Es gibt Autohersteller, die drehen sich wie das sprichwörtliche Fähnchen im Wind. Und es gibt Autohersteller wie Mazda. Die Japaner bauen schon seit Dekaden Autos, die immer mal wieder anders waren als die anderen. Ob nun der Kreiskolbenmotor im Cosmo der späten 1960er-Jahre oder die „rightgesizte“ Batterie im aktuellen MX-30 (Stromverbrauch kombiniert: 17,3 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km; elektrische Reichweite: bis zu 265 km)² – so recht unterordnen wollte und will man sich in der Präfektur Hiroshima nicht. Der neueste Streich: Ein Reihensechszylinder-Diesel mit 3,3 Liter Hubraum in zwei Leistungsstufen, verbaut im ebenfalls noch gar nicht so alten Mazda CX-60 ab 46.150 Euro.
Zugegeben: So recht konnten wir uns mit dem neuen Mazda-SUV während des ersten längeren Tests Ende 2022 nicht anfreunden. Das lag vor allem am damals gefahren Plug-in Hybrid (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 2,2 l/100 km; Stromverbrauch kombiniert: 16,0 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 48 g/km; elektrische Reichweite: 63 km)². Der PHEV war zu unausgereift in seiner Abstimmung und verfügte lediglich über eine durchschnittliche (und oftmals falsch angezeigte) elektrischen Reichweite. Das Auto drum herum allerdings ließ schon damals viel Potenzial erkennen. Optisch ausgewogen, wertig verarbeitet und mit allem ausgerüstet, was das heutige Autofahrerherz so begehrt, lag ein Vergleich zu deutschen Premium-Marken durchaus nahe.
Weiter verstärkt wird dieser Eindruck, wirft man einen Blick unter die große Motorhaube. Wer bitte, außer Mazda, baut solche Motorabdeckungen? Solche, die sich entriegeln und hochklappen lassen, damit der Blick auf den darunterliegenden Antrieb leichter gelingt und mögliche Wartungsarbeiten einfacher vonstattengehen können. Wo es beim PHEV-Vierzylinder noch Luft nach vorne gab, füllt die neu entwickelte 3.3-Liter-Maschine den kompletten Bauraum aus. Einmal gestartet, macht der Selbstzünder keinen Hehl aus seiner Verbrennungsfunktion. Kernig klingend liegt er im Leerlauf nun vor uns und wartet auf seinen Einsatz. Zunächst testen wir die Top-Variante mit stets allradgetriebenen 254 PS und 550 Newtonmeter Drehmoment (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 5,3–5,2 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 139-137 g/km)², wobei letzteres bereits ab 1.500 Umdrehungen pro Minute anliegt. Unterstützt wird der Mildhybrid-Diesel dabei von einem 12,4 kW starken Elektromotor, der am Drehmomentberg einen Anteil von bis zu 153 Newtonmeter hat.
Das sind Werte, mit denen es sich im Alltag schon gut leben lässt und die wenig Mühe damit haben, den gut zwei Tonnen schweren Mazda CX-60 nach vorne zu bewegen. Auf der Autobahnzufahrt raus vom Flughafen Barcelona eine erste Kickdown-Probe: Der großvolumige Diesel schiebt nachdrücklich an, erhebt deutlich seine Stimme, will dir zeigen, dass unter der Haube wahrlich noch ein Verbrenner arbeitet.
Das schindet schon Eindruck, schließlich sitzen wir hier in einem Mazda und nicht in einem BMW X3. Dieser wird auch allzu gerne als enger Mitbewerber gesehen, wobei dessen R6-Verbrauchswerte, nicht nur gemäß WLTP-Zyklus, in der Tat höher ausfallen als beim Japaner. Der Top-Diesel wird mit gerade einmal 5,3 Litern auf 100 Kilometer angegeben – zumindest auf spanischen Autobahnen ein nicht gänzlich unrealistischer Wert. Aber auch wer den deutschen Autofahrerinnen und Autofahrern höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten unterstellen mag, wird kaum die Sieben-Liter-Grenze erreichen.
Maßgeblich zur Verbrauchsreduktion trägt das erweiterte i-Stopp-System bei, das durch die Mildhybrid-Komponenten öfter den Diesel stilllegt. Die Kehrseite ist allerdings ein bisweilen ruppiges Anfahrverhalten aus der Ruhephase heraus, zudem muss sich das eigens entwickelte Achtgang-Getriebe ohne Drehmomentwandler zunächst einmal sortieren. Wer sich am System zur Gänze stört, kann es aber auch per Knopfdruck deaktivieren. Die querdynamischen Eigenheiten des neuen Mazda CX-60 Diesel erkunden wir derweil mit der schwächeren und alternativlos hinterradgetriebenen Variante des 3,3-Liter-Reihensechszylinders. Diese kommt auf nur 200 PS und 450 Newtonmeter Drehmoment, schlägt sich aber nicht weniger souverän (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 5,0 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 130-128 g/km)².
Auch wenn Mazda für den 200-PS-Diesel mit einer eher geringen Bestellrate bei seiner Käuferschaft rechnet, untermotorisiert fährt der CX-60 mit dem Standard-Antrieb nicht vor. Es zeigt sich: Hubraum ist eben doch durch (fast) nichts zu ersetzen. Es zeigt sich ebenfalls: Der Verbrauch gegenüber der stärkeren Variante unterscheidet sich kaum, liegt während der ersten Testfahrten ebenfalls im Bereich um sechs Liter auf 100 Kilometer. Durchaus ersetzbar wäre allerdings das Fahrwerk gewesen, das, wie schon beim Test zum PHEV bemängelt, auf der harten Seite des Lebens zuhause ist.
Wer nun, ob der harten Dämpfer, eine überbordende Dynamik erwartet, liegt ebenfalls daneben. Der CX-60 durchfährt die Gebirgszüge der katalanischen Costa Brava zwar mit Fassung, zeigt dir aber durch deutliche Wankbewegungen an, dass diese Straßen eigentlich nicht sein bevorzugtes Territorium sind. Andererseits ist er kaum in der Lage Querfugen oder generell schlechte Asphaltpisten für die Fahrzeugklasse ausreichend sanft zu kaschieren. Hier darf Mazda in Zukunft gerne noch nachlegen.
Wo andere Hersteller den Verbrenner im Hubraum weiter beschneiden, den Diesel einstellen und vermehrt auf Elektroantriebe setzen, geht Mazda, zumindest im Moment noch, einen völlig anderen, einen eigenen Weg. Auch der neue 3,3-Liter-Diesel des CX-60 ist nach dem Rightsizing-Prinzip der Japaner entwickelt worden und fühlt sich für das SUV derlei auch passend dimensioniert an. Beide Leistungsstufen, die Laufkultur, aber vor allem die niedrigen Verbrauchswerte können überzeugen, die ruppige Anbindung an das (deaktivierbare) 48V-Stopp-Start-System sowie das weiterhin zu harte Fahrwerk dagegen weniger. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)
*Herstellerangaben