Der BMW X5 verkauft sich hierzulande wie geschnitten Brot und es scheint zudem, als hätten die Dienstwagenberechtigten gefallen am von uns gefahrenen 290 kW/394 PS starken Plug-in Hybrid xDrive 45e gefunden. Im Januar 2021 machte sein Antriebsstrang über 64 Prozent der Neuzulassungen beim X5 aus (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 2,1-1,6 l/100km; Stromverbrauch kombiniert: 25,2-23,5 kWh/100km; CO2-Emissionen kombiniert: 47-37 g/km²).
Kein Wunder, spart man als Arbeitnehmer mit dem Teilzeitstromer durch die 0,5-Prozent-Besteuerung doch jeden Monat bares Geld. Der Chef hingegen muss weniger Kfz-Steuer überweisen, sollte aber unbedingt eine Tankkarte für E-Ladesäulen beilegen.
Weshalb? Weil der xDrive45e sonst keinen Sinn macht und gleichwohl so viel verbrauchen kann wie ein reinrassiger Achtzylinder. Mit Normverbräuchen um zwei Liter wird der große Bayer beworben, doch mittlerweile dürfte sich herumgesprochen haben, dass dieser Papiertiger geduldig ist.
Anders als den 745e (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 2,1-2,3 l/100km; Stromverbrauch kombiniert: 15,1-15,6 kWh/100km; CO2-Emissionen kombiniert: 48-52 g/km²) im vergangenen Jahr, gelang es mir zudem nicht, den allradgetriebenen X5 Plug-in Hybrid auf der Langstrecke mit unter 10 Liter pro 100 Kilometer zu bewegen.
Der Hochbeiner steht eben trotzig im Wind und was erschwerend hinzu kommt: der Wagen wiegt mehr als 2,5 Tonnen. Ohne Insassen und Gepäck. Zum Vergleich: Der teilelektrische 7er bringt derlei „nur“ etwas mehr als zwei Tonnen auf die Waage. Immerhin sei erwähnt, dass der X5 mit 22,3 kWh über eine doppelt so große Batterie verfügt.
Diese kann maximal einphasig mit 3,7 kW geladen werden, was für lange Standzeiten an der E-Ladesäule sorgt. BMW selbst gibt für einen vollständigen Ladevorgang von null auf 100 Prozent über sieben Stunden an. Die elektrische Reichweite soll ferner 77 bis 88 Kilometer betragen. Wer dagegen im Alltag mit 50 bis 60 Kilometer rechnet, ist auf jeden Fall auf der sicheren Seite.
Und so sind die von mir erfahrenen Verbrauchswerte (zwischen 13 und 14 Liter über zwei Wochen mit viel Autobahnanteil) nicht mehr als eine Momentaufnahme und stark abhängig von der persönlichen Nutzung. So mag es Menschen geben, die fahren ihren X5 xDrive45e einen Monat lang, ohne auch nur einmal den Benziner gestartet zu haben. Andere fahren weiter und müssen daher öfters den für sich genommen 210 kW/286 PS und 450 Nm starken 3,0-Liter-Reichensechsyzlinder bemühen.
Dieser ist weiterhin ein Quell an Fahrfreude und harmoniert in bester Manier mit der 83 kW/113 PS starken E-Maschine. Umschaltvorgänge zwischen beiden Motoren sind nicht spürbar und der Reihensechser an sich so gut gedämmt, dass auch seine Funktion meist unbemerkt bleibt. Klanglich darf nicht viel mehr als ein leises Säuseln erwartet werden, welches auch von einem modernen Diesel stammen könnte.
Passend zum ausgewogenen Motorenduo ist die ZF-8-Gang-Wandlerautomatik abgestimmt, die ebenfalls gerne im Hintergrund agiert. Vor Kurven oder Ortseinfahrten bremst und rekuperiert der X5 derweil bis zu einem gewissen Grad von allein, das Start-Stopp-System lässt sich nicht mehr deaktivieren. Unklar war für mich im Hybrid-Fahrmodus allerdings, wann genau die BMW-Elektronik das SUV rein elektrisch, mit beiden Antrieben oder nur mit dem Verbrenner antreibt.
Für den Einsatz in zukünftigen Null-Emission-Zonen bietet BMW bei aktiver Routenführung im Navigationssystem die Möglichkeit, die Batterie vor dem Befahren dieser Gebiete per Benzinmotor aufzuladen. In Sachen Energieeffizienz ist das zwar Humbug, da der Sechszylinder dann an exorbitanten Momentanverbräuchen arbeitet – aber wer hat schon gesagt, dass die Mobilitätswende in ihrer jetzigen Form immer sinnvoll ist?
Fest steht, dass sich der BMW X5 durch sein kommod abgestimmtes Luftfahrwerk prinzipiell auch für längere Wegstrecken eignet. Allerdings kommt auf der Autobahn nur dann Ruhe in die Fuhre, wenn die Fahrwerkshöhe auf die sportliche Stellung heruntergefahren wird.
Dann liegt der Bayer zwar härter, dafür aber weniger zappelig auf der Fahrbahn. Die Lenkung ist im Fahrkapitel dagegen der größte Kritikpunkt. Aus der Mittellage zu spitz abgestimmt, wird sie auch im Sport-Modus nicht besser und reagiert auf die kleinste Lenkbewegung übertrieben hastig. Zu kämpfen hat auch die Bremsanlage des gewichtigen X5 Hybrid, insbesondere wenn aus höheren Geschwindigkeiten abrupt verzögert wird.
Kritik am Innenraum ist dem BMW X5 xDrive45e dagegen fremd. Materialauswahl und Verarbeitung entsprechen dem hohen Basispreis von mindestens 77.300 Euro. Hervorzuheben sind vor allem die optional elektrisch verstellbaren und urst bequemen Komfortsitze sowie der Driving Assistant Professional.
Beides trägt zur Freude am Fahren bei und gerade die Assistenzsysteme sind durch ihre geringe Fehlerquote in der Tat ein Zugewinn. In Sachen Infotainment und Bedienung liefert BMW weiterhin eine sehr souveräne Vorstellung ab, wenngleich das alternativlose digitale Live Cockpit aus meiner Sicht dringend eine Überarbeitung mit mehr Individualisierungsmöglichkeiten benötigt.
Platztechnisch ist der BMW X5 auch als Hybird ein standesgemäßes Familienauto, das selbst vier Erwachsenen komfortablen Platz bietet und zudem 500 bis 1.720 Liter Gepäck hinter der zweigeteilten Heckklappe verstaut. An den Haken nehmen darf das Bayern-SUV trotz seines massigen Eigengewichts weiterhin bis zu 2,7 Tonnen.
Der BMW X5 (G05) als Auto ist ein üppig dimensionierter Familienkreuzer mit einem hochwertigen Interieur, viel aktiver und passiver Sicherheit sowie einem vorbildlichen Infotainment-System. Der BMW X5 xDrive45e bleibt dagegen ein zweischneidiges Schwert. Seine elektrische Reichweite mag für viele alltäglichen Aufgaben mittlerweile ausreichend sein, für den Stadtverkehr ist er aber schlicht zu groß. Auf der Langstrecke verpuffen die elektrischen Vorteile im Benzintank und auch wenn es viele nicht lesen wollen: Der Diesel bleibt in jener Fahrzeugklasse weiterhin die vernünftigere und ehrlichere Antriebsform. Auch bei BMW. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)