Als ich allerdings jüngst bei der Fahrpräsentation die frisch geliftete Version neben der von mir so verehrten neuen C-Klasse sah, war ich von der dezent verfeinerten als auch alten Pracht des CLS verblüfft. Neben dieser besonderen Ausstrahlung bietet der CLS zudem neue Motoren, eine neue Neungang-Automatik, ein nobleres Interieur, ein neues LED-Matrixlicht und verblüffende Connect-Me-Möglichkeiten. CLS heißt heute: Automobile Hochkultur mit Hightech-Ambitionen. Gestreckt, flach und mit charaktervollen Lichtkanten gibt sich der CLS weiterhin als distinguiertes Auto, mit einer Aura, die eine eigentlich doch elegante und wohlproportionierte C-Klasse recht profan erscheinen lässt. Wer das Besondere sucht, wird beim CLS in besonderer Weise fündig. Und es gibt ja nicht mehr nur die unpraktische Limousine, sondern seit 2012 auch die nutzwertorientierte Kombiversion Shooting Brake, die nicht einerseits einen 590 bis 1.550 Liter fassendes Gepäckabteil bietet, und andererseits, was immer im Auge des Betrachters liegt, auch optisch mehr hermacht als die Limousine.
Spardiesel und PS-Monster
Eben jener Kombi stand mir in gleich drei verschiedenen Motorisierungen bei den Testfahrten zur Verfügung: Dem klassischen 500, dem 585 PS starken 63 AMG und dem neuen Basisdiesel 220 BlueTEC mit 170 PS. Doch bevor ich los fahren kann, muss ich noch ein paar Gepäckstücke in das aufnahmefähige Heck bugsieren, was sich dank einer elektrischen Klappe besonders bequem gestaltet. Doch was ist das? Eine hässliche Antirutsch-Matte verdeckt den sündhaft teuren und schicken Holzboden (fast 5.000 Euro Aufpreis). Da fragt man sich, ob eine derart unpraktische Option wie der Holzboden wirklich Sinn macht?
Egal, das Gepäck ist sicher verstaut und ich auf dem Fahrersitz gut angekommen. Das Platzangebot mag zwar ordentlich sein, doch ist der CLS eben auch ein großes Auto, von dem man durchaus mehr Freiraum erwarten dürfte. Hinten ist es in jedem Fall bequem, auch bezüglich der Kopffreiheit, denn der Shooting Brake gibt sich hier dank seiner Dachlinie deutlich großzügiger als die Limousine.
Randfragen
Womit der CLS vor allem aber imponieren kann, ist das überragend hohe Qualitätsniveau im Innenraum. Selbstredend bekomme ich Testwagen mit besonders feinen Ausstattungs-Details gestellt, die mit exquisiten Applikationen, weichem Leder, Multikontursitzen und großem Display verwöhnen. Allerdings offenbart letzteres auch eine Schwäche: Damit die Proportionen stimmen, ist das Bildschirmgehäuse deutlich größer als das Display selbst. Entsprechend riesig ist auch der schwarze Rahmen um das Display. Schöner wäre hier eine vollformatige Ausführung, die aber wohl kostentechnisch nicht darstellbar wäre.
Am wohlsten fühle ich mich selbstredend in der AMG-Version, die bei den Ausstattungsfeinheiten in allen Punkten noch eins draufsetzen kann und darüber hinaus noch dieses phänomenale Gewaltpotenzial bietet, dem derzeit kein Mitbewerber etwas entgegen zu setzen hat. Wobei auch die Spreizung des AMGs enorm beeindrucken kann, denn eigentlich kann man ihn lässig, sanft, komfortbetont durch den Verkehr dirigieren. Oder man wählt die S+-Taste und mit dem beherzten Gasfehl bricht los die Hölle los - für Insassen und Außenstehende. Mit dem Allradantrieb der S-Version ist ein Sprint mit dem zwei Tonnen schweren CLS Shooting Brake aus dem Stand in 3,7 Sekunden möglich. Fett.
Souveräner 500
Nicht ganz so brutal, jedoch immer noch ein geschmeidiger und souveräner Kraftprotzer ist der 500, dessen V8-Motor immerhin 408 PS mobilisiert und der dennoch vor allem auch Cruiser-Freunde verwöhnen kann. Schön sanft dahingleiten, oder mit massivem Druck nach vorne preschen – die Mühelosigkeit, mit der sich der gut fünf Meter lange Korpus bewegen lässt, verblüfft. 4,9 Sekunden dauert der Sprint, die maximal 250 km/h erreicht die V8-Version spielerisch. Und war die Siebengang-Automatik schon ein Musterbeispiel für ein geschmeidiges Getriebe, kann die weiterhin unmerklich die Gänge wechselnde neunstufige Version jetzt noch konsequenter die Drehzahlen möglichst niedrig halten. Was auch zu einer Spritersparnis führt, denn aus 9,2 wurden jetzt 8,8 Liter Normverbrauch, was praktisch allerdings von eher nebensächlicher Bedeutung bleiben dürfte.
Wer sparen will, kann das nunmehr auch im CLS in verschärfter Form, denn neu ist der 2,1-Liter-Vierzylinder-Diesel 220 BlueTEC, dessen 170 PS und ab 1.400 Touren anliegenden 400 Newtonmeter den Shooting Brake ganz schön Beine machen können. Trotz sehr angenehmer Akustikmanieren kann dieser Motor für einen Sprint in 8,3 Sekunden sorgen und immerhin 226 km/h Höchstgeschwindigkeit ermöglichen. Das Schöne: Unter anderem dank der neunstufigen Automatik sollen 4,6 Liter Verbrauch möglich sein, was bei unserer Testrunde allerdings mit einem Praxisaufschlag von zwei Litern einherging. Doch die Entscheidung über die Verbrauchshöhe muss der Fahrer natürlich selbst treffen.
Niedriger Einstiegspreis
Eine in jedem Fall erfreuliche Entscheidung hat Mercedes getroffen, denn mit dem neuen 220 BlueTEC ist auch der Einstiegspreis deutlich gesunken, denn war der Shooting Brake mit 204 PS starkem Diesel bisher knapp 62.000 Euro teuer, ist der Einstieg mit 170 PS ab 56.000 Euro möglich (Limousine ab 54.000 Euro), und da bleibt insofern auch deutlich mehr Spielraum für einige Extras, von denen der CLS traditionell reichlich zu bieten hat und sogar ein neues Muss in der Preisliste stehen hat.
Denn: Serienmäßig ist jeder CLS zwar bereits mit Voll-LED-Scheinwerfern ausgestattet, doch erst mit der neuen aufpreispflichtigen Multibeam-Version bekommt man für 1.900 Euro in punkto Scheinwerfer-Technik das derzeitige Maß der Dinge. Die Hightech-Funzeln leuchten nicht nur unverschämt hell und weit (485 Meter), sie verfügen außerdem noch über einen adaptiven Fernlichtassistenten, der ein deutliches Komfort- und Sicherheitsplus bietet. Die neuen Laserleuchten von BMW und Audi mögen nette Marketing-Aktionen sein, doch wenn es um sinnvolle Alltagshilfe geht, sind die Multibeam-Scheinwerfer von Mercedes unschlagbar. Ihr Clou: Dank einer Matrix aus 24 einzeln pro Scheinwerfer ansteuerbaren Hochleistungs-LEDs kann man, ohne jemanden zu blenden, mit Dauerfernlicht fahren. Bei einer Nachtfahrt im Londoner Vorort Weybridge hat zumindest kein Verkehrsteilnehmer mit Lichthupe reagiert, denn dank der variablen Matrix können kontinuierlich die Bereiche ausgeblendet werden, die sich von Fernlicht gestört fühlen könnten, während der Rest drum herum hell erleuchtet ist. Nachtfahrten werden damit so sicher wie nie zuvor.
Stets verbunden
Allerding musste ich wieder einmal feststellen, dass der CLS ansonsten ein sehr unübersichtliches Auto ist. In alle Richtung ist das Blickfeld des Fahrers eingeschränkt, am übelsten ist der Schulterblick. Da ist es gut, wenn man, wie im Fall des CLS, noch auf hilfreiche Zusatztechnik verfügen kann, wie zum Beispiel über das neue Konnektivitätssystem Connect Me, das Hardware-seitig auf ein neues KOM-Modul aufbaut, das mit eigener SIM-Karte einen Mobilfunkanschluss und damit eine Vielzahl an serienmäßigen wie optionalen Funktionen bietet.
Serienmäßig sind:
- Notruf: Automatische Verbindung mit Notrufzentrale Information über Position und Fahrzeugzustand an Rettungsleitstelle.
- Unfallmanagement: Bei manuell ausgelöstem Notruf kann der Fahrer z.B. einen Abschleppdienst ordern.
- Pannenmanagement: Position und Fahrzeugzustand werden übermittelt, ein 24-Stunden-Service aktiviert.
- Wartungsmanagement: Registriert Bordanalyse Wartungsbedarf, kann Mercedes ein Angebot zur Wartung schicken.
- Telediagnose: Diagnosefähige Verschleißteile werden bei Austauschbedarf dem Händler gemeldet.
Zusatzdienste sind:
- Fahrzeugortung: Via GPS lässt sich das Fahrzeug permanent orten (abschaltbar).
- Fahrzeugüberwachung: Kunde kann sich benachrichtigen lassen, falls das Fahrzeug definiertes Gebiet verlässt.
- Türfernschließung/-entriegelung
- Fernsteuerung der Standheizung
Grundsätzlich bekommt der Connect-Me-Nutzer über eine Webseite Zugriff auf die Remote-Dienste. Diese Seite ist im Stil einer Smartphone-App aufgebaut und lässt sich recht einfach übers Telefon, iPad oder am PC bedienen. Neben den genannten Diensten kann sich der Kunde auch weitere Informationen über den Fahrzeugstatus online und damit weltweit anschauen. Spritmenge im Tank, Reichweite, Status von Fenster und Dach – eine nette Spielerei, die eben auch ihren praktischen Nutzen haben kann. Habe ich vor dem Einsteigen ins Flugzeug wirklich das Schiebedach vom Auto geschlossen? Ein kurzer Blick auf die Status-Website verschafft mir die Gewissheit und habe ich die Möglichkeit, von überall aus der Welt diesen Status sogar zu ändern. Apropos Status: Der wird im Fall des CLS dank Facelift wohl höher als bisher sein. Rund 120.000 CLS hat Mercedes seit der Einführung der zweiten Generation im Jahr 2010 abgesetzt. Für die zweite Lebenshälfte wurde das schicke E-Klasse-Derivat aufgewertet und dürften so die Verkaufszahlen sich eher noch verbessern. Hier dürfte vor allem die Technik-Offensive für sorgen, die dem schönen Daimler unter anderem das derzeit wohl beste Licht am Markt beschert.
Ein anderer Hebel für mehr Stückzahlen wird vor allem die Basis 220 BlueTEC sein, die unter anderem auch für einen deutlich niedrigeren Einstiegspreis sorgt und zudem noch gute Fahrleistungen mit niedrigem Verbrauch verbindet.
Doch eigentlich ist der CLS in seinen Genen ein verschwenderisches Auto und werden sich Kunden, die sich das leisten können, für Varianten entscheiden, die sechsstellige Preise provozieren. Und diesen solventeren Kunden sei gesagt: Der mindestens 83.000 Euro teure CLS 500 Shooting Brake ist fraglos ein tolles Auto, glücklicher wird man allerdings mit dem CLS 63 AMG (ab 122.000 Euro), der einen einzigartig souveränen Spagat aus Luxus und Dynamik ermöglicht. Hier heißt das letztlich konsequente Motto: Wenn schon, denn schon.