Daimler hat, inklusive der Submarke Smart, aktuell eine knappe Handvoll reine Stromer im Angebot. Bis auf die Smart EQ Derivate basieren alle diese E-Autos noch auf Verbrenner-Modellen, was allen voran beim Marktstart des Mercedes EQC Mitte 2019 für Häme sorgte. Die Geschäfte mit dem SUV laufen derart schleppend, dass man sich zuletzt dazu entschied, die Markteinführung in den USA gänzlich abzusagen.
Jenes Schicksal soll dem neuen Mercedes EQA nicht zu Teil werden, vor allem, weil er (auf hohem Niveau) günstiger und damit vermeintlich für eine breitere Masse erreichbarer ist. So startet der 140 kW/190 PS starke EQA 250 (Stromverbrauch kombiniert: 15,7 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km²), vor Abzug etwaiger Prämien, ab selbstbewussten 47.540,50 Euro und konkurriert preislich direkt mit den höheren Ausstattungslinien von VW ID.4, dem Audi Q4 e-tron sowie dem Hyundai Ioniq 5. Im Vergleich mit jener Riege offenbart die MFA-2-Plattform des Mercedes jedoch ihre erste und zugleich bedeutendste Schwäche – die Platzverhältnisse im Gepäckabteil.
Zwar sitzt es sich vorne wie hinten angenehm, doch der Kofferraum fällt mit mageren 340 Litern (bis Unterkante Laderaumabdeckung) gar noch kleiner aus als beim VW ID.3. Grund dafür ist die hochbauende Batterie im Heckbereich sowie die nötige Ladetechnik, die dem EQA viel von seiner Variabilität nimmt. Der Stromspeicher selbst fasst netto 66,5 kWh und soll, laut Hersteller, Reichweiten bis zu 428 Kilometer ermöglichen.
Im Praxistest erscheint jene Angabe durchaus realistisch, nutzt man den Mercedes EQA 250 vorzugsweise im innerurbanen Bereich. Kann der Stuttgarter im Stadtverkehr rekuperieren, bewegst du ihn mit konstanter Geschwindigkeit über den City-Ring, so fließen kaum mehr als 15 kWh je 100 Kilometer durch die Stromleitungen. Ernüchterung dagegen auf der Autobahn. Mit weniger als 20 kWh auf 100 Kilometer ist der frontgetriebene 250er hier kaum zu bewegen, was die effektiv nutzbare Reichweite auf etwas über 300 Kilometer abschmelzen lässt.
Anschließend sollte der Stromer wieder an eine Ladesäule gehängt werden, wobei sich das MBUX-Navigationssystem hier als dienlicher Partner erwiesen hat. Von München nach Frankfurt gefahren schlug die Software einen rund 30-minütigen Ladestopp nahe Erlangen vor, was dann auch mit genügend Reichweitenpuffer anstandslos funktionierte. Maximal 100 kW fließen beim DC-Ladevorgang durch die Leitungen, was okay, aber in Anbetracht der aufkeimenden 800-Volt-Konkurrenz nicht bahnbrechend ist. Mercedes selbst gibt für einen Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent (unter Idealbedingungen) übrigens 30 Minuten an.
Auf der längeren Reise quer durch Deutschland entpuppte sich der Mercedes EQA 250 derweil als hervorragender Langstreckenwagen. Die Kabine ist weitestgehend hochwertig verarbeitet, sehr gut gedämmt, die Sitze bequem und das MBUX-System hält die Insassen auch dank des Burmester-gebrandeten Soundsystems bei Laune. Nur in Sachen Bedienung bleibt das Mercedes-Infotainment ein wenig umständlich, was vor allem auf die Lenkradbedienung anspielt.
Wenn es um das eigentliche Fahrkapitel geht, so bleibt der EQA eine emotional weitestgehend blasse Erscheinung. Die 190 PS und 375 Nm Drehmoment ab Start beschleunigen den fahrbereit gut 2.100 Kilogramm schweren Stuttgarter in annehmbaren 8,9 Sekunden auf 100 km/h, abgeregelt wird bereits bei Tempo 160. Auf der Autobahn gefallen die kommod abgestimmten Verstelldämpfer, die leichtgängige Lenkung ist zwar in der Stadt eine gute Sache, lässt auf Landstraßen aber etwas an Präzision vermissen.
Die altgediente Stahlbremse packt ebenfalls beherzt zu, muss wegen der hohen (und in fünf Stufen einstellbaren) Rekuperationsleistung des EQA aber nur noch höchst selten beansprucht werden – beispielsweise, um den Wagen die letzten Meter vor der Ampel zum Stehen zu bekommen.
Gerne wird behauptet, dass Elektroautos, die auf Verbrenner-Plattformen stehen, nur eine Notlösung seien. Das trifft in der Tat auf viele Modelle zu. Mercedes hat beim EQA aber augenscheinlich aus vergangenen Fehlern gelernt und das bestmögliche herausgeholt. Der durchaus hohe Basispreis, ein insgesamt kleiner Kofferraum sowie ein Innenraum, der nicht ganz so luftig ausfällt wie bei der vorneweg als Elektroauto geplanten Konkurrenz, sind die größten Minuspunkte des elektrischen GLA-Ablegers. Auf der Habenseite steht dagegen eine alltagstaugliche Reichweite, eine insgesamt komfortable Fahrzeugabstimmung, die gute Verarbeitung und ein MBUX-System, das sich, mit kleinen Ausnahmen, intuitiv bedienen lässt. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)