Stellen Sie sich vor, Sie sind gerade ein wenig flüssig im Portemonnaie, die Geschäfte im vergangenen Quartal liefen gut und Sie wollen ihren frisch erworbenen Wohlstand auch in automobiler Hinsicht der gefühlskalten teutonischen Welt da draußen zeigen. Allerdings nur nicht zu protzig, nur nicht zu auffallend, nur nicht zu - neureich. Ein gebrauchter AMG-Benz fällt deshalb schonmal aus dem Raster, es darf gerne etwas exotisches sein, ein Sportwagen, italienisch, aber kein Ferrari. Dezent heißt das Zauberwort.
Früher unerreichbar, heute zum Greifen nah
Etwa ein Maserati? Inbegriff der bella macchina, der betörende Dreizack, der in den Sechzigern seine Hochzeit hatte, in den tiefen Sumpf der Achziger und Neunziger fiel, sich mit Millennium-Technik aufbäumte und momentan dank Diesel-SUV und Mittelklasse-Limo so gute Zahlen schreibt wie noch nie zuvor. Oh ja, ein Maserati könnte das Auto Ihrer ungeahnten Träume werden.
Ferrari-V8, wahlweise offen und immer betörend schön
In der Preisklasse eines aktuellen VW Golf VII, wie ihn der Nachbar bereits längere Zeit unter dem Carport seiner Doppelhaushälfte parkt, gibt es ein reichhaltiges Angebot an schönen und weniger schönen Autos mit Dreizack im Kühler. Zu den eindeutig schöneren gehört das Coupé GT. Die Bauzeit vom Jahre 2002 bis 2007, ausgestattet mit einem der besten (und nebenbei: zuverlässigsten) Ferrari-V8-Motoren und wahlweise auch als Cabrio (dann einfach nur: Spyder) erhältlich, trat der im Volksmund als 4200 Bezeichnete das Erbe des allerschönsten Maserati der Neuzeit an: dem 3200 GT.
Dessen Merkmal, die Bumerang-Rückleuchten, fielen deutlich unschöneren Standard-Leuchten zum Opfer, doch der Karosserieform tat dies keinen Abbruch. Das Coupé GT ist ein luxuriöser, herrlich kompakter, schneller Gran Turismo, den man bereits ins Herz geschlossen hat, ohne einen Meter gefahren zu sein.
Maserati fahren schafft Gelassenheit
Wenn man den Zündschlüssel erstmal gedreht und den 4,2-Liter großen Achtzylinder mit einigen kurzen Gasstößen zum Leben erweckt hat, dürfte es beziehungstechnisch zwischen Ihnen und dem Maserati nicht mehr kompliziert werden. Die Elastizität und die Gelassenheit, mit der dieser Motor an seine Arbeit geht, überträgt sich direkt auf den Fahrer. In höheren Gängen anfahren? Kein Problem. Aus dem Drehzahlkeller hochbeschleunigen? Die leichteste Übung. Gasannahme, Drehfreude, nicht zu leiser, aber eben auch nicht zu lauter Klang bilden die Rezeptur des automobilen Glücksgefühls.
Es ist dann perfekt, wenn es nicht perfekt ist
Dass dieses Glücksgefühl der ein oder andere Schönheitsfehler nicht zu lange trüben kann, ist eines der Geheimnisse für den Zugang zu (gebrauchten) italienischen Autos, den man haben sollte, um Freude an einem Maserati 4200 zu haben. Dabei ist Rost ob der guten Karosseriequalität und ihrer Verarbeitung noch das geringste Problem, mal abgesehen von den Radschrauben und dem etwas anfälligen Heckblech. Fehler in der in Italien damals noch relativ unerforschten Elektronik sind nicht selten, das automatisierte Schaltgetriebe „Cambiocorsa“ ist, wenn verbaut, gewöhnungsbedürftig und im Zweifel schlichtweg alt, weshalb wir einen der seltenen Handschalter bevorzugen würden. Die Fensterheber sind mitunter recht langsam unterwegs und ebenso kann die Alarmanlage ein gewisses Eigenleben führen. Kein Zeichen mangelnder Pflege sondern einfach altersbedingt sind die mit der Zeit sehr unansehnlich werdenden Bedienelemente mit Softlacküberzug im Innenraum. Der Austausch gegen teure Neuteile ist nicht zu empfehlen und mangels Verfügbarkeit auch kaum machbar, vielmehr gibt es mittlerweile auch in Deutschland professionelle Aufbereiter, die die Schalter auf Dauer in den Ursprungszustand versetzen können. Dinge, die man beizeiten richten kann. Aber einen Anspruch auf Perfektion sollte man allenfalls mit gewissen Abstrichen haben. Eine der leichtesten Übungen beim Italiener, oder? Sie geben Ihre Steinofenpizza schließlich auch nicht wegen ein paar etwas zu dunkel geratener Stellen im Teig wieder zurück.
Zustand, Zustand, Zustand
Die beim Gebrauchtwagenkauf ansonsten üblichen und beachtenswerten Merkmale wie eine nachvollziehbare Historie, ein wenn möglich durchgestempeltes Scheckheft und die Absicherung der Unfallfreiheit gelten in dieser Form natürlich auch für einen Exoten wie den Maserati 4200 GT. Doch auch hier sollte man nicht zu viel erwarten. Der Import eines italienischen Autos aus Italien muss nicht unbedingt ein Ausschlusskriterium sein, hier ist der Ist-Zustand vorrangig. Und natürlich ist ein gestempeltes Scheckheft ein sehr guter Anhaltspunkt, hilft jedoch auch nicht weiter, wenn das Auto dennoch unter Wartungsstau ächzt. Vermeintlich günstige Fahrzeuge können im schlechtesten Fall ein Vielfaches von dem eines von Vornherein guten Autos kosten. Doch auch hier ist auf der sicheren Seite, wer schon zu Beginn Ausgaben im vierstelligen Bereich für die Instandsetzung und Wartung einkalkuliert.
Fazit
Wurden Sie überzeugt? Sie sollten zuschlagen, so viele gute Exemplare gibt es nicht mehr. Alternativ können wir Ihnen den zeitgleich gebauten Quattroporte V ans Herz legen. Er gehört zu den schönsten Limousinen der 2000er und trägt eine vergleichbare Technik unter seinem hübschen Pininfarina-Kleid. Die Zeit für den eigenen Dreizack in der Garage ist gekommen. Behaupten Sie nicht, wir hätten es Ihnen nicht gesagt.
Technische Daten*
- Modell: Maserati Coupé GT / Maserati Spyder
- Baujahr: 2001 - 2007 (länderabhängig)
- Motor: Achtzylinder-V, Sauger, 4.244 ccm
- Leistung: 390 PS (287 kW) bei 7.000 U/min
- Drehmoment: 451 Nm bei 4.500 U/min
- Verbrauch: kombiniert 18,6 l SP/100 km
- CO2-Emission: kombiniert 441 g/km
- Antrieb: Hinterrad, Sechsgang-Schaltgetriebe (wahlweise mit automatisierter Kupplung "Cambiocorsa")
- Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 4,9 s (Spyder: 5,0 s)
- Höchstgeschwindigkeit: 285 km/h (Spyder: 280 km/h)
- Abmessungen (L/B/H): 4,52 m/ 1,82 m/ 1,30 m (Spyder: 4,33 m/ 1,82 m/ 1,30 m)
- Gewicht: ca. 1.570 kg (Spyder: ca. 1.720 kg)
- Grundpreis (2001): ca. 90.000 Euro
*Herstellerangaben