Es schwingt schon ein gewisser Wow-Effekt mit, wenn man den neuen, 4,52 Meter langen Kia Sportage das erste Mal live sieht. Das soll ein Koreaner sein? Vor kaum zehn Jahren taugte das Design der Hyundai-Tochter eher weniger als Referenz, technisch servierte man ebenfalls mehr Hausmanns- denn delikate Feinkost. Und jetzt stehen wir also vor diesem fesch frisierten Kompakt-SUV als Plug-in Hybrid, dass sich wohl auch andere Hersteller gerne ins Produkt-Lineup stellen würden (Kia Sportage Plug-in Hybrid – Kraftstoffverbrauch kombiniert: 1,6 l/100 km; Stromverbrauch kombiniert: 16,1 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 36 g/km; elektrische Reichweite: 70-78 km)².
Die neugestaltete Kia-Tigernase samt Bumerang-Tagfahrleuchten und LED-Scheinwerfern steht dem Sportage gut zu Gesicht, der mindestens 44.390 Euro teure Plug-in Hybrid fährt zusätzlich immer mit schicken 19 Zöllern vor. Hinten findet das Blechkleid seinen knackigen Abschluss mittels nach innen spitz zulaufender Heckleuchten. Als Option steht für die GT-Line zudem eine Auswahl an Zweitonlackierungen im Konfigurator bereit.
Zum Staunen regt aber auch das Innenleben des Teilzeitstromers an: Das durchgehende Display-Layout mit seinen zwei einzelnen Bildschirmen schindet mindestens genauso Eindruck wie das üppige Platzangebot vorne und hinten. Große Fondtüren erleichtern den rückwärtigen Einstieg, die Rückenlehnen sind weitreichend verstellbar. Die ausgewählten Materialien sowie die Verarbeitung gefallen, insbesondere das GT-Line-Gestühl (im Paketpreis von 5.900 Euro enthalten) besitzt eine hohe Langstreckentauglichkeit. Wählt man dagegen das etwas günstigere Spirit-Ausstattungspaket (3.700 Euro), muss der Podex mit wesentlich härteren Sitzplätzen vorliebnehmen.
Doch nicht nur die sind dann härter, paradoxerweise gilt das auch für das Fahrwerk. Denn ohne die GT-Line verfügt der Sportage PHEV nur über ein - wieder einmal – viel zu hart abgestimmtes Stahlfahrwerk. Kein Vergleich zur elektronischen Dämpferregelung ESC, die Kia beim vorerst sportlichsten Top-Modell feilbietet. Dort im Eco-Modus gefahren, ist das Komfortlevel auf einem durchaus hohen Niveau zuhause.
Herzstück des Plug-in Hybrid ist derweil ein aus anderen Modellen bekannter 1.6 T-GDI Benziner mit 132 kW/180 PS Leistung. Unterstützt wird dieser durch einen 66,9 kW/91 PS starken E-Motor, der allein genommen die rund zwei Tonnen schwere Fuhre stets anständig nach vorne zieht und bis 140 km/h ohne Verbrenner auskommt - sofern Klimaanlage und Heizung deaktiviert bleiben. Allradantrieb ist beim Top-Modell Serie und wird noch traditionell durch eine mechanische Verbindung zur Hinterachse mittels Kardanwelle bewerkstelligt. Dennoch scheint man dieses Bauteil sehr kompakt zwischen die, etwas aus dem Unterboden herausregenden, Akkus verbauen zu können. Denn ein herkömmlicher Kardantunnel findet sich im Innenraum nurmehr angedeutet, was vor allem Hinterbänklern mehr Bewegungsfreiheit einräumt.
Angesprochen auf die Fahrqualitäten des Kia Sportage Plug-in Hybrid eignet sich dieser trotz einer Systemleistung von 195 kW/265 PS vordergründig zum zügigen Gleiten; für wahrlich sportliche Momente fehlt es schlichtweg an langanhaltender Power. Doch rasen sollen andere, der Kia trumpft mit einer - zumindest theoretischen - elektrischen Reichweite zwischen 70 und 78 Kilometer auf. Beim ersten Test im Frankfurter Umland zeigte der Bordcomputer bei fast voller Batterie dennoch respektable 50 Kilometer an, was zum Pendeln meist immer noch reichen sollte.
E-Fahren im Sportage bereitet ob der guten Schallisolation und dem willigen Ansprechverhalten der Permanentmagnet-Synchronmaschine durchaus Freude, der Benziner gesellt sich (bei geladener Batterie) nur selten und dann auch überwiegend unauffällig dazu. Der 6-Gang-Wandler tut indes, was ein gefühlt 20 Jahre alter Wandler tut: langsam schalten. Jenen Kompromiss muss man wohl akzeptieren, genauso wie die Tatsache, dass du nie genau weißt, wie viel Strom der Sportage denn jetzt verbraucht. Eine entsprechende Anzeige ist im Bordcomputer nicht vorhanden.
Die Batterie als solche fasst 13,8 kWh Strom und lässt sich an der 7,4 kW-Wallbox in etwas mehr als zwei Stunden vollständig laden. Benzinseitig ist ein Kraftstofftank mit übersichtlichen 46 Liter verbaut, wobei der Verbrauch ohne E-Unterstützung schnell über sieben Liter auf 100 Kilometer steigt. Hier sind, wie bei den Mitbewerbern auch, keine allzu großen Wunder zu erwarten. Ebenfalls kein Highlight ist der 540 Liter fassende Kofferraum. Die Anhängelast des Sportage beträgt bis zu 1.350 Kilogramm.
Was gibt es sonst noch zu berichten? Das Infotainment-System beispielsweise soll laut Kia intelligenter und intuitiver geworden sein. Ist es nicht. Frech: Es stehen maximal zwei kostenfreie Over-the-Air-Updates im ersten Jahr zur Verfügung. Danach muss bezahlt werden oder aber man ist gezwungen zum Händler seines Vertrauens zu fahren. Die umfangreichen Assistenzsysteme, hier vor allem der Spurführungsassistent sowie der Abstandstempomat, arbeiten gut, die Verkehrszeichenerkennung dagegen erfüllt eher die Funktion eines Glücksspielautomaten.
Viel gibt es über den neuen Kia Sportage zu schreiben, noch mehr über den Plug-in Hybrid. Die 265 PS Systemleistung sorgen für mehr als alltagstaugliche Fahrleistungen, die vergleichsweise hohe E-Reichweite spricht vor allem Pendler an. In Sachen Design und Qualität gibt Kia derzeit „Vollstrom“, beim Infotainment geraten die Koreaner dagegen spürbar ins Hintertreffen. Wer es fahrwerksseitig weicher mag, muss außerdem zur teuren GT-Line samt verstellbarer Dämpfer greifen, wohingegen der normale Sportage weiterhin zu hart abgestimmt ist. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)