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Gebrauchtwagen-Kaufberater: Youngtimer-Cabrio Mercedes SL R129 – Der Stern der Stars

Wer in unserer letzten Ausgabe der Kult-Cabriolets noch nicht das Passende gefunden haben sollte, dem steht mit dem Mercedes SL der Baureihe R 129 eine weitere Alternative mit hohem Wertsteigerungspotential zur Auswahl.

Da heißt es nicht lange zögern und beim Studium der AutoScout24-Gebrauchtangebote die Nacht zum Tag werden zu lassen. Damit Sie sich auf die richtige Auswahl konzentrieren können, haben wir uns um die Macken des offenen Mercedes, der 2012 übrigens sein 60. Jubiläum feiert, gekümmert und sagen Ihnen, worauf Sie achten sollten.

Es klingt unglaublich, doch es geht. Der Blick in die Gebrauchtwagenbörse lässt das scheinbar Unmögliche wahr werden. Für unter 10.000 Euro gibt es reihenweise Angebote des einstigen Promifegers Mercedes SL Typ R129. War zu seinem Debüt 1989 noch ein saftiger Aufpreis auf den Listenpreis nötig, um als einer der Ersten mit dem Roadster aus Bremen unterwegs sein zu können, so sieht die Situation heutzutage anders aus.

Der SL der vorletzten Generation durchlebt gerade sein absolutes Werttief. Tiefer als in diesen Tagen werden die Preise kaum mehr sinken. So kann aus der Verwirklichung eines Autotraums am Ende sogar noch ein gutes Geschäft werden. Mit ein wenig Aufmerksamkeit und Knowhow wird die Zwischenzeit dann zu einem der besonders unbeschwerten Momente in ihrem Autobesitzerleben, denn mit Mängeln geizt der Schwabe, solange er aus gutem Haus stammt.

Höchste Karosseriequalität zahlt sich aus

Mercedes Insider wussten es schon lange: Die Qualität in Bezug auf Verarbeitung und Materialauswahl war bei Mercedes nie wieder so gut, wie zu Beginn der 1990er Jahre. Der R129 ist dafür das absolute Paradebeispiel. Dem Roadster ist die Qualität quasi schon in die Wiege gelegt worden und so in seiner DNA verankert, dass auch spätere Einsparbemühungen der "Lean Production" ihm nichts anhaben konnten.

Die aufwändig gegen Rost geschützte Stahlblechkarosserie ist in höchstem Maße verwindungssteif und bis auf die üblichen Schwachstellen an den Wagenheberaufnahmen unter den Plastikschwellern gut gegen Rost geschützt. Ab Modelljahr 1996 fand im Werk Bremen die Umstellung auf Wasserlacke statt, ein Umstand, der auch am SL nicht spurlos vorüberging. Hin und wieder kann nämlich an späten Exemplaren Rost an den Stoßkanten der Kotflügel und der Heckklappe auftreten.

Neben der hohen Qualität zeichnet den SL seine hohe Verwandlungsfähigkeit aus. Mit dem serienmäßigen Hardtop wird er zum veritablen Allwettercoupé, dass dank des durchaus erwähnenswerten Kofferraumes sogar für eine mittelgroße Urlaubsreise taugt. Je nach Ausführung findet sich hinter den Vordersitzen auf einer Ablage noch Raum für die Taschen der Gattin oder aber für zwei Kinder. Ab Ostern verschwindet dann das Hardtop in der Garage und der SL wird seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt: Offen das Leben genießen.

Dach drüber – Tipps zum Verdeck

Das ein Softtop, gleich aus welchem Material, einem gewissen Verschleiß über die Jahre unterliegt, leuchtet ein. Sonne und damit UV-Strahlen sowie in der Regel auch Eis und Schnee, machen dem Dach und seinen Dichtungen schwer zu schaffen. Das Bezugsmaterial wird spröde und irgendwann reißt es an den vielbelasteten Knickstellen einfach ein.

Kurzfristige Hilfe verspricht zwar ein "Pflaster" aus identischem Material, doch in der Regel ist die Dachhaut dann ein Fall für den Sattler. Die bei preiswerten Modellen häufig verbauten Kunststoffdächer haben im Prinzip mit dem gleichen Problem zu kämpfen, nur das dort die "Knickschäden" meist spektakulärer aussehen.

Der Austausch der Verdeckhaut ist ein teures Unterfangen und kann in der Markenwerkstatt schnell 2.000 Euro oder mehr kosten. Freie Sattlerbetriebe bieten neben mehr Erfahrung auf diesem Gebiet auch häufig günstigere Preise. Der von ihnen verwendete Verdeckstoff hat in der Regel Erstausrüsterqualität. Zudem kann der Kunde häufig aus einer breiteren Farbpalette von Stoffen wählen.

Unproblematisches Rückgrat - das Verdeckgestänge

Das meist nach dem "Z" Muster faltende Verdeck ruht auf einem faltbaren Metallgestänge. Dieses braucht, außer im Schadenfall, kaum Aufmerksamkeit und verrichtet seine Tätigkeit oft klaglos über eine lange Zeit. Hörbare Quietschgeräusche oder ein ungleichmäßiger Bewegungsablauf beim Öffnen und Schließen deutet auf schlecht geschmierte Drehpunkte hin, was sich in der Regel mit etwas Öl beseitigen lässt. Ebenfalls in Heimarbeit lassen sich verschlissene Dichtprofile des Daches tauschen. Sie sind dafür verantwortlich, dass es im Innenraum beim Wolkenbruch trocken bleibt, unterliegen aber gerade bei älteren Cabrios einem gewissen Verschleiß, insbesondere wenn das Auto als Ganzjahreswagen genutzt wurde.

Um die Dichtheit der Dachkonstruktion zu prüfen, empfiehlt es sich mit dem Kaufobjekt einen Besuch in der Waschstraße. Bleibt der Innenraum dabei weitgehend trocken, sollte auch im Alltag kein Problem zu erwarten sein.

Der automatisierte Dachantrieb

Die Youngtimer Cabriolets der 1980er und vor allem der frühen 1990er waren prädestiniert für mehr oder minder gelungene Automatisierungsversuche der Verdeckbewegungen. Perfekt, weil nahezu lautlos und extrem funktionssicher, bekam das komplexe Auf-zu-Dreh-Drück-Spiel nur Mercedes im SL hin. Dort sorgen auf Druck auf den, als stilisiertes Hardtop ausgeführten, Schalter eine Vielzahl von Hydraulikelementen für eine langsame aber sehr geschmeidige Dachbewegung. Defekte sind selten und betreffen in der Regel eher die elektronische Peripherie, wie Microschalter oder Kabelverbindungen, weniger aber den hydraulischen Antrieb selbst.

Deutlich preiswerter geriet der Antrieb in der Mittelklasse. Meist ist hier ein wenig mehr Handarbeit erforderlich, bis der elektrische Antrieb sich im Schneckentempo genötigt sieht, laut jaulend das Verdeck in seine Endlage zu drücken. Gebrochene Aufnahmeteile (BMW), streikende Microschalter und verendete Elektromotoren sind die häufigste Schadenursache, wobei die oft nicht Diagnose fähigen Systeme selbst Experten vor stundenlange Rätselaufgaben stellen. Ein Punkt den es im Verkaufsgespräch zu berücksichtigen gilt, falls " das Verdeck manchmal klemmt".

Solide auch nach Jahren

Mercedes-Benz-Innenräume sind speziell: Da gibt es keine modischen Elektronik-Schnickschnack, keine nervtötenden Piepser und keine Effekthascherei. Es dominiert ein unaufgeregter Stil mit zahlreichen praktischen Elementen. So erleichtert das große Kombiinstrument die Übersicht über das Wohlbefinden im SL, bieten zahlreiche Ablagen genug Stauraum für Kleinkram und erleichtert Elektronik den täglichen Umgang da, wo es wirklich von Nutzen ist.

Mercedes erlaubte sich auch in Hinblick auf die Materialauswahl keinen Schnitzer. Selbst nach Jahren des strapaziösen Open-Air-Einsatzes unter der sengenden kalifornischen Sonne zeigen die Armaturenbretter keine Risse, ist das Leder meist frei von Rissen und klacken sämtliche Schalter wie am ersten Tag. Lediglich das fließend in die Serie eingesetzte neuere Klimadisplay der E-Klasse macht bisweilen mit Matrixfehlern und defekten Tasten auf sich aufmerksam.

Erschlaffende Fensterheber haben ihre Ursache meist nicht in einem defekten Antrieb, sondern in verharzten Getrieben oder schlecht geschmierten Führungen; Probleme, die sich in Heimarbeit mit wenig Aufwand beheben lassen. Ein wenig Aufmerksamkeit verlangt auch die optionale Sitzheizung. Nicht selten versagt die Heizmatte der Sitzfläche den Dienst. Sie muss aufwändig gewechselt werden, was eine nicht unerhebliche Investition darstellt, da hierzu der zur Karosseriesteifigkeit beitragende Integralsitz demontiert werden muss.

Der Antrieb - eine Frage des Geschmacks

In der Preislage bis 10.000 Euro spielen SL nach der 1997 erfolgten großen Produktaufwertung keine Rolle. So bleibt es bei den vier zur Markteinführung verfügbaren Aggregaten, deren Wahl im wesentlichen vom persönlichen Geschmack und Geldbeutel abhängt. Der klassische 300 SL spielt dabei die Rolle des Einsteigers und reicht für das gemütliche Dahinrollen aus. Seine 190 PS werden durch die perfekt agierende Viergangautomatik an die Hinterräder weitergegeben, sportliche Dynamik sucht man indes vergebens.

Das trifft weitestgehend auch für den vierventiligen Verwandten mit der umständlichen Typenbezeichnung 300 SL-24V (ab Modelljahr 1994 lautet die Bezeichnung SL 320)  zu. Seine 41 Mehr-PS lohnen das deutlich erhöhte Reparaturrisiko kaum und auch der Verbrauch von rund 13 Litern steht in keinem optimalen Verhältnis zu den gebotenen Fahrleistungen.

Der unumstrittene Star der Motorenpalette ist dagegen der 5,0-Liter-Achtzylinder im SL 500. Seine rund 320 PS sorgen für nachhaltigen Schub bei gleichzeitig unaufgeregter Souveränität und akzeptablem Verbrauch (14 Liter). Defekte kennt dieser Motor lediglich im Bereich der Steuerkette, wo verschlissene Gleitschienen gelegentlich für Kummer und hohe Kosten sorgen. Der nochmals stärkere V12, einst das Spitzenmodell mit 395 PS, taugt im unteren Preissegment nur noch als Kummerkasten, arten Reparaturen am Motor und an dem  serienmäßigen Aktiv-Fahrwerk schnell zu einem ruinösen Unterfangen aus.

Fazit

Trotz seiner Komplexität: Der SL ist aufgrund seiner soliden Bauweise auch im hohen Alter eine sichere Bank. Mit 10.000 Euro lässt sich ein Rendezvous mit dem Stuttgarter arrangieren, ohne am nächsten Tag Kopfschmerzen zu haben. Dass der einstige Stern der Stars neben viel Fahrspaß seinem Eigner in Zukunft auch noch einen soliden Wertzuwachs bescheren wird, macht die Entscheidung nur leichter.

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