Gutaussehend, bärenstark und nie verlegen den richtigen Ton zu treffen. Der Inbegriff des italienischen Frauenhelden wurde von Giacomo Casanova im 18. Jahrhundert geprägt und von Maserati in Form des Ghibli in die Gegenwart übersetzt. Dieser ist zwar bereits seit 2013 auf dem Markt, doch erst jetzt ist er als mindestens 132.090 Euro teurer Trofeo zu dem gereift, was er schon vor über acht Jahren sein wollte: ein herausragender Reisesportwagen (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 12,3-12,2 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert 278 g/km²).
Zum eleganten Äußeren gesellt sich nunmehr ein langersehnter und weiterhin standesgemäßer Achtzylinder. Wenngleich der Ghibli nie an Leistungsarmut litt, so waren die von Chrysler gelieferten und von Ferrari finalisierten 60-Grad-V6-Triebwerke immer eine Art gutgemeinter Kompromiss. Feudal geklungen haben sie alle, aber erst der neue Twin-Scroll-Turbo-V8 im Ghibli Trofeo bringt das Blut in den Adern so richtig in Wallung.
Auch hier hatte Ferrari die Finger im Spiel – diesmal jedoch ohne Umwege über den großen Teich. Unter der Aluminiumhaube arbeitet nämlich, im Hubraum und Finish leicht abgewandelt, der gleiche 90-Grad-V8, der auch den neuen Ferrari Roma befeuert (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 10,3 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert 234 g/km²). 427 kW/580 PS und 730 Newtonmeter stemmt das 3,8-Liter-Aggregat auf die Kurbelwelle, treibt einzig die Hinterräder an und lässt den Italiener bis Tempo 326 eilen. Solch Grobschlächtigkeit erlauben sich sonst nur noch die Amerikaner, wohingegen die deutschen Mitbewerber mittlerweile allesamt auf Allradantrieb setzen.
Der Verzicht auf zusätzliche Traktion spart nicht nur Gewicht, er lässt dich bereits in den ersten Kurven merken, dass in der Mehrlenker-Hinterachse sehr viel Leben steckt. Die Sicherheitselektronik des Modenesi hält die 580 Pferde allerdings stets gekonnt im Zaum – zumindest so lange, bis du auf „Corsa“ umschaltest. Dann malträtieren die im Bug gefangenen italienischen Kaltblüter die Hinterräder im optionalen 21-Zoll-Format mit großer Vehemenz und sorgen dafür, dass die aufgezogenen Pirelli P Zeros allzu gerne an ihre Haftungsgrenzen stoßen. Mittels der präzisen Lenkung lässt sich die Querdynamik sodann entsprechend des Kurvenradius korrigieren und im Zweifel helfen die Brembo-Bremsen, den Wagen wieder sauber zum Stehen zu bekommen.
Auf der Geraden dann, brennt der Trofeo-V8 ein wahrhaftiges Leistungsfeuerwerk ab. Er hängt brachial am Gas, harmoniert in weiten Teilen mit der ZF 8-Gang-Automatik und ist auch akustisch ein Leckerbissen. Zwar ist der Innenraum des Maserati beinahe schon zu gut gedämmt, doch die Blicke von Fußgängern verraten schnell, dass die vier Fanfaren am Heck sehr wohl das altbekannte Lied spielen können. Dass es zudem einen extralauten Kaltstart gibt erfreut das Kind im Manne mindestens genauso, wie die Tatsache, dass deaktivierte Fahrhilfen über einen Fahrzeugneustart hinaus ausgeschaltet bleiben.
Wenn es um den Kraftstoffverbrauch geht, sollte die Lady oder der Gentlemen hinterm Steuer jedoch besser schweigen. 18 Liter bei halbwegs forscher und immer noch 12 Liter bei angepasster Geschwindigkeit lassen den Ferrari-V8 kaum als Kostverächter durchgehen. Dafür benötigt er immerhin nur Benzin der Sorte E5 beziehungsweise E10. Wird der Maserati Ghibli Trofeo ohne sportliche Ambitionen bewegt, besticht das verbaute Skyhook-Adaptivfahrwerk durch vergleichsweise viel Restkomfort und selbst in der Sportstellung wird es nur selten hölzern. Einzig wellige Fahrbahnbeläge mit deutlichen Querfugen scheinen markanter zu den Insassen durch und können in Kombination dafür sorgen, dass sich die Hinterachse teils sprunghaft versetzt.
Neben dem Achtzylinder und der Art und Weise wie sich der Trofeo fahren lässt, gibt es noch ein weiteres Highlight zu vermelden. Mit dem neuen Modelljahr hat Maserati endlich ein anständiges Infotainment-System auf Android-Basis zu bieten. Das neue 10,1-Zoll-Touchdisplay gefällt durch sein hochauflösendes Bild, die Bedienung geht weitestgehend leicht von der Hand und selbst die Spracheingabe reagiert schnell und unkompliziert. Die Integration von Android Auto und Apple CarPlay ist mittlerweile selbstverständlich, die Positionierung der USB-Ports direkt unter dem Klimabedienteil wirkt allerdings etwas unglücklich gewählt.
Wiederum ein nettes Ausstattungsdetail ist das gekühlte Fach der Mittelarmlehne, in dem genau zwei beflügelte Energy-Drinks nebst Schokoriegel festen Halt finden. Dass Maserati trotz aller Moderne auch weiterhin auf Tradition setzt, zeigen die analogen Instrumente hinter dem fein gearbeiteten Ledervolant. Insgesamt überzeugt der Innenraum des Ghibli Trofeo durch seine hochwertige Materialauswahl, wobei einzig die vier Haltegriffe im Dachhimmel von äußerst preisgünstiger Natur sind. Dagegen das Maß der Dinge – allen voran für Großgewachsene – sind die straffen, aber ergonomisch sehr ausgewogenen Sportsitze der ersten Reihe, die einzig einen Hauch mehr Seitenführung verdient hätten.
Der Maserati Ghibli ist per se kein neues Auto, der Maserati Ghibli Trofeo V8 fühlt sich aber danach an. Er differenziert sich spürbar vom germanisch geprägten Einerlei hochgezüchteter Sportlimousinen und setzt mehr auf Klasse, statt auf Masse. Ihn fährst du als Kenner, schätzt den Ferrari-V8, das feinsehnige und manchmal anspruchsvolle Fahrverhalten und wirst selbst ob dem Infotainment-System in Zukunft mit Sicherheit nicht mehr verspottet. Betont werden muss an dieser Stelle zudem die für einen Italiener beinahe ungewohnt hohe Fahrzeugqualität: Türen, die so satt ins Schloss fallen, erinnern an hierzulande fast vergangene Tage. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)