Wer war Hyundai vor 30 Jahren? Ein hierzulande beinahe unbekannter Hersteller mit günstigen Produkten für den anspruchslosen Autokäufer. Für unter 10.000 Euro bekommst du bei den Koreanern schon länger kein Fahrzeug mehr, doch insgesamt ist eine faire, eine noch leistbare Preisgestaltung geblieben. Immerhin startet auch der neue Ioniq 5 – vor etwaigen Umweltboni – zu noch fairen Preisen ab 41.900 Euro.
Für jenes Geld gibt es unter anderem einen progressiv gezeichneten Mittelklasse-Crossover, mit serienmäßigen Voll-LED-Scheinwerfern samt markanter Pixelgrafik am Heck, der je nach Betrachtungsweise ein größerer ID.3 oder ein besser ID.4 ist. Während der ersten Testrunden im spanischen Valencia hatten wir die Gelegenheit, das vorläufige Top-Modell mit 225 kW/305 PS und elektrischem Allradantrieb kennenzulernen (Stromverbrauch kombiniert: 19,0-17,7 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km²). Je ein permanenterregter Synchronmotor an der Vorder- und Hinterachse treiben den Ioniq 5 dann an, sorgen für sportiven Vortrieb, bei einem deutlich auf Komfort ausgelegten Fahrwerk.
Auch die direkte, aber insgesamt sehr leichtgängige Lenkung passt ins Bild des kommoden 5ers, der inklusive doppelt verglaster Seitenscheiben mit einem sehr niedrigen Innengeräuschpegel anrollt. Erst auf der Autobahn sind stärkere Windgeräusche aus dem Bereich des Vorderwagens wahrnehmbar. Derweil punktet die Kabine des Ioniq 5 mit ihrer Wohlfühl-Atmosphäre, die Bedienwelt ist aus anderen aktuellen Hyundai-Produkten bekannt. Die zwei 12,25 Zoll großen Displays informieren übersichtlich, das Zentraldisplay reagiert insbesondere im Kartengebrauch aber nur zögerlich auf Eingabebefehle.
Die neue Hyundai-Elektroplattform E-GMP (Electric Global Modular Platform) ermöglicht fürstliche Platzverhältnisse in der ersten und zweiten Sitzreihe, wobei die Rückbank serienmäßig in der Längsrichtung verschiebbar und die Lehnen neigbar sind – im 48.900 Euro teuren Top-Modell sogar teils elektrisch. Integrierte Sonnenschutzrollos wird man in jener Wagenklasse ebenfalls eher selten finden, wie auch die optionale Funktion, den Beifahrersitz von hinten aus zu verschieben, um mehr Beinraum zu schaffen.
Vollelektrische sowie klimatisierte „Relax-Sitze“ sind ebenso bestellbar wie ein gut ablesbares Head-up Display mit Augmented Reality-Funktion. Ein sehr gut arbeitendes Assistentpaket, inklusive aktiver Spurhaltung samt Spurwechselsystem runden die Optionsliste ab. Besonders ins Auge sticht die generelle Materialauswahl, überwiegend aus recycelten oder nachhaltig produzierten Werkstoffen. Ob man mit einem Ioniq 5 nun die Welt rettet, ist streitbar. Doch immerhin beteiligt sich Hyundai aktiv an der Säuberung der Weltmeere und liefert unter anderem Fußmatten, hergestellt aus alten Fischernetzen.
Ansonsten sind es Bambus, Wolle und schonend gegerbtes Leder, welche den umweltverträglichen Gedanken, gerne auch per medienwirksamer TV-Dokumentation, in den Vordergrund stellen. Bei der Antriebstechnik geht Hyundai ebenfalls eigene Wege und offeriert seinen Kunden stets ein 800-Volt-Batteriesystem. Hierzulande kennt man dies allenfalls vom Porsche Taycan, der preislich in gänzlich anderen Sphären schwebt.
Zwei Stromspeichergrößen mit je 58 oder 72,6 kWh stehen zum Marktstart bereit und sollen laut Hyundai Reichweiten zwischen 400 und 485 Kilometer nach WLTP ermöglichen. Im sommerlichen Spanien mit über 30 Grad Außentemperatur sowie dem 225 kW/305 PS Antrieb samt großer 72,6 kWh-Batterie zeigte der Bordcomputer am Ende unserer Fahrt einen Verbrauch um 20 kWh auf 100 Kilometer an, was rein rechnerisch für eine Reichweite von gut 360 Kilometer spricht.
Geht der Saft zur Neige, lässt sich der Hyundai Ioniq 5 am DC-Schnelllader mit 180 kW (58 kWh-Batterie) oder bis zu 220 kW (72,6 kWh-Batterie) mit Strom versorgen. Im Bestfall soll der Akku damit innerhalb von 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent geladen werden können. Immer optional – aber ratsam – ist das Effizienz-Paket samt Batterieheizung und Wärmepumpe. Als mobile Powerbank ist der 5er zudem in der Lage, andere Geräte, wie zum Beispiel Handys, Dronen oder E-Bikes, über einen eigenen Adapterstecker am Ladeport mit Strom zu versorgen.
Was gibt es sonst noch Wissenswertes? Zum Beispiel, dass der stärkste Ioniq 5 in 5,2 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h spurtet und bei 185 Stundenkilometer in den elektrischen Begrenzer rasselt. Per Schaltpaddels am Lenkrad lässt sich die Rekuperationsstufe von Freilauf bis zum echten One-Pedal-Driving einstellen und das mit Stoff bezogene Feld neben dem Fahrerinformationsdisplay ist eine magnetische Fläche, um beispielsweise Fotos oder Notizen anzuheften. Das Handschuhfach ist zum Ausziehen und neben einem 499 bis 527 Liter fassenden Kofferraum gibt es einen 24 bis 57 Liter (ohne Allrad) „Kabelfrunk“ sowie die Möglichkeit bis zu 1,6 Tonnen schwere Hänger an den Haken zu nehmen.
Mit dem Ioniq 5 serviert Hyundai ein ziemlich gutes E-Auto-Menü, das nicht nur fahrerisch Spaß bereitet, sondern allen voran durch seine Wohlfühl-Atmosphäre im Innenraum punktet. Die 800-Volt-Technologie sorgt für kurze Ladezeiten, die E-GMP-Plattform für fürstliche Platzverhältnisse. Deutlich wahrnehmbare Windgeräusche, ein weiterhin träges Bediensystem sowie die teils sehr teuren Ausstattungspakete sind die Kehrseiten von Nummer fünf. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)