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Milde Versuchung: Test Range Rover Sport P400 HST

Jaguar Land Rover will ab 2020 in jeder Modellreihe mindestens einen elektrischen Antrieb anbieten. Neben Plug-In-Hybriden ist hier auch die Rede von milder Elektrifizierung. Der Range Rover P400 (HST) profitiert als zweites Modell bei JLR vom neuen 6-Zylinder. Wie er sich fährt, zeigt unser Test.

Es gibt Autos, denen sieht man ihr Alter kaum an. Im Gegensatz zum Nissan X-Trail, der ähnlich lange auf dem Markt ist wie der seit 2013 gebaute Range Rover Sport, wirkt der Engländer auch weiterhin frisch wie eh und je. Das mag zum einen am großen Facelift 2018 liegen, bei dem der „kleine“ Range Rover unter anderem eine neue Frontpartie erhalten hat. Doch bereits die ursprüngliche Linienführung geht als jung und zeitlos durch. Endlich haben auch die Halogen-Scheinwerfer ausgedient, die es während der ersten Lebenshälfte des Sport noch zu kaufen gab.

Range-Rover-Sport-P400-HST-Front

Pixel-LED bringt Licht ins Dunkel

Matrix-, oder wie im Falle unseres Testwagens, Pixel-LED-Scheinwerfer bringen jetzt Licht ins Dunkel, wirken aber auch tagsüber elegant und stilprägend. Generell hat das Fahren eines Range Rovers viel mit persönlichem Ausdruck zu tun. Bullig im Auftritt, luxuriös im Innenraum und teuer in der Anschaffung. So steht der neue Reihensechszylinder-Benziner P400 für mindestens 88.500 Euro in der Liste und kostet in der Top-Ausstattung HST sogar ab 100.900 Euro (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 9,2-9,5 l/100km; CO2-Emissionen kombiniert: 209-217 g/km²). Damit rutscht er preislich spürbar in Richtung des „richtigen“ Range Rover, der samt Basis-Diesel zumindest ab 105.900 Euro zu haben ist. Warum sollte man sich also für den ähnlich teuren, aber wesentlich kleineren, Bruder entscheiden?

Range-Rover-Sport-P400-HST-Side-Rear2

Range Rover Sport HST mimt den Kurvenjäger

Weil man ihn ordentlich durch enge Kurven peitschen kann! Das mag für den einen oder anderen jetzt unvernünftig klingen, macht auf der anderen Seite aber einen Heidenspaß. Das dynamisch geregelte Luftfahrwerk ist knacke hart abgestimmt, die elektrische Lenkung präzise und damit der Range Rover Sport P400 HST in der engen Biegung nicht zum Schaukelpferd wird, gibt es obendrauf noch eine aktive Wankstabilisierung. Diese sportlichen Attribute muss man freilich mögen. Denn zum entspannten Cruisen auf der Autobahn eignet sich der HST nur dann, wenn die Fahrbahn einigermaßen gut in Schuss ist. Ansonsten gilt: Die Extremitäten werden stets eindringlich über die jeweilige Untergrundbeschaffenheit in Kenntnis gehalten.

Range-Rover-Sport-P400-HST-Interieur

Herzensgut: Der neue Reihensechszylinder

Neben dem Fahrwerk gebührt selbstverständlich auch dem Motor eine ausführliche Vorstellung. Schließlich handelt es sich beim Reihensechszylinder im P400 um eine Neuentwicklung innerhalb der Land Rover eigenen Ingenium Motorenbaureihe. Ein Twin-Scroll-Turbolader, ein elektrischer Verdichter sowie die eingesetzte Mild-Hybrid-Technologie sorgen dafür, dass die 400 PS und maximal 625 Newtonmeter aus drei Liter Hubraum verzögerungsfrei ansprechen. Was sich zunächst nach viel Technik fürs geduldige Papier anhört, ist im Alltag wahrhaft spürbar und verhilft dem Range Rover Sport P400 HST zu einem turbinenartigen Durchzugsvermögen - beinahe auf SVR-Niveau. In 5,3 Sekunden stürmt der gut 2.300 Kilogramm schwere Geländespross auf 100 km/h und verliert auf das V8-Topmodell derlei nur 0,6 Sekunden.

Range-Rover-Sport-P400-HST-Seats

Deutlich sparsamer als die Achtzylinder-Benziner

Jene Kleinlichkeit scheint jedoch verschmerzbar, in Zeiten, wo es unabdingbar um Verbräuche und CO2-Ziele geht. Begnügt sich der stets sonor klingende P400 im Datenblatt noch mit 9,2-9,5 Liter Superbenzin, sollte man im Alltag zwei bis drei Liter Expresszuschlag einkalkulieren. Doch sei festgehalten, dass bei gleichbleibendem Tempo einstellige Werte vor dem Komma durchaus realistisch sind. Die Wandlerautomatik von ZF sortiert die Fahrstufen dahingehend auch stets verbrauchsoptimiert, nervt bei höheren Geschwindigkeiten aber mit ihrer Unentschlossenheit, sich zwischen der siebten und achten Fahrstufe zu entscheiden. Auch beim betont sportlichen Fahren verzettelt sich das Getriebe des Öfteren und verlangt nach manuellen Schalteinlagen. Kurz nach dem Kaltstart, bei ebenso kühlen Außentemperaturen, vermerkten wir zudem häufig ruppige, gar etwas unwillige Gangwechsel.

Range-Rover-Sport-P400-HST-Side2

Offroad? Ja, aber nein

Da wir hier über einen Range Rover Sport schreiben, wäre eigentlich jetzt der richtige Zeitpunkt, um über die Offroad-Eigenschaften des Engländers zu lamentieren. Doch wichtiger als Böschungswinkel oder Warttiefe dürfe den Kunden die Höchstgeschwindigkeit sein. Sie liegt elektronisch begrenzt bei Tempo 225 und wahrt damit respektvoll den Abstand zu den V8-Modellen (bis zu 250 km/h). Zum fehlenden Willen abseits befestigter Wege unterwegs zu sein passt dann auch die Tatsache, dass unser Testkandidat nur mit dem serienmäßig einstufigen Verteilergetriebe ausgestattet ist. Für den unabdingbaren Offroad-Einsatz empfiehlt sich dagegen die Option auf das zweistufige Getriebe. Dank dieser mechanischen und allerhand elektronischen Hilfen sollte es folglich auch auf Schnee, Matsch und Geröll gut vorwärtsgehen – auf die Maximalbereifung im 22-Zoll-Format empfehlen wir bei jenem Vorhaben aber zu verzichten.

Range-Rover-Sport-P400-HST-Rearseats

Innenraum mit Licht und Schatten

Kaum Verzicht muss man hingegen im Innenraum des Range Rover Sport üben. Windsor-Leder überzieht Sitzflächen und Teile der umliegenden Armaturen, das 14-fach verstellbare Gestühl ist straff und langstreckentauglich gepolstert und bietet guten Seitenhalt. Es lässt sich weiterhin heizen und zumindest vorne kühlen, die Arme rasten auf verstellbaren Armlehnen und das Platzangebot ist insgesamt üppig bemessen. Anschlussmöglichkeiten für das Smartphone und optional sogar ein 230-Volt-Steckdose sind gesetzt, es fehlt allerdings an einer induktiven Lademöglichkeit. Und so schön das Interieur mit seinen mittlerweile großen Displayflächen anzusehen ist: Bei der Material- und Bedienqualität ist teils noch Luft nach oben.

Range-Rover-Sport-P400-HST-Climate

Die Heckklappe bereitet Kopfschmerzen

Manche Schalter und Knöpfe dürften dem saftigen Preisgebaren entsprechend ruhig hochwertiger daherkommen. Auch die Bedienung der volldigitalen Kombianzeige und der Navigationseinheit offenbart logische Fehltritte, wobei es endlich möglich ist, Adressen und Kontakte passabel per Sprachbefehl zu suchen. Im Kofferraum ein weiterer Haken: Wer etwas größter ist, sollte die geöffnete Heckklappe stets im Auge behalten. Sehr leicht ist das massive Schloss oder eine Blechkante dem Kopf im Weg und verursacht unschöne Kontaktmomente. Das Gepäckabteil schluckt derweil zwischen 780 und maximal 1.686 Liter, wobei es keine Option mehr auf eine dritte Sitzreihe gibt.

Range-Rover-Sport-P400-HST-Front-Side

Fazit

Für was steht eigentlich HST? Das weiß Land Rover offensichtlich selbst nicht so genau, wobei sich die Vermutung nach Hybrid, Supercharger und Turbolader aufdrängt. Jene Kombination beflügelt den 400 PS starken 3,0-Liter-Reihensechszylinder und macht ihn aktuell zu einem der besten Antriebe für den Range Rover Sport. Durch vereinzelte Segeleinlagen und die elektrische Unterstützung sinkt der Alltagsverbrauch in einen vertretbaren Rahmen, die Performance ist mehr als ausreichend und die Kombination aus straffem Adaptivfahrwerk und präziser Lenkung ergibt ein äußerst dynamisches Gesamtbild. Darunter leidet allerdings der Fahrkomfort und auch die Automatik stört mit teils ruppigen, teils unpassenden Schalteinlagen. Nicht jedes Innenraumdetail überzeugt außerdem mit einer, dem hohen Einstandspreis angemessenen, Verarbeitung. In Sachen Infotainment wird man bei Jaguar Land Rover schrittweise besser, liegt aber weiterhin hinter den deutschen Mitbewerbern. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten*

  • Modell: Range Rover Sport P400 HST Mild-Hybrid
  • Motor: Reihensechszylinder-Turbo, 2.996 ccm
  • Leistung: 400 PS (294 kW) bei 5.500 U/min
  • Drehmoment: 550 Nm bei 2.000 U/min
  • Antrieb: Allrad, 8-Gang-Automatik
  • Verbrauch kombiniert: 9,2-9,5 l/100 km²
  • CO2-Emissionen kombiniert: 209-217 g/km²
  • Beschleunigung (0 – 100 km/h): 5,3 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 225 km/h
  • Abmessungen (L/B/H): 4,88 m/2,07 m/1,80 m
  • Gewicht ca: 2.300 kg
  • Tankvolumen: ca. 104 l
  • Grundpreis: 100.900 Euro

*Herstellerangaben

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