M 260 DE 20 AL – so lautet die kryptische Motorbezeichnung des Vierzylinders, der im Mercedes GLA 250 4Matic seinen Dienst verrichtet (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 7,8 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 176 g/km)². Immerhin 224 PS stemmt der zwei Liter große Vierzylinder auf die Kette und beschleunigt das Kompakt-SUV in gerade einmal 6,7 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100.
Einst hätten diese Werte selbst für ein Fahrzeug aus Affalterbach gereicht (siehe Beschleunigungswerte W202 C36), heute bildet jener Motor gerade einmal die Basis für den nächststärkeren Einstiegs-AMG mit seinen 306 PS (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 8,7 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 197 g/km)². Darüber rangieren wie gewohnt die 45er Modelle in zwei Leistungsabstufungen und machen aus dem einfachen Großstadtgeländewagen einen mehr als heißen Hot Hatch auf Stelzen.
Warum wir das erwähnen? Weil der GLA 250 4Matic neben seinen ganzen Krawallbrüdern ein wenig unnötig erscheint. Er wandelt spürbar zwischen den Welten, benötigt im Testdurchschnitt mit über 10 Liter auf 100 Kilometer viel zu viel Kraftstoff, um am Ende, trotz guter Fahrleistungen, nicht die Sportlichkeit zu vermitteln, wie das beispielsweise beim GLA 35 AMG der Fall ist.
Turbobenziner und Achtgangautomatik gehen insbesondere bei langsameren Geschwindigkeiten eine eher nervöse Beziehung ein, der Motorklang ist unangenehm rau und irgendwie erscheint im getesteten Nicht-AMG nie die Notwendigkeit mit mehr als 150 PS unterwegs zu sein. Das freilich scheint auch Daimler zu wissen und bietet in diesem Leistungsumfeld sage und schreibe sechs verschiedene Modellvarianten als Diesel und Benziner an.
Was sich betont kompliziert liest, ist es auch. Dabei wäre der 4,41 Meter lange Mercedes GLA eigentlich ein sehr einfaches Auto – im positiven Sinne. Kompaktbauend mit gutem Einstieg, viel Platz in der ersten Reihe und im 425 Liter fassenden Kofferraum. Auch bietet das Stadt-SUV eine Daimler-würdige Verarbeitungsqualität nach aktueller Auffassungsgabe.
Dazu ein MBUX-Infotainmentsystem auf dem Stand der Technik, mit Bildschirmen nicht zu groß, nicht zu klein und von der Bedienung her leicht zu erlernen. Konnektivität (Apple CarPlay beim teuren Media-Display nur kabelgebunden; Basis-MBUX mit kabelloser CarPlay-Funktion) und Assistenzsysteme auf hohem Niveau hat der Stuttgarter ebenfalls zu bieten, wobei der Spurhalteassistent dann doch ein wenig zu beherzt die Angstschiene fährt. Ob es sein muss, dass beim leichten Touchieren des Seitenstreifens bereits massiv eingebremst wird?
Aber den Assistenten kann man ja abstellen. Eine Wahl hat man übrigens auch beim Fahrwerk. Das optionale Verstellfahrwerk sollte es beim GLA schon sein, wobei man sich im Klaren sein sollte, dass auch die adaptive Dämpferregelung aus der höhergelegten A- keine S-Klasse macht. Vollends überzeugen konnte hingegen die direkte, angenehm gewichtete Lenkung und das dick geschäumte Volant der AMG-Line. Die Sportsitze sind straff gepolstert, was kein Nachteil sein muss. Nur wer etwas stämmiger gebaut ist könnte das Gestühl als zu drahtig empfinden, dafür gibt es immerhin weitreichende Sitzverstellungsmöglichkeiten – gegen Aufpreis sogar über den Normbereich hinaus.
Man könnte zum jetzigen Stand also schreiben, dass der Mercedes GLA ein Auto ist, das sowohl junge als auch ältere Menschen anspricht. Doch warum könnte? Die komplexe Motor- und Ausstattungswahl ist das eine, die Preise sind das andere. Zwar steht das einigermaßen nackte Kassengestell marketingwirksam für knapp unter 40.000 Euro in der deutschen Preisliste (GLA 250 4Matic ab 48.254,50 Euro), unser Testwagen brachte es allerdings auf mehr als üppige 68.000 Euro. Für ein Kompakt-SUV eine Menge Geld, aber im Konfigurator geht noch mehr. Über 80.000 Euro sind für den GLA 250 4Matic ebenfalls möglich.
Einkaufen fahren, Pendeln, in den Urlaub reisen, mit Kind und Kegel die Welt erkunden: Der Mercedes GLA ist gemessen an seiner kompakten Erscheinung ein äußerst variables Multitalent. Bedienung und Wertigkeit heben ihn von vielen Mitbewerbern spürbar ab, doch lässt sich Daimler diese Qualitäten sehr teuer bezahlen. Weniger kann daher mehr sein. Im Falle des GLA 250 betrifft das vor allem die Motorisierung. Wer auf den starken Vierzylinder und den 4Matic-Allradantrieb guten Gewissens verzichten kann, ist selten langsamer, aber deutlich günstiger unterwegs. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber | Innenraumbilder: Hersteller)
*Herstellerangaben