Mit dem Fiat 500 TwinAir haben die Italiener den Weniger-ist-mehr-Trend auf die Spitze getrieben und bieten derzeit als einziger Hersteller einen Zwei-Zylinder-Motor an. Die Nachahmer werden nicht lang auf sich warten lassen, doch lohnt sich der Zylinder-Minimalismus in der Praxis wirklich?
War es früher nicht toll, möglichst viele Zylinder unter der Haube zu haben? Wer mit einem Acht-Zylinder oder gar einem Zwölf-Ender vorfuhr, durfte sich zurecht was auf sich einbilden. Und heute? Die großvolumigen Triebwerke sind nach wie vor prestigeträchtig, doch ihr Hauch von Exklusivität und davon, etwas besonderes zu haben, schwingt auch beim Fiat 500 TwinAir mit. Schließlich ist er derzeit das einzige Auto mit einem Zwei-Zylinder-Motor.
Starke ausbeute
Gerade mal 875 Kubikzentimeter Hubraum teilen sich die beiden Zylinder. Allerdings müssen diese nicht selber atmen, das nimmt ihnen ein Abgas-Turbolader ab, der mit bis zu 1,4 bar Druck Luft in die Brennräume pustet. Das Ergebnis ist eine Leistungsausbeute, die sich sehen lassen kann: 86 PS (und damit nur wenig weniger als der 100-PS-Vier-Zylinder) und 145 Newtonmeter. Auch der Zwei-Zylinder arbeitet übrigens mit Fiats Multiair-Technik, mit der Steuerzeiten und Ventilhübe variabel angepasst werden. Das soll, wie die serienmäßige Stopp-Start-Automatik zum Spritsparen beitragen.
Auf dem Papier funktioniert das vorzüglich, gerade mal knausrige vier Liter werden im EU-Zyklus auf 100 Kilometer verbrannt; das macht den Fiat 500 TwinAir zum sparsamsten Benziner auf dem Markt. Wie weit Theorie und Praxis allerdings voneinander abweichen, haben wir in unserem Test erfahren: Zwar lässt sich der kleine Italiener mit etwas Beherrschung durchaus mit einem Verbrauch von knapp unter sieben Litern fahren, doch sind bei flotter Gangart auch mal zwölf Liter drin – typisch Turbo eben.
Finger weg vom Eco-Modus
Das Sparen erleichtern soll der Eco-Modus, den der Fahrer per Tastendruck aktivieren kann und der das verfügbare Drehmoment auf 100 Newtonmeter reduziert. Damit beraubt man den Fiat allerdings eines Großteils seines reichlich vorhandenen Temperaments und sich selbst jeglichen Fahrspaßes. Lässt man den Finger von der Eco-Taste, hängt der TwinAir überraschend gut am Gas, dreht freudig hoch und kommt flott von der Stelle. Die raue, knatternde Geräuschkulisse trägt ihren Teil zum Charme des Zwei-Zylinders bei und animiert den Fahrer durchaus zu flotter Fahrt. Fast schon schade, dass bei 6.000 Umdrehungen Schluss ist; zu gern würde man den Cinquecento noch weiter antreiben.
Ausgestattet mit dem Fünf-Gang-Getriebe beschleunigt der rund eine Tonne schwere Fiat 500 TwinAir in knapp unter zwölf Sekunden auf Tempo 100. Stehen bleibt die Tachonadel erst jenseits der 180-km/h-Marke, angegeben ist er mit Tempo 173, die der Fiat problemlos erreicht. Allerdings wird es dann im Inneren doch recht laut, zumal in dem von uns getesteten Cabrio, dessen Stoffschiebedach nicht wirklich gegen Windgeräusche gefeit ist.
Satte Straßenlage
Selbst bei Höchstgeschwindigkeit liegt der Kleinstwagen mit nur 2,30 Meter Radstand erfreulich satt auf der Straße und lässt kein Gefühl von Instabilität aufkommen. Möglich macht‘s die straffe Fahrwerksabstimmung, die man allerdings mit Komforteinbußen bezahlt. Und Abstriche gilt es auch bei der Lenkung zu machen; zwar agiert sie leichtgängig, doch mit präziser Rückmeldung an den Fahrer hält sie‘s eher wie Berlusconi mit den Gesetzen – nur nicht zu genau nehmen. Schade nur, dass sich Fiat das ESP mit 350 Euro extra bezahlen lässt.
Noch ein Wort zum Komfort: Abgesehen vom etwas holprigen Fahrwerk haben die Passagiere auf der Rückbank ohnehin nichts zu lachen. Denn wenn vorne – wo es kommod zu geht – normalgewachsene Platz nehmen, sitzen die Hinterbänkler wie auf dem Damensattel oder müssen versuchen, ihre Knie links und rechts der Vordersitze zu verstauen, wo sie dann mitunter mit den Ellbogen der Vormänner kollidieren. Lieber also zu zweit Reisen, dann kann die Rückbank auch zur Erweiterung des beim Cabrio nur 182 Liter großen Kofferraums hergezogen werden.
Lieber Atlas statt Navi
Technische Daten
Marke und Modell | Fiat 500C | |
---|---|---|
TwinAir | ||
Motor | ||
Hubraum (Kubikzentimeter / Bauart) | 875 / R2-Turbo | |
Leistung (kW (PS) / U/min) | 63 (85) / 5.500 | |
Drehmoment (Nm / U/min) | 145 / 1.900 | |
Antriebsart | Frontantrieb | |
Getriebeart | 5-Gang-Schaltgetriebe | |
Abmessung und Gewicht | ||
Länge/Breite/Höhe (mm) | 3.546 / 1.627 / 1.488 | |
Radstand (mm) | 2.300 | |
Wendekreis (m) | 9,3 | |
Leergewicht (kg) | 1055 | |
Kofferraum (Liter) | 182 - 520 | |
Bereifung Testwagen | 185/55 R 15 | |
Verbrauch | ||
Krafstoffart | Benzin | |
Kombiniert laut Werk (l/100km) | 4 | |
CO2-Emissionen (g/km) / Abgasnorm | 92 / Euro 5 | |
AS24-Verbrauch (l/100km) | 6,8 | |
Fahrleistungen | ||
Werksangabe 0-100km/h (s) | 11,5 | |
AS24-Sprint 0-100km/h (s) | k. A. | |
AS24-Bremstest 100-0km/h (m) | k. A. | |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 173 | |
Preise | ||
ab (Euro) | 15.700,00 | |
Ausgewählte Extras (Euro) | ESP (350), Bi-Xenon (700), Klimaautomatik (300) | |
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Keine Abstriche muss man dagegen bei der Bedienung machen. Die großen Tasten sind klar beschriftet und selbst der Bordcomputer lässt sich Fiat-untypisch intuitiv benutzen. Nur auf das optionale Blue&Me-TomTom-Navigationssystem kann getrost verzichtet werden; es bedarf nach wie vor einiger Einarbeitungszeit und das neben dem Instrumententräger aufgesteckte Gerät sieht auch nicht wirklich schick aus. Wenn schon ein Retro-Auto, dann bitte auch mit dem guten, alten Straßenatlas.
In der Neuzeit angekommen ist Fiat dagegen mit der Preisgestaltung: Mindestens 12.900 Euro werden für den nicht gerade üppig ausgestatteten (Radio, elektrische Fensterheber, Parksensoren hinten) 500 fällig, als Cabrio kostet er gleich 15.700 Euro. Und: Will man auf angenehme Extras wie Klimaanlage und Sitzhöhenverstellung nicht verzichten, sollte man gleich zur teuereren Lounge-Ausstattung greifen, die mit 14.900 Euro beziehungsweise 17.700 Euro fürs Cabrio zu Buche schlägt.
Fazit
Zwei-Zylinder haben Charme: Mit 86 PS ist der Fiat 500 ausreichend stark motorisiert, das drehfreudige Triebwerk hängt gut am Gas, klingt kernig und macht Lust aufs Gasgeben. Dass diese dem eigentlichen Ansinnen, nämlich Spritsparen, im Weg steht ist klar. Unser Testdurchschnitt von fast sieben Litern ist weit von den propagierten 4,4 Litern entfernt. Ebenso weit entfernt von der Realität scheint Fiat leider auch bei der Preisgebung gewesen zu sein.