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Servus und bye bye: Letzte Ausfahrt mit dem Kia Stinger 3.3 T-GDI V6 GT

Der Stachel sticht nicht mehr. Mit der Tribute-Edition beendet Kia die Karriere des Stingers GT hierzulande schon nach sechs Jahren. Wir tragen Trauer, denn die Sportlimousine hinterlässt eine große Lücke. Abschiedsfahrt.

Der Kia Stinger 3.3 T-GDI V6 GT auf einen Blick

  • Fahraktive Reiselimousine
  • V6-Biturbo mit 366 PS und 510 Nm Drehmoment
  • Radstand fast auf E-Klasse-Niveau
  • Limitierte Tribute-Variante bildet den Abschluss
  • Neupreis ab 60.620 Euro (nicht mehr als Neuwagen erhältlich)

 Selbstbewusst, sportlich und nicht aufdringlich. Das Design des Kia Stinger wirkt auch Jahre nach seinem Debüt modern. Selbstbewusst, sportlich und nicht aufdringlich. Das Design des Kia Stinger wirkt auch Jahre nach seinem Debüt modern.

Kia Stinger GT V6: Das kostet die letzte Edition

Stinger heißt übersetzt Stachel oder Spitze. Lange Zeit war der Stinger auch die Speerspitze der Koreaner in Sachen Performance. Quasi der fahrende Beweis, was Kia so alles draufhat. Und das ist jede Menge. Manche finden sogar, dass der Stinger das beste viertürige Coupé war, das BMW nie gebaut hat. Aber das ist jetzt Geschichte. Gerade noch mal 1.000 Exemplare wurden für den Schlussakkord gebaut, für den deutschen Markt derlei nur 145. Der Preis lag bei stolzen 64.990 Euro, dafür bekommen die letzten Kunden Exklusivität und natürlich eine Sonderausstattung. Die Tribute Edition gab es in nur zwei Farben: Moonscape und Ascot Green. Seitenspiegel, 19-Zöller und die Brembo-Bremssättel sind schwarz. Schon beim Einsteigen weisen die individuell nummerierten Einstiegleisten auf die Besonderheit des Autos hin, und wer Leder in Terracottabraun mag, hat an der Tribute Edition jede Menge Spaß.

Am Antriebsstrang ändert sich freilich nichts. Warum auch? Der GT kam bis zuletzt mit dem wunderbaren V6-Biturbo-Benziner daher, mit 8-Gang Automatik und Allradantrieb. Früher, ja früher, hat es noch eine Variante mit Hinterradantrieb gegeben. Der ist irgendwann rausgeflogen, dafür hat man den Allradantrieb hecklastig ausgelegt, wie es sich für eine Sportlimousine gehört. Kommt das bekannt vor? Sportlimousine, Coupé, hecklastiger Antrieb? Richtig, das kennt man normalerweise von BMW M-Modellen. Von dort kommt auch einer der Macher des Kia Stinger. Albert Biermann heißt er, lange Jahre war er auf wechselnden Positionen bei BMW tätig, am Ende sogar Vizepräsident der M GmbH. Anno 2015 wechselte er zum Hyundai-Konzern, wo er zunächst für die Performance-Modelle (Stinger, Hyundai-N) zuständig war, bevor er zum Entwicklungschef des Gesamtkonzerns aufstieg. Mittlerweile ist Biermann aus dem aktiven Dienst ausgeschieden, dient Hyundai aber weiterhin als Berater.

 Die Sportsitze bieten guten Seitenhalt und sind gleichzeitig gute Begleiter für die Langstrecke. Insgesamt gibt es über die Materialauswahl und -qualität nichts zu meckern. Die Sportsitze bieten guten Seitenhalt und sind gleichzeitig gute Begleiter für die Langstrecke. Insgesamt gibt es über die Materialauswahl und -qualität nichts zu meckern.

Tigernase, kurze Überhänge – auch beim Design besticht der Stinger

Der Aufstieg des ehemaligen BMW Mann kam zu einer Zeit, als Deutsch die erste Fremdsprache in den Vorstandetagen der Koreaner war. Denn für das Design von Kia, Hyundai und Genesis zeichnete ebenfalls ein Deutscher verantwortlich. Peter Schreyer, ein gebürtiger Bayer, arbeitete vorher für den Volkswagen-Konzern und entwarf mit Audi A2, Golf IV und Audi TT Ikonen des modernen Automobilbaus. Tigernase, kurze Überhänge, Coupé-Linie – mit diesem Dreiklang verschafft Schreyer dem Stinger dort Aufmerksamkeit, wo ein 911er Porsche schon gar nicht mehr auffällt. Bei unseren Testfahrten in und rund um München jedenfalls staunen auch heute noch die Passanten. Stinger? So ein Auto haben viele noch nicht gesehen, weil die verkauften Stückzahlen zu gering waren. Eingefleischte Fußballfans erinnern sich vielleicht noch an die WM 2018 in Russland. Kia war damals einer der Sponsoren - auf der Bande stand fast bei jedem Spiel in dicken Buchstaben: Stinger. So groß kam die deutsche Mannschaft nicht raus. Vorrunden-Aus nach 0:2 gegen Südkorea.

Aber wir wollen uns ja mit Siegern und nicht mit Verlierern beschäftigen. Und da können wir gleich in Südkorea bleiben. Beim Stinger GT, den wir zum wiederholten Mal fahren durften. Dürfen ist das richtige Wort, denn es hat jedes Mal einen Heidenspaß gemacht und wir spüren schon jetzt den Phantomschmerz im rechten Gasfuß, da dieses Auto als Neuwagen mittlerweile endgültig von der Bildfläche verschwunden ist. Wir werden den bulligen Antritt vermissen, das früh anliegende Drehmoment von 510 Nm und natürlich die 366 PS des Sechszylinders. Mit den 1,9 Tonnen Gewicht des Stingers hat dieser kaum ein Problem und natürlich gibt es auch gut was auf die Ohren. Nicht pubertär spratzelnd, aber doch sonor grummelnd. Ein bisschen vergleichbar mit dem guten alten BMW-Reihensechszylinder aus dem E34 M5. Der Klangteppich passt indes zum feinen Understatement-Auftritt. Quasi ein Bodybuilder im Maßanzug.

 Vier Auspuffendrohre künden am Heck vom potenten Sechszylinder unter der Haube. Die Fahrleistungen können sich auch heute noch sehen lassen. Vier Auspuffendrohre künden am Heck vom potenten Sechszylinder unter der Haube. Die Fahrleistungen können sich auch heute noch sehen lassen.

Auf der Langstrecke ist der Kia Stinger daheim

Das Fahrwerk des Stinger ist eher für die Langstrecke ausgelegt. Es reagiert äußerst geschmeidig, schluckt (fast) alles weg, was dem Stinger unter die Reifen kommt. Dabei kann das Feder-Dämpfer-Setup den geistigen Vater Biermann nicht leugnen. Ab und zu darf man die Straße dann doch spüren, wer auf Sport oder Sport plus geht und damit auch das Fahrwerk scharf stellt, fühlt sich wie in einem sportlichen Zweisitzer. Straff und stramm marschiert der Stinger dahin und lässt das Heck schon mal schwänzeln, weil dann mehr Power auf die Hinterachse geschickt wird. Normalerweise liegt das Kräfte-Verhältnis zwischen vorne und hinten bei 40:60 Prozent. Auf Sport liegen schon 80 Prozent hinten an – und bei Sport Plus sogar 93 Prozent. Für eine Limousine mit einem doch relativ langen Radstand von 2,91 Metern (fünf Zentimeter weniger als die aktuelle E-Klasse von Mercedes) flitzt das Auto bemerkenswert agil um die Kurven. Klar, Torque Vectoring, also die intelligente Drehmomentverteilung zwischen den einzelnen Rädern, ist hier immer mit an Bord.

Aber, wie schon gesagt, im Grunde seines Herzens ist der Kia Stinger eine klassische Reiselimousine mit sportlichem Anspruch. Auf auf langen Fahrten tut der Rücken nicht weh, da kribbelt kein Bein – und wenn man Spaß haben will, dann latscht man einfach auf das Gaspedal und verblüfft mit dem Abzug des V6-Turbo sich und die anderen Verkehrsteilnehmer. Der Platz vorne ist auch für Hünen ausreichend, hinten wird es schon etwas enger. Wer über 1,80 groß ist, der nimmt schon manchmal Tuchfühlung mit dem Dachhimmel auf. Der Kofferraum ist mit knapp 400 Litern reisetauglich – aber nur für zwei. Unterstützt wird der Fahrer von den modernsten elektronischen Assistenten, die Hyundai, Kia & Co so im Angebot haben. Spurwechsel-Assistent, Abstands-Tempomat, künstlicher Entspannungs-Sound – das alles ist an Bord. Sogar die Abbiegekamera, die den toten Winkel in einem eigenen Fenster im Tacho anzeigt. Etwas über 60.000 Euro hat der normale GT zuletzt gekostet, gute Gebrauchtwagen bekommt man bei AutoScout24 mittlerweile für fast um die Hälfte. Günstig im Verbrauch, das müssen wir zum Ende hin noch erwähnen, ist so ein Stinger GT übrigens nicht. Die laut Werk vermerkten 10,4 Liter auf 100 Kilometer haben nie gereicht, wir lagen schon eher bei zwölf bis 13 Litern.

 Trotz Allradantrieb kann der Kia Stinger GT auch ordentlich quer getrieben werden. Im Sport Plus Modus verlagern sich bis zu 93 Prozent der Antriebsenergie an die Hinterachse. Trotz Allradantrieb kann der Kia Stinger GT auch ordentlich quer getrieben werden. Im Sport Plus Modus verlagern sich bis zu 93 Prozent der Antriebsenergie an die Hinterachse.

Fazit

Mit einer Träne im Knopfloch verabschieden wir uns vom Stinger. Bye, bye Verbrenner. Servus Stromer. Denn eines haben die Koreaner mit dem EV6 schon unter Beweis gestellt. Auch in der schönen neuen Elektrowelt gibt es echte Spaßlimousinen. Optisch dem neuen Zeitgeist entsprechend, ein bisschen leiser und ob des fehlenden Sounds vielleicht nicht ganz so emotional wie der Stinger. (Text: Rudolf Bögel | Bilder: Hersteller)

Technische Daten Kia Stinger 3.3 T-GDI V6 GT*

Modell Kia Stinger 3.3 T-GDI V6 GT
Motor 3,3 Liter-Bi-Turbo-Benziner V6
Leistung 269 kW (366 PS) bei 6.000 U/min
Drehmoment 510 Nm zwischen 1.300– 4.500 U/min
Antrieb 8-Gang-Automatik, Allrad
Verbrauch kombiniert 10,6 l / 100 km²
CO2-Emissionen kombiniert 251 g/km²
Beschleunigung (0–100 km/h) 5,4 s
Höchstgeschwindigkeit 270 km/h
Abmessungen (L/B/H) 4,83 m/1,87 m/1,40 m
Radstand 2,91 m
Leergewicht/max. Zuladung 1933 kg/392 kg
Gewichtsverteilung 43/57 %
Kofferraumvolumen 406–1.114 l
Ehemaliger Neupreis 60.620 Euro

*Herstellerangaben

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