Mazda, so scheint es, sieht die zukünftige Entwicklung der Autowelt ein wenig anders als viele seiner Mitbewerber. Elektromobilität ja, aber nicht gleich zu 100 Prozent. Es werden neue Benziner und vor allem Reihensechszylinder-Diesel entwickelt, anstatt auf Front- will man vermehrt auf fahrspaßorientierten Hinterradantrieb setzen. Was sich liest wie die einstige BMW-Fibel, um Freude am Fahren, zielt genau auf diese Zielgruppe ab. Dieser Umbruch in der Firmenpolitik kostet Geld, welches die Japaner zum Beispiel im Kleinwagensegment einsparen wollen. Denn obwohl man gerne den „Mut zum Anderssein“ auf der eigenen Webseite propagiert, mit dem vermehrten Fokus auf Sport Utility Vehicle (SUV) folgt man, wie alle anderen auch, einem klaren Markttrend.
Dem unterordnen müssen sich sowohl der Mazda2, der als kostenoptimierter Toyota Yaris-Klon weiterleben darf, sowie die Mittelklasse-Modelle der 6er-Reihe, die, Stand heute, keine direkten Nachfolger erhalten werden. Dagegen zeigt sich der hier getestete CX-60 als „Mazdas neue Klasse“. Erstmals fährt mit ihm ein Modell auf der eigens entwickelten „Large-Platform“ vor, die Einstiegsmotorisierung bildet seit kurzem ein etwas gewaltig anmutender 3,3-Liter-Diesel mit dann nur lediglich 200 PS (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 5,0 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 130 g/km)². Aber wir hatten es schon erwähnt: Die Kosten müssen im Blick behalten werden.
So verzichtet Mazda offenkundig auf die Entwicklung eines zusätzlichen Vierzylinders und in besonders hubraum- oder dieselkritischen Märkten wie den Niederlanden bietet man den Selbstzünder erst gar nicht mehr an. Sie erhalten im CX-60 bislang einzig die Option auf den hier gefahrenen 327 PS starken 2,5-Liter-e-Skyactiv Plug-in-Hybrid, der in seiner Machart stellenweise wie eine Notlösung wirkt (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 2,2 l/100 km; Stromverbrauch kombiniert: 16,0 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 48 g/km; elektrische Reichweite: 63 km)².
Das Wichtigste vorweg: Mit einem zügigen Autobahnverbrauch von rund acht Litern auf 100 Kilometer ist der Mazda CX-60 e-Skyactiv auch auf längeren Strecken noch einigermaßen sparsam unterwegs. Wer die 17,8 kWh große Batterie, verbaut im Fahrzeugboden, regelmäßig per 7,2 kW AC-Anschluss lädt und nur auf kürzeren Strecken, unterhalb 40 Kilometer, unterwegs ist, schafft auch locker weniger. Rein elektrisch Stromern kann der CX-60 übrigens bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h.
Doch gerade im Landstraßen- und Stadtverkehr, dann, wenn sich Benziner und E-Motor öfter abwechseln, fehlt es spürbar an Harmonie. Deutliche Ruckler und Schläge, ausgeprägte Gedenksekunden und raue Klänge des Vierzylinders nehmen dem CX-60 viel von seiner Souveränität. Ist der 2,2 Tonner jedoch erst einmal in Fahrt, so wirken die Werksangaben von 5,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 glaubhaft, abgeregelt wird dagegen bereits bei 200 km/h. Mit seinen 327 PS ist der CX-60 e-Skyactiv zugleich der stärkste je produzierte Serien-Mazda mit Straßenzulassung. Die Leistung resultiert aus dem Zusammenspiel eines 141 kW/191 PS starken 2,5-Liter-Skyactiv-G-Saugbenziners und der im Achtgang-Automatikgetriebe untergebrachten 129 kW/175 PS starken E-Maschine, der Antrieb des PHEV erfolgt serienmäßig über alle vier Räder. Das maximale Systemdrehmoment beträgt 500 Newtonmeter.
Anstelle des hohen Leistungsniveaus des Plug-in Hybrid hätten wir uns allerdings eine bessere Abstimmung von Fahrwerk und Lenkung gewünscht. Der CX-60 ist für die hiesigen Straßenverhältnisse schlicht und ergreifend zu hart abgestimmt und stolpert schon arg über grobes Flickwerk und Bodenwellen. Hinzu gesellt sich eine rückmeldungslose Lenkung, die es einem gleichzeitig nicht ermöglicht, sauber die Spur zu halten. Stets sind millimeterweise Korrekturen am Volant erforderlich, was sich insbesondere auf der Langstrecke negativ bemerkbar macht.
Ebenfalls eine Sache, über die Mazda noch einmal nachdenken sollte: Die Tank- und Reichweitenanzeige im CX-60 e-Skyactiv. So präsentierte der Testwagen bei Übergabe eine voll geladene E-Reichweite von utopischen 90 Kilometern. Nach etwas mehr als fünf Kilometern rein elektrischer Fahrt zeigte der Bordcomputer dann wieder weitaus realistische 40-plus-x-Kilometer an. Wenngleich eine fehlerhafte E-Reichweitenanzeige bei einem PHEV meist nur ärgerlich ist, sieht es bei der regulären Benzin-Tankuhr schon wieder anders aus. Auch hier stimmten Soll- und Ist-Werte während des Tests nicht überein.
Während einer längeren Autobahnetappe sprang die Tankanzeige plötzlich wieder auf dreiviertel voll, obwohl wir bereits 300 Kilometer zurückgelegt hatten. Auch als wir bei Kilometerstand 547 nach Abfahrt zur Zapfsäule rollten, vermeldete der Mazda CX-60 immer noch einen knapp halb vollen Kraftstofftank. Nach getankten 43,18 Litern, bei einem Tankvolumen von maximal 50 Litern, war klar: Auch hier kann etwas nicht stimmen. Der Bordcomputer vermeldete zu diesem Zeitpunkt übrigens noch eine kombinierte Restreichweite von 250 Kilometern, die elektrische Reichweite lag allerdings bei null Kilometern.
Fehleranfällig und bevormundend sind zudem die Assistenzsysteme des Mazdas. Der aggressiv agierende Spurhalteassistent lässt sich nur umständlich über das Infotainment-Menü deaktivieren, allerhand Umfeld-Warnsysteme müssen zusätzlich per Knopf links neben dem Lenkrad abgeschaltet werden. Trotz Abwahl meldete sich zudem die Anzeige des Head-up Displays hin und wieder, auch über einen Fahrzeugneustart hinaus, automatisch zum Dienst.
Weiter mit der Bedienung: Das an BMWs iDrive angelehnte System wäre so schlecht nicht, wäre es teils nicht so zähflüssig zu bedienen. Spracheingaben funktionieren nur unzureichend und das Navigationssystem blendet „kürzere“ Routen ein, die 12 Stunden länger dauern als ursprünglich berechnet (bei einer Fahrtzeit von 30 Minuten). Dementsprechend positiv zu werten ist die kabellose Verbindungsmöglichkeit von Apple CarPlay und Android Auto. Google Maps und Spotify lassen die Unzulänglichkeiten des Mazda-Systems schnell vergessen. Die induktive Ladeschale derweil arbeitet, wann und wie sie lustig ist.
Um den CX-60 zum Ende hin allerdings nicht schlechter wirken zu lassen als er derzeit ist, kann man Mazda ein großes Lob für den Innenraum bescheinigen. Der eingesetzte Materialmix gefällt, die Sitze in der zweithöchsten Ausstattungslinie Homura (ab 54.750 Euro für den Plug-in Hybrid) sind bequem, das Platzangebot ist gut und auch das Ladeabteil kann sich mit 570 bis 1.726 Litern sehen lassen. Mit diesen Werten überflügelt der 4,75 Meter lange Japaner selbst gestandene SUV vom Schlage des ersten Porsche Cayenne. Erwähnenswert: Trotz Hybridisierung darf der Mazda bis zu 2,5 Tonnen an den Haken nehmen.
Der Mazda CX-60 e-Skyactiv lässt im Test viel Potenzual erkennen, derzeit fehlt es allerdings noch am richtigen Reifegrad. Das unharmonische Motorenduo, das brettharte Fahrwerk und die ziellose Lenkung bilden eine wenig begehrenswerte Einheit; im Testwagen nervte zudem die ungenaue Tankanzeige sowie die übereifrigen Assistenszysteme. Letztere gehören per einfacher Tastenkombi (ähnlich VW) deaktiviert – alles andere stellt eine unnötige und teils gefährliche Bevormundung dar. Unsere Empfehlung lautet daher: Abwarten, unbedingt vor dem Kauf Probe fahren und hoffen, dass Mazda bis zum Erscheinen der Reihensechszylinder-Versionen Anfang 2023 noch einmal nachbessert. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)
*Herstellerangaben