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Oldie-Test BMW M5 Touring (E34): Selten und gut

Mit dem ab 1992 angebotenen M5 Touring begann bei BMW die Ära des Sportkombis. Recht erfolgreich war das in Handarbeit gefertigte Erstlingswerk nicht - lediglich 891 Einheiten konnten verkauft werden. Das allerdings schmälert nicht das Fahrerlebnis. Heute ist der Touring ein gesuchtes Sammlerstück.

Der BMW M5 Touring (E34) auf einen Blick

  • Erster Touring der M GmbH
  • Nur 891 mal gebaut
  • 3,8-Liter-Reihensechszylinder
  • 340 PS, 400 Nm Drehmoment
  • 0-100 km/h in 6,1 s, Vmax 250 km/h
  • Grundpreis 1992 ab 127.650 D-Mark

 Dezenter Auftritt Anno 1992. Keine M-Insignien verraten äußerlich, welche Kraft hier unter der Motorhaube steckt. Understatement pur! Dezenter Auftritt Anno 1992. Keine M-Insignien verraten äußerlich, welche Kraft hier unter der Motorhaube steckt. Understatement pur!

Ein Unikat auf Rädern

Beeindruckend. Anders kann unser erstes Zusammentreffen mit einem BMW M5 Touring der Baureihe E34 nicht beschrieben werden. Diese Formen, innen wie außen, dieser klassenlose Auftritt und dazu: Kein einziges M-Logo, das den großen Auftritt verderben würde. Jenen, den man mit diesem Kombi auf der Autobahn auch heute noch haben könnte. Dieser ganz spezielle Wagen, in seiner einzigartigen Konfiguration, wurde seinerzeit von einem ganz speziellen Herren in Auftrag gegeben. Einem ehemaligen BMW-Vorstand, der auch bekannt dafür war einen englischen Supersportwagen mit BMW-V12 galant zum Überschlag gebracht zu haben.

Derr Herr Doktor, er hatte aber ganz offensichtlich Geschmack. Denn einen E34 wie diesen, ganz gleich ob als M oder nicht, wird es wohl in unseren Breiten kein zweites mal gegeben haben. So viel Leder, so viel Liebe zum Detail wurde vielen normalen Fünfern nicht zuteil. Auch nicht jenen Exemplaren, die wir Anfang der 2000er noch freudig als Winterauto durch die dunklen Monate drifteten, nicht die leiseste Ahnung, was diese Autos einmal für eine Wertsteigerung erfahren würden. 525i, 535i oder gar ein seltener 540i V8 – heute rar und teuer zugleich. Aber auch der BMW M5 der 1990er-Jahre musste zunächst durch das Tal der Tränen, war vor zehn Jahren im Bestzustand kaum mehr 10.000 Euro wert.

 Das Fahrzeug im Bestand der BMW Classic ist ein ehemaliges Vorstandsfahrzeug. Besser ausgestattet wird man einen E34 kaum mehr finden. Die Liebe zum Detail überrascht. Das Fahrzeug im Bestand der BMW Classic ist ein ehemaliges Vorstandsfahrzeug. Besser ausgestattet wird man einen E34 kaum mehr finden. Die Liebe zum Detail überrascht.

Der BMW M5 Touring ist heute ein Sammlerobjekt

Und heute? Da werden schon für kaum in Würde gereifte Exemplare Mondpreise verlangt. Wenn es sich um einen der lediglich 891 gebauten M5 Touring handelt, dreht der Markt völlig ab. Ob das der besagte BMW-Vorstand bei der Markteinführung 1992 ahnte? Wohl kaum. Denn der üppig ausstaffierte M5, der seit Anbeginn in Firmeneigentum der BMW AG ist, dürfte mehr als Überzeugungstäter unterwegs gewesen sein. Bei guten Freunden, Geschäftspartnern und dem ein oder anderen VIP. Schließlich galt es die verwöhnte BMW-Kundschaft auf etwas Neues einzuschwören. Auf einen Sport-Kombi. So etwas kannte man von den Münchnern damals noch nicht.

Dass der BMW M5 mit Rucksack zudem stolze 6.800 D-Mark teurer war als die ohnehin nicht günstige M5 Limousine (120.850 D-Mark ab September 1992) dürfte ebenfalls nicht für Begeisterung gesorgt haben. Man hat sich am Petuelring wohl höhere Stückzahlen erhofft, denn anders ist das Fernbleiben eines weiteren M Touring-Modells bis zum Erscheinen des M5 E61 ab 2007 eher nicht zu erklären. Da half anscheinend auch das von BMW Individual in jeder Ritze veredelte Vorstandsfahrzeug nicht. Man überlies dieses Feld dagegen maßgeblich dem Mitbewerber aus Ingolstadt, die mit dem Audi 200 Avant 20V Turbo Quattro und dem Audi 100 Avant S4 zugleich die eigentlichen Wegbereiter für die schnellen Kombinationskraftwagen waren.

 Verglichen mit heutigen M-Fahrzeugen darf sich der alte M5 noch deutlich mehr in die Kurve legen. Die Schaltwege sind länger, die Gesamtabstimmung allerdings harmonischer. Verglichen mit heutigen M-Fahrzeugen darf sich der alte M5 noch deutlich mehr in die Kurve legen. Die Schaltwege sind länger, die Gesamtabstimmung allerdings harmonischer.

Wie fährt er sich?

Aber genug Geschichtsunterricht. Schließlich stehen wir hier nicht umsonst an einem verschlafenen Grenzübergang zwischen Österreich und Deutschland, vor uns die offene Landstraße, hinter uns der BMW M5 Touring. Er soll gepflegt bewegt werden, will seine 340 PS aus einem freisaugenden 3,8-Liter-Reihensechszylinder in die Welt hinaus tragen. Befehligt selbstredend per Fünfgang-Schaltgetriebe. Wir fuhren zuvor anlässlich einer Medienausfahrt der BMW Classic noch den BMW E9 CSL und wahrlich: Größer kann ein Unterschied nicht ausfallen. Es beginnt beim Anlassen des Aggregats. Ein leichtes Schütteln, dann ein bassiger Ruheton. Wohlerzogen, beinahe schüchtern.

Anders als beim E9 kommt die Kupplung sofort, ist leichtgängig, wirkt wie in einem neuen BMW. Der Wagen ist bereits warmgefahren, also verträgt er auch schon etwas Drehzahl. Nein er braucht sie, um voranzukommen und der Fahrer – er will sie! Denn erst wer die 4.000, 5.000 oder gar 6.000 Touren anpeilt wird die wahre Freude am Fahren erleben. Den turbinenartigen Durchzug, den sonoren Klang, der durch den Motor und nicht primär durch die Abgasanlage erzeugt wird. Apropos Motor: Wir bewegen hier nicht irgendeinen Reihensechszylinder, sondern mit dem S38B38 einen direkten Nachfahren des legendären Sportmotor M88 des BMW M1. Damals waren die M Aggregate halt noch wirklich aus dem Motorsport abgeleitet.

 Unter der Haube steckt nicht irgendein Reihensechszylinder. S38B38 ist direkt abgeleitet vom legendären M88-Sechszylinder des BMW M1. Unter der Haube steckt nicht irgendein Reihensechszylinder. S38B38 ist direkt abgeleitet vom legendären M88-Sechszylinder des BMW M1.

Nur du und die Maschine

Glaubhaft wirkt auch heute noch die Werksangabe, die für den Sprint von null auf 100 km/h knapp über sechs Sekunden ausweist. Die Höchstgeschwindigkeit wurde derweil aus Vernunftgründen bereits auf 250 km/h begrenzt – sonst könnte der Touring wohl auch noch etwas schneller rennen. Lenkung, Getriebe und Fahrwerk bilden im M5 eine schier grandiose Kombination. Keine Elektronik (bis auf die einfach deaktivierbare Traktionskontrolle der ersten Stunde) die zwischen dir und der Maschine herumfuhrwerkt, keine endlos gestufte Automatik und keine adaptiven Dämpfer, die man vorher einstellen muss. Der M5 Touring wurde einfach ab Werk passend abgestimmt und überzeugt auch mehr als 30 Jahre nach seinem Debüt durch seinen fahraktiven Charakter.

Natürlich könnte man jetzt schreiben, dass der knapp 1.800 Kilo schwere Wagen in der Kurve ein Stück weit wankt. Auch die Schaltwege sind nicht so kurz, wie man das von einem M-Modell heute erwarten würde. Aber das Gesamtkonzept überzeugt. Denn bei aller Sportlichkeit stand vor allem der Alltagsnutzen im Fokus. Mit Kind und Kegel in den Urlaub fahren sollte der Touring (Kofferraumvolumen 460 bis 1.450 Liter) genauso packen wie die schnelle Autobahnhatz quer durch die Republik. Dementsprechend viel Restkomfort wird geboten.

 Wer in den frühen 1990er-Jahren etwas auf sich hielt hatte ein Autotelefon. Diese Sonderoption kostete auch in einem M5 noch 8.000 D-Mark extra. Wer in den frühen 1990er-Jahren etwas auf sich hielt hatte ein Autotelefon. Diese Sonderoption kostete auch in einem M5 noch 8.000 D-Mark extra.

Infotainment und Konnektivität der 1990er-Jahre

Weiter geht es im Innenraum mit dem "Infotainment-System" des E34. Es ist denkbar einfach wie genial zu bedienen - nur der Bordcomputer außerhalb des normalen Blickfeld eher nicht. Aber hey, dafür gibt es eine echte Klimasteuerung, die sogar beleuchtet ist. Für viele Autobauer heute schon eine Herausforderung. Und selbst die Konnektivität kommt nicht zu kurz. Zwischen den beiden Armlehnen der bequemen Vordersitze thront das damals gut 8.000 D-Mark teure C-Netz-Telefon und wenn du 1992 nicht schon durch den M5 Touring der König warst – mit diesem Knochen als Telefon warst du es definitiv.

Zur Bespaßung auf der Rücksitzbank gab es maximal zwei Fensterheber und die Sitzheizung, aber waren Mami und Papi gnädig, konnten sie auch das extragroße Panoramadach des Touring öffnen. Und zwar nicht nur vorne, sondern auch hinten. Dass diese Konstruktion im Gebrauchtwagenalter viele Probleme und Undichtigkeiten hervorgerufen hat – geschenkt.

 Von 1992 bis 1995 entschieden sich lediglich 891 Kunden für einen BMW M5 Touring. Der maßgeblich von Hand gebaute Kombi ist damit heute einer der seltesten M-Fahrzeuge überhaupt. Von 1992 bis 1995 entschieden sich lediglich 891 Kunden für einen BMW M5 Touring. Der maßgeblich von Hand gebaute Kombi ist damit heute einer der seltesten M-Fahrzeuge überhaupt.

Fazit

Der BMW M5 Touring E34 ist in unseren Augen die Definition eines modernen Klassikers. Nur 891 mal gebaut erfüllt er das Hauptparameter eines Sammlerautos, das man ob des grandiosen Fahrverhaltens aber immer wieder aus der Garage holen will. Der turbinenartige Reihensechszylinder, das bestens abgestimmte Fahrwerk und natürlich der exquisite Innenraum des Vorführers erzeugen wahrlich Freude am Fahren. Doch woher nehmen, wenn nicht stehlen? Gebraucht ist ein M5 Touring kaum zu finden und kostet im Bestzustand schnell sechsstellig. Träumen aber darf man noch. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: BMW Classic)

Technische Daten BMW M5 Touring (E34)*


Modell BMW M5 Touring
Motor Reihensechszylinder, 3.795 ccm³
Leistung 250 kW/340 PS bei 6.900 U/min
Drehmoment 400 Nm bei 4.750 U/min
Antrieb Hinterradantrieb, 5-Gang-Schaltgetriebe
Kraftstoffverbrauch kombiniert - l/100 km²
CO2-Emissionen kombiniert - g/km²
Beschleunigung (0–100 km/h) 6,1 s
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h
Abmessungen (L/B/H) 4,72 m/1,75 m/1,39 m
Kofferraumvolumen 460-1.450 Liter
Leergewicht ca. 1.720 kg
Grundpreis BMW M5 Touring 1992 ab 127.650 D-Mark

*Herstellerangaben

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