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Erster Test: Mercedes-Klasse C-Klasse – Doppel-Stern

Mercedes hat der neuen C-Klasse zwei Gesichter verpasst. Die Classic und Elegance-Varianten fahren mit gewohntem Grill und Stern auf der Haube vor. Die Avantgarde-Linie dagegen trägt das Logo mitten in der Kühlermaske - bislang Privileg der sportlichen Coupés.

Zweigesichtig gibt sich der Urahn des Baby-Benz dann auch auf der Straße: Dynamisch wie die besten seiner Klasse und zugleich komfortabel wie ein echter Mercedes. Bei diesem Auto haben die Stuttgarter in mehrfacher Hinsicht Mut bewiesen. Etwa beim Design: Analog zum Styling der S-Klasse kommt die Mittelklasse-Limousine wuchtig und verspielt, zum Teil etwas gewöhnungsbedürftig, aber alles andere als langweilig daher. Da wären einmal die erwähnten zwei Antlitze, dann die ausgestellten Radhäuser, die markant geschwungene Lichtkante in der Flanke und das kräftige, wenn auch etwas pummelige Heck. Bieder ist jedenfalls anders.

Mut auch bei der Entwicklung: Dank einer Vielzahl virtueller Tests an digitalen Prototypen ging es schnell voran. „Die gesparte Zeit konnten wir dann ins Finetuning investieren“, erklärt DaimlerChrysler-Boss Dr. Dieter Zetsche. Letztlich seien dreimal mehr Testkilometer abgespult worden als beim Vorgänger. „Und das hat sich gelohnt“, wirbt Zetsche.

Neu und doch bekannt

Das wollen wir nun anhand eines C280 Avantgarde überprüfen. Ich nehme Platz und bin so gar nicht erstaunt. Alles irgendwie Mercedes, die Armaturen, der Lenkstockhebel, die Atmosphäre. Das also meinen die von der Marketing-Abteilung mit dem „Willkommen-zuhause-Gefühl“.

Dabei unterscheidet sich das zweifarbige Interieur deutlich vom Vorgänger. Der Armaturenträger ist aus einem Guss und fließt quasi in die Mittelkonsole über. Das erinnert eher an einen BMW X3 denn an ein anderes Produkt aus dem Hause Daimler. Zentrales Bedieninstrument ist nun der silberne Drehdrück-Controller im Mitteltunnel, sinnvoll ergänzt um einige herkömmliche Tasten in der Mittelkonsole. Der hoch oben platzierte Navi-Bildschirm fährt bei Bedarf aus. Wenn nicht gebraucht, verschwindet er unter einer Klappe.

In Sachen Qualitätsanmutung dann ein zwiespältiges Bild. Die Alu-Zierleisten und die fein gearbeitete Lederausstattung (fast 2.000 Euro) lassen einen in der Luxusklasse wähnen. Die neu genarbten, weich unterschäumten Kunststoffe dagegen glänzen stark - womit sie mehr nach Plastik aussehen als sie tatsächlich sind.

Vorne super, hinten passabel

Die Sitzposition für Fahrer und Beifahrer ist vorbildlich. Das Lenkrad lässt sich längs und in der Höhe verstellen, die Sitzhöhe und die Lehnen serienmäßig elektrisch. Der Tacho ist auffallend groß und beheimatet ein zentrales Info-Display.

Kaum Verbesserung gibt es beim Platzangebot im Fond zu verzeichnen. Etwas mehr Innenbreite und ein Zentimeter mehr Beinfreiheit reißen es nicht heraus: Der Mittelklasse-Mercedes ist auch in seiner jüngsten Auflage kein Raumwunder, für Knie und Kopf wünscht man sich mehr Freiraum. Der Kofferraum ist gewachsen, schluckt nun voll reisetaugliche 475 Liter. Auf Wunsch (rund 300 Euro) gibt es eine geteilt umklappbare Rückbank mit Durchreiche.

Famoses Fahrwerk

Großen Aufwand betrieb Mercedes-Benz bei der Fahrwerksentwicklung. Das bei allen serienmäßige, so genannte Agility Control-Paket beinhaltet eine überarbeitete Vorderachse, eine direktere Lenkung, eine komplett neue Hinterachse und ein selektives Dämpfungssystem, das die Stoßdämpferkräfte an die jeweilige Fahrsituation anpasst.

Die Mühen haben sich gelohnt, die neue C-Klasse ist das ausgewogenste Auto seiner Klasse, höchst komfortabel und sportlich agil zugleich. Querfugen werden supersanft weggeschluckt und welliger Belag souverän abgefedert. Geradeaus spurt die C-Klasse satt und leise wie eine Oberklasselimousine. Andererseits folgt der Wagen präzise den Lenkbewegungen und neigt sich auch in schnellen Kurven nur gering zur Seite. Alles in allem gibt sich der Schwabenschlitten durchaus dynamisch, aber nicht ganz so direkt und aggressiv wie die bayerischen Kontrahenten.

Kraftvoll und gepflegt

Was Leistung und Laufkultur angeht überzeugt der von uns gefahrene 280er-Benziner auf der ganzen Linie. Der 3,0-Liter-V6 leistet 231 PS und kommt auf ein maximales Drehmoment von 300 Nm, das im weiten Drehzahlbereich von 2.500 bis 5.000 Touren bereit steht. In Verbindung mit der Siebengangautomatik (rund 2.300 Euro) spurtet der 1,6-Tonner in nur 7,2 Sekunden auf Tempo 100 und schafft eine Höchstgeschwindigkeit von 244 km/h.

Der heftige Vortrieb passiert denkbar unaufgeregt. Der V6 hält sich akustisch in jeder Situation auffällig zurück. Im höheren Drehzahlbereich gibt die Auspuffanlage ein angedeutetes Trompeten von sich - alles sehr dezent. Andererseits: Wer es krachen lässt, braucht sich nicht wundern, wenn sich der Durchschnittsverbrauch bei 15 statt der angegeben 9,4 Liter Super je 100 Kilometer bewegt.

Hohe Preise, gute Ausstattung

Nahezu unverändert beginnt die Preisliste bei knapp unter 30.000 Euro für den (erst ab August lieferbaren) C 180 Kompressor. Der von uns gefahrene 280er kostet mit Handschaltgetriebe und in der Basisausstattungslinie Classic fast 36.000 Euro - rund 2.000 Euro mehr als der Vorgänger.

Wobei sich die Ausstattung durchaus sehen lassen kann, unter anderem gehören sieben Airbags, eine Zweizonen-Klimaautomatik, Nebelscheinwerfer, elektrische Fensterheber rundum und Leichtmetallräder zum Lieferumfang. Die höherwertigen Linien Elegance und Avantgarde kosten etwas mehr als 2.000 Euro Aufpreis. Einziges nicht serienmäßiges Sicherheitsfeature ist das aus der S-Klasse bekannte Pre-Safe-System (rund 400 Euro).

Fazit

SLK, CLS, S-Klasse, CL und nun auch der Bestseller C-Klasse: Mercedes verabschiedet sich konsequent vom biederen Image, konfrontiert die Kunden mit polarisierend gestylten Fahrzeugen. Hinsichtlich der Fahreigenschaften geht die Entwicklung klar in Richtung Sportlichkeit - ohne dabei Verzicht beim Komfort einzufordern. Das neue Fahrwerk jedenfalls ist ein Meilenstein, macht die C-Klasse zum ausgewogensten Auto der Mittelklasse.

Motorenseitig bietet Mercedes keine Innovationen. Moderne Spritsparkonzepte wie Benzindirekteinspritzung oder Start-Stopp-Funktion sucht man vergebens, sollen aber folgen. Andererseits ist den Stuttgartern zugute zu halten, dass ihre aktuellen Triebwerke - vor allem die Selbstzünder - auch so zu den sparsamsten gehören.

Preislich ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen - womit die Mercedes C-Klasse klar der teuerste Vertreter in seinem Segment bleibt. Die Grundausstattung ist inzwischen ausgesprochen gut, die Liste der Extras so lang wie exklusiv. Dass die Kunden auf Individualisierung stehen, zeigt die Sache mit den zwei Gesichtern: Von den über 60.000 Vorabbestellungen entfällt rund die Hälfte auf die Coupé-näsige Avantgarde-Linie - deutlich mehr als beim unigesichtigen Vorgänger.

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