Ein großes Coupé hatte früher stets eine Attitüde der besonderen Art. Es war das Auto einer etwas besseren Gesellschaft - diese zwei fehlenden Türen im Vergleich zur Limousine musste man sich bewusst leisten wollen. Denn: Rational ließen sie sich kaum rechtfertigen. In mehr Eleganz und einem mondäneren Auftritt schon eher. Und wenn am Kühler der Stern prangte, so hatte es Daimler dank fehlender B-Säule schon immer geschafft, bei seinen Coupés ein cabrioähnliches Fahrgefühl zu vermitteln.
Den Gipfel bildete dabei stets, wie könnte es anders sein, die S-Klasse. Doch seit vergangenem Jahr muss es (vorerst jedenfalls) die nächstkleinere und frisch renovierte E-Klasse richten. Sie erledigt ihre Aufgabe souverän, so viel können wir bereits festhalten.
In unserem Fall arbeitet der als 400 d bezeichnete Oelmotor 656 unter der Haube - 243 kW/330 PS und 700 Newtonmeter stehen auf der Habenseite (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 6,5-6,2 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 172-165 g/km²). AMG-Leistungsdaten, die selbst Coupé-Connaisseure zum Zungeschnalzen veranlassen dürften - ein Diesel im Coupé wäre in früheren Zeiten undenkbar gewesen, viel zu unkultiviert und noch dazu... langsam!
Diese Befürchtungen dürfen nun schon länger der Vergangenheit angehören, daher widmen wir uns vorerst noch der Modellpflege der E-Klasse. Neben der neuen Front und dem neuen Leuchtendesign am Heck fällt im Innenraum das neu gestaltete Volant ins Auge. Die vier Lenkradspeichen sind sowohl als auch sensitiv und jeweils eine (physische) Taste.
Ein Trend, der seit einigen Monaten bei vielen Herstellern um sich greift und uns regelmäßig ratlos zurücklässt. Beim E 400 d Coupé ist es leider nicht anders. Zwar merkt man Daimler an, dass man es in Stuttgatt-Untertürkheim anders machen wollte als die anderen. Doch die Nachteile bleiben dieselben. Fehlbedienungen, gerade bei sportlicherer Gangart, sind an der Tagesordnung. Als sonderlich intuitiv empfanden wir die Bedienung nicht, eher als ablenkend. Und nach wenigen Toucheinheiten sieht das gesamte Lenkrad dank Fingerabdrücken eher bescheiden aus.
Ganz abgesehen davon tat die Modellpflege der E-Klasse gut, wie wir bereits in unserem Test des All Terrain feststellen konnten (hier nachzulesen). Auch die Verarbeitungsqualität machte einen spürbaren Schritt nach vorne. MBUX ist darüber hinaus ein ausgereiftes System mit großen Stärken im Funktionsumfang. Teils hielten wir die Bedienung allerdings auch hier für wenig intuitiv und vor allem sind die einzelnen Menüeinheiten etwas verschachtelt. Unverändert seit Jahren hingegen: Der Gurtbringer, der nach dem Reinsetzen den Anschallgurt galant heranreicht.
Umso intuitiver hingegen ist das Fahren mit dem starken Dieselcoupé. 9-Gang-Automatik und der 3,0-Liter-Reihensechszylinder gehen eine harmonische Verbindung ein, die beinahe unheimlich ist. Der souveräne Umgang mit dem üppigen Drehmomentberg führte in unserem zweiwöchigen Test dazu, dass wir nur zu Probierzwecken einmal einen anderen Fahrmodus als "Comfort" auswählten.
In allen anderen Momenten machte das 4,82 Meter lange Coupé stets eine so gute Figur, dass wir die Umstellung in eine andere, sportlichere, härtere Fahrwerks-, Motor- oder Getriebecharakteristik als unnötig empfanden. Die E-Klasse rollt komfortabel ab, auf Gasbefehle reagiert der Antrieb ausreichend spontan. Bei hohen Geschwindigkeiten bringt der lange Radstand die nötige Ruhe ins Auto, der Diesel grummelt derweil durchaus vernehmbar in den Innenraum. Er erhebt aber nie die Stimme über Gebühr.
Einzig die progressiv abgestimmte Lenkung erschien uns gerade bei niedrigen Geschwindigkeiten als zu direkt abgestimmt. Damit erschien uns der E 400 d vor allem im Stadtverkehr und in engen Kurven schon fast AMG-mäßig nervös, was aber wiederum nicht zum komfortablen Fahrwerksauftritt passen mag. Bei höheren Geschwindigkeiten wurde es besser, aber Lenkung und Lenkrad, siehe oben, sind ausnahmsweise nicht die Highlights der Modellpflege der E-Klasse.
Großes Kino bleibt das Daimler-Meisterstück namens Oelmotor 656: Wie der zwangsbeatmete Reihensechszylinder dem gut zwei Tonnen schweren Allradcoupé Beine macht, lässt so manchen Sportwagenfahrer jedenfalls in der Geradeausdisziplin nicht kalt. Rund fünf Sekunden vergehen für den Sprint auf Landstraßentempo und gänzlich unbeschwert eilt der Benz in Richtung abgeregelter 250 Stundenkilometer. Einen wahren Kilometerfresser hat Daimler da geschaffen. Denn auch bei sportlicher Gangart hielt sich der Verbrauch sehr in Grenzen: Mehr als acht Liter im Durchschnitt standen nie im Bordcomputer, nach dem Volltanken verspricht dieser daher eine realistische Reichweite von über 800 Kilometern.
Das ist auch das passende Fazit für das Mercedes-Benz E 400 d 4Matic Coupé: Wir schreiben über die berühmte eierlegende Wollmilchsau. Der Wagen beherrscht vom mondänen Auftritt im Skiort über die schnelle, stressfreie Überbrückung mehrerer hundert Kilometer bis hin zum täglichen sparsamen Cruise ins Büro beinahe alles. Und bei der Frage, ob das Coupé die richtige Karosserieform ist, gibt es wie früher nur eine Antwort: Ja, wenn man es sich leisten kann. (Text und Bild: Maximilian Planker)