Darf man bei einem Einstandspreis von 71.519 Euro überhaupt von einem „Einsteiger-SUV“ sprechen? Im Falle des Maserati Grecale GT (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 9,2-8,7 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 208-198 g/km)² ist dem wohl so. Denn günstiger lässt sich neu derzeit kein Dreizack erwerben, wobei am anderen Ende der Richtungsskala der Supersportwagen MC20 (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,5 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 261 g/km)² mit knapp einer Viertelmillion Euro (plus Sonderausstattung) zu Buche schlägt. Die Grecale Top-Version „Trofeo“ mit 530 PS (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,2 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 254 g/km)² teilt sich mit der Mittelmotor-Flunder indes, zumindest in seinen Grundfesten, den Nettuno getauften Sechszylinder, wohingegen der hier erstmals gefahrene 300-PS-Basis-Vierzylinder ohne besondere Namensgebung auskommen muss.
Vielmehr bedient man sich mit dem 2,0-Liter-Turbobenziner am „Global Medium Engine“-Baukasten des FCA-Konzerns, den man so auch in aktuellen Alfa Romeo- und Jeep-Modellen wiederfindet. Zumindest fast. Denn wie schon im Ghibli gibt es den Benziner bei Maserati nur noch mit teilzeitlicher Elektrifizierung. Dank eines 48-Volt-Mild-Hybrid-Systems leistet der Motor nicht nur 50 PS mehr als im technisch eng verwandten Alfa Romeo Stelvio, er geht auch spürbar besser vorwärts. Die turbobedingte Anfahrschwäche aus niedrigen Drehzahlen wird größtenteils „weggeboostert“, der Durchzug ist ordentlich und selbst bei der Laufkultur deutet relativ wenig auf einen Vierzylinder hin.
Trotz Baukasten, trotz weniger Zylinder und somit einer eher bescheidenen Ausgangslage für einen in Benzin und Leidenschaft getränkten Sportwagenbauer: Der Antrieb schafft es Emotionen zu wecken und setzt sich damit spürbar vom Aggregat im Basis Porsche Macan ab (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 10,7-10,1 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 243-228 g/km)². Dieser kann seinen Einheits-Vierzylinder aus dem VW-Konzern kaum verleugnen, wirkt (auch wegen der 45 PS weniger) auf dem Gaspedal schlapp und ist mit vergleichbarer Ausstattung ebenfalls kein Schnäppchen mehr. Der Motor freilich ist nur ein Puzzleteil, kommt es darüber hinaus auf viele andere Faktoren an. Doch auch in Sachen Querdynamik lässt sich Maserati nicht lumpen.
Die Lenkung arbeitet angenehm direkt, dass adaptiv regelbare Fahrwerk verfügt über einen guten Spreizungsbereich zwischen Komfort und Dynamik und der hecklastig abgestimmte Allradantrieb des Grecale sorgt insbesondere im Sport-Modus für große Begeisterung. Schon ohne das Deaktivieren der Stabilitätskontrolle sind lässige Powerslides am Kurvenausgang möglich, die Elektronik gesteht dem Lenker sichtlich sehr viel (abgesicherten) Spielraum zu, ohne das eigene Können unangenehm in Frage zu stellen. Eine gut dosierbare Bremsanlage sowie das verschliffen arbeitende 8-Gang-Automatikgetriebe von ZF runden das positive Gesamtbild im Fahrkapitel weiter ab.
Im Gegensatz zum locker auftretenden Maserati Grecale wirkt der Porsche Macan, zumindest in seiner Basisausführung, wie ein zahnloser Tiger, der sich vor der griechischen Meeresbrise deutlich in Acht nehmen muss. In Anspielung an die jeweilige Namensgebung muss aber fairerweise erwähnt werden, dass der Porsche mittlerweile ein altes Auto ist. Seit 2014 befindet er sich auf dem Markt und ist damit sogar älter als die 2016 bei Alfa Romeo eingeführte Giorgio-Plattform, die neben dem Grecale auch Stelvio und Giulia eine Basis bietet. Ab 2023 werden dann ohnehin die Karten neu gemischt, treten beide SUVs erstmals als vollelektrische Varianten gegeneinander an und der Porsche zusätzlich als komplett neue Modellgeneration.
Mit Bick in den Innenraum offenbart der Maserati Grecale GT währenddessen seine luxuriöse Seite. Feines Leder, Aluminiumapplikationen und je nach Ausstattungsvariante offenporiges Holz schmeicheln Augen und Händen, die Verarbeitungsqualität gefällt und kleine Details sorgen für den gewissen Unterschied. Ob es nun die Türöffner aus dem MC20 (oder Fiat 500 Elektro) sind, die riesengroßen Alu-Schaltpaddels oder die zentrale Digitaluhr im Analogdesign, die per Knopfdruck zum persönlichen Assistenten mutiert – es sind Akzente, die das Cockpit des Grecale wohnlich gestalten. Zusätzlich gibt es sehr bequemes Sportgestühl, selbst für Großgewachsene reichlich Platz in der ersten und zweiten Sitzreihe sowie mit bis zu 535 Liter einen stattlichen Kofferraum. Anhänger dürfen bis maximal 2,3 Tonnen gezogen werden.
Kritik gibt es hingegen an der Bedienung zu äußern. Zu überladen wirkt das Lenkrad, zu kleinteilig und träge die Handhabung des zusätzlichen Komfortdisplays, das nunmehr auch die Klimaanlage steuert. Hier wirkt das System im Ghibli, bestehend aus einem großen Touchbildschirm und einem weiterhin analogen Klimabedienteil, deutlich stimmiger, wobei auch der Grecale auf Android Auto als Infotainment-Betriebssystem setzt. Bei der Übersetzung einzelner Menüfelder sind die Italiener indes sehr ambitioniert ans Werk gegangen und zeigen beispielsweise den Energiefluss des milden Hybridsystems unter dem Reiter "Elektrofahrzeug" an.
Selten war ein Basis-Vierzylinder in einem SUV so lustvoll zu fahren wie im Maserati Grecale GT. Natürlich wäre es ihnen in Modena lieber gewesen mehr Zylinder und Hubraum bereits im Grundmodell zu bringen. Doch die Zeiten ändern sich nun einmal und was früher ein V8 war wird morgen eben vollelektrisch sein. Längs- und Querdynamisch macht der Grecale GT einiges her und bietet auch innen viel hochwertiges Ambiente. Größter Kritikpunkt bleibt die Bedienung, die einmal mehr zeigt, dass nicht jede Funktion, gesteuert über ein Display, Sinn ergibt. Für Porsche wird es derweil Zeit, den Nachfolger des Macan auf den Weg zu bringen, um den Anschluss halten zu können. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)
*Herstellerangaben