meter bewältigte er nur bei abgeschaltetem ESP mit leicht durchdrehenden im DTC-Modus. Der 330xd dagegen meisterte die selben Strecken in gemütlichem Schritttempo.
Drifttendenzen
Auf verschiedenen Handlingstrecken konnten wir uns auch - unter kontrollierten Bedingungen - ein wenig austoben und die ganze Fahrdynamik des X-Drive ausloten. Dabei ist erstaunlich wie flott und gleichzeitig sicher der DTC-Modus gerade in einem Allrad-BMW ist: In diesem Modus wird dem ESP sozusagen ein Valium verpasst. So bald eine "kritische" Fahrsituation erkannt wird (durchdrehende Reifen oder eine Tendenz zum Drift) behält es die Ruhe und lässt den Fahrer erstmal machen. Ein Dreher oder eine unkontrollierbare Schleuderei ist aber nicht machbar, denn DTC erweitert lediglich den Regelbereich. Am Ende schreitet ESP dann doch wieder mäßigend ein.
Gut geregelt ist schneller
Die Rundenzeiten im Handlingparcours verblüffen denn auch: Am schnellsten war der DTC-Modus, während ich bei abgeschaltetem DTC hilflos schleudernd dauernd die Ideallinie verpasste. Überhaupt keine Chance auf gute Zeiten bei vollaktivem ESP: hier werden gnadenlos einzelne Räder abgebremst und bei Bedarf auch die Motorleistung gedrosselt, so dass von Schnelligkeit keine Rede sein kann. Im normalen Verkehr jedoch ist das die sicherste Variante vorwärts zu kommen.
Fazit
X-drive macht in allen damit lieferbaren BMW Spaß. Ob im Dreier (330xd, 325xi, 330xi), 5er (530xd, 525xi, 530xi) oder X3 und X5: Stets geht es auch durch tiefen Schnee voran, das Fahrverhalten ist für den Normalfahrer erfreulich neutral und sicher. Von der ganzen Regelei kriegt der Fahrer nichts mit.
Für 3er und 5er BMW (Limousine und Kombi) ergibt sich ein X-Drive Aufschlag von exakt 2.500 Euro. Die derzeit günstigste Möglicheit X-Drive zu fahren bietet dagegen der X3 2.0i (32.650 Euro). Für einen 330xi werden 39.100 Euro fällig, 47.950 Euro für einen 530xd Touring.
Noch bleibt der X-drive bei den Limousinen und Kombis den Sechszylindern vorbehalten. Doch der überzeugende 320d wird in absehbarer Zeit den Einstiegspreis fürs bajuwarische Schnee-Treiben deutlich senken.