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Erster Test: Mercedes-AMG GT Viertürer Coupé – Sportler mit Stauraum

Strand und Berge, malerische Dörfer und pulsierende Metropolen, und erst recht Pizza, Pasta und Vino.

Italien hat einiges zu bieten, und dann erst die Sprache: Liebesschwüre klingen auf italienisch gleich nochmal schmalziger, und selbst wenn La Mamma mit dem Nachwuchs schimpft, hört es sich noch herzzerreißend melodisch an. Das gilt auch für Autonamen: Maserati Quattroporte, wie das schon klingt. Die deutsche Übersetzung dagegen ist um einiges sperriger, und ganz ehrlich: Mercedes-AMG GT Viertürer klingt ein bisschen verloren. Etwas verloren wirkt aber auch, wie der Wagen bei all seiner Perfektion zwischen E-Klasse, S-Klasse und CLS durchs Mercedes-Portfolio irrt.

Das Ziel der Daimler-Strategen ist klar: Der AMG GT Viertürer, oder genauer gesagt Viertürer Coupé, soll dem Porsche Panamera in die Parade fahren. Die Zuffenhausener greifen mit ihrer Sportlimousine schließlich die Kunden ab, denen die S-Klasse zu altehrwürdig, und die E-Klasse nicht standesgemäß genug erscheint. Ob der Käuferkreis, der nicht im bisherigen Mercedes-Portfolio fündig wird, allerdings groß genug ist, muss sich zeigen. Schließlich hat der Viertürer, neben seinem holprigen Namen, noch zwei Pferdefüße.

Keine AMG-Plattform

Zum einen ist er kein richtiger AMG. Zwar haben die Affalterbacher die Entwicklung in die Hand genommen und Chef-Designer Gorden Wagener alles gegeben, um der Fünf-Meter-Limo ein eigenständiges Blechkleid mit Anleihen beim GT Coupé und Roadster zu schneidern; mit seinem runden, aber nicht pummeligen Hintern wirkt er vielleicht sogar eine Spur straffer als der Panamera. Doch anders als der schnittige Zweisitzer baut der Große nicht auf einer AMG-eigenen Plattform auf, sondern nutzt den E-Klasse Unterbau; das dürfte auch den Preis erklären, schon ab verhältnismäßig günstigen 95.260 Euro ist er zu haben. Der „richtige“ GT startet über 20.000 Euro teurer.

Zum anderen ist da eben die recht große Nähe zu den Mercedes-Modellen: Die E-Klasse gibt es als AMG 63 und 63 S mit ähnlich viel Leistung, gleiches gilt für die S-Klasse, die sogar mit Zwölfzylinder als noch stärkerer und teurerer 65er vorfährt, und auch der schnittige CLS wird von den Affalterbachern veredelt. Zwar verzichtet man zwecks der Verwechslungsgefahr hier auf das 63er-Modell. Den GT-Einstiegsmotor 43 mit 367 PS und den 435 PS starken 53er – beides aufgeladene Reihensechszylinder, die mit einem 48-Volt-System und Elektro-Boost gegen das Turboloch kämpfen – gibt es aber auch im CLS.  Für weniger Geld.

Durchtrainiert bis in die letzte Faser

Dass die Ingenieure ordentlich Gehirnschmalz investiert haben, um den Viertürer richtig sportlich zu machen, steht außer Frage: Vor allem das 639-PS-V8-Aggregat im 63 S reagiert schon im Komfortmodus bissig auf jede Bewegung des Gaspedals und grummelt dabei tief vor sich hin; der Unterbau stellt stets besten Kontakt zur Fahrbahn her, die Lenkung scheint direkt mit den Vorderrädern verbunden zu sein und der Allradantrieb schickt im Race-Betrieb mit optionalem Drift-Modus sogar die ganze Kraft nach hinten und lässt einen kecken Schwenker mit dem Heck zu.

Das ganze Auto wirkt bis in die letzte Faser austrainiert, alles ist perfekt aufeinander abgestimmt. Ok, die Neungang-Automatik nimmt den Namen Komfortmodus etwas zu ernst und lässt sich überraschend viel Zeit für die Gangwechsel. Ansonsten aber ist der Benz nahe dran am Idealbild einer Sportlimousine. Das war nicht anders zu erwarten, weit davon entfernt sind allerdings auch die AMG-Versionen von CLS, E und S nicht…

Neue Display-Tasten im Cockpit

Der Viertürer ist also eher ein weiteres Prestige-Nischen-Modell, für alle, die nicht das haben wollen, was der Nachbar hat. Und die sich an ein paar kleinen feinen Details erfreuen wollen. Zum Beispiel hat Mercedes das Cockpit aufgehübscht. Zwar kennen wir die beiden großen, breiten Bildschirme und die Touch-Tasten am Lenkrad von anderen Modellen und auch das Klimabedienanteil ist bekannt. Doch rund um den Schalthebel auf dem Mitteltunnel haben sich neue, bunte Display-Tasten breit gemacht, die schick und verspielt gleichzeitig aussehen.

Einziges Problem der digitalen Schalter: Wie das Head-up-Display sind sie mit polarisierten Sonnenbrillen nur schlecht abzulesen. Das gilt bedingt auch für die zusätzlichen Stellrädchen die Mercedes ans Lenkrad gepackt hat. Der Fahrmodus-Schalter sieht zugegebenermaßen sehr nach Porsche aus, aber beim Daimler kommt eben auch hier ein kleines Display zum Einsatz; wie auch bei den zwei weiteren Tasten im Lenkrad, die frei belegt werden können.

Platz für vier und Gepäck

Apropos Belegung: Vier Leute können im Viertürer tatsächlich problemlos reisen, nicht nur der Einstieg nach hinten ist einfach, auch das Platzangebot auf der standardmäßig zweisitzigen Rückbank ist ordentlich. Wer will, kann eine umklappbare Dreier-Reihe ordern, oder eine edlere Zweier-Bank mit massiver Mittelkonsole, die sich ebenfalls flachlegen lässt. Sind alle Plätze besetzt, gehen in den Kofferraum 395 Liter rein - was nach weniger klingt, als es tatsächlich ist. Für die Urlaubsreise ist der Viertürer also deutlich besser geeignet, als der echte GT. Was auf längeren Strecken allerdings nicht ausbleibt, sind häufigere Tankstopps: Mindesten 11,3 Liter nimmt sich das Top-Modell. Doch wer vorhat, diesem Wert in der Realität auch nur ansatzweise nahe zu kommen, braucht eigentlich gar nicht bei AMG einzukaufen…

Ist der Mercedes-AMG GT Viertürer ein veritabler Sportwagen, mit dem man jede Menge Spaß haben kann? Auf jeden Fall. Sieht er gut aus? Ganz sicher. Und ist er dazu auch noch praktisch? Ja. Klingt nach der Eier-legenden-Wollmilchsau – allerdings treffen die Attribute mehr oder weniger auch auf die anderen AMG-Modelle zu. Abgesehen von der eigenständigen Optik, die dem CLS allerdings durchaus nahekommt, bietet der GT wenig, was E- oder S-Klasse in der AMG-Version nicht können. Ob das reicht, um dem Porsche Panamera wirklich gefährlich zu werden?

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