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Sitzprobe: Mercedes-Benz V-Klasse – Van-tastisch

Elf Jahre hat Mercedes‘ Kleinbus Viano schon auf dem Buckel und ist damit mehr als reif für die Ablösung. Die kommt im Mai 2014 mit der neuen V-Klasse. Wie beim S-Klasse Coupé besann man sich auch bei der Van-Baureihe auf den alten Namen, den schon der Vor-Vorgänger trug.

Damit will Daimler den Großraumwagen endgültig aus der Nutzfahrzeugsparte ins Pkw-Segment hieven. Als Volker Mornhinweg im März 2010 den AMG-Chefsessel verließ und das Ruder der Mercedes-Nutzfahrzeug-Sparte übernahm, stand für ihn fest: Der Viano-Nachfolger muss deutlich komfortabler und schicker werden, um dem Klassenstandard VW-Bus das Wasser reichen zu können. Und so wurde, zwar unter Obhut der Van-Abteilung, doch in enger Zusammenarbeit mit den Pkw-Experten, eine Großraum-Limousine entwickelt, die deutlich mehr ls ein Transporter mit Sitzen ist.

Außen VW-Bus, innen Edel-Benz

Das wird äußerlich auf den ersten Blick deutlich, orientiert sich die Front der V-Klasse doch sehr am Design der neuen S- und C-Klasse und kommt mit schnittigen Scheinwerfern ziemlich dynamisch daher. An der Kastenform freilich können auch die Mercedes-Designer nichts ändern, doch haben sie den hohen Nutzwert in einem schmucken Blechkleid versteckt, das – vor allem in der Heckansicht – allerdings ein wenig an den VW-Bus erinnert…

Wie Pkw-gleich das Cockpit der neuen V-Klasse ist, durften wir bereits im vergangenen Herbst erproben. Zahlreiche, aus den Daimler-Limousinen bekannte Elemente, wie die runden Lüftungsdüsen oder der große Navi-Bildschirm, haben Einzug gehalten, ein paar Schalter der alten S-Klasse wurden aufgewärmt und die Bedienung des Entertainmentsystems erfolgt nun auch über einen Dreh-Knubbel, kombiniert mit einem Touchpad mit Gestensteuerungs-Funktion. Das Ganze ist eingebettet in ein geschwungenes Dashboard mit reichlich Holz und Aluminium, das jederzeit auch eine C- oder E-Klasse zieren könnte. Nur der große Bildschirm dürfte etwas weiter zum Fahrer geneigt sein, ansonsten gibt es keinen Grund zur Kritik und lädt die V-Klasse mit ihren bequemen Sesseln zum Verweilen ein.

Viel Platz für bis zu acht Personen

Das gleiche gilt auch im Fond des standardmäßig 5,14 Meter langen Vs, der gegenüber dem Vorgänger gut zehn Zentimeter zugelegt hat; dass liegt an den neuen Fußgängerschutzrichtlinien, die eine etwas ausladendere Schnauze erfordern. Schon jetzt steht fest, dass es auch eine Kurz-Version geben wird, allerdings mit ebenfalls 3,20 Meter Radstand, sowie eine XL-Ausgabe, bei der die Räder 23 Zentimeter weiter auseinander stehen und die auf 5,37 Meter kommt. Die Standardhöhe beträgt 1,88 Meter, eine Hochdachversion dürfte spätestens mit der Wohnmobil-Variante Marco Polo erhältlich sein.

Bis zu sechs Personen können es sich je nach Konfiguration in der hinteren Kabine der V-Klasse bequem machen, auf zwei ausbaubaren Sitzbänken mit je drei Plätzen. Alternativ lassen sich in einer oder beiden Reihen anstelle der Bank auch zwei Einzelsitze einbauen. Gerade im Geschäftsbereich dürfte die Vis-à-Vis-angeordnete Viererbestuhlung am häufigsten anzutreffen sein. Auf durchgängigen Schienen sind sowohl die Bank als auch die Einzelsitze verschiebbar, letztere können gewickelt (sprich umgeklappt) und – Achtung, Marketing-Slang – getischt werden. Die Lehne kann flach gelegt werden, so dass das Fauteuil als Ablage dient. Noch besser eignet sich dafür aber die ebenfalls auf den Schienen befestig- und verschiebbare Box, aus der in Flugzeugmanier zwei richtige Tischchen ausgeklappt werden können. Wer in der V-Klasse nächtigen will, kann die hintere Dreierbank auch mit Komfortliegenfunktion ordern und zu einer bis zu zwei Meter auf 1,35 Meter großen Liege umklappen.

Praktischer Kofferraum

Ebenfalls mit praktischen Lösungen wartet der Kofferraum auf, der über eine doppelte Ladeebene verfügt. Zum ersten Mal lässt sich nämlich die Heckscheibe separat öffnen, so kommt man problemlos an das obere Regal, welches auch zwei praktische Klappboxen in entsprechenden Halterungen bereit hält. Bei Bedarf lässt sich der zusätzliche, 18 Kilogramm schwere Ladeboden entfernen und ein großes Gepäckabteil schaffen. Die Heckklappe öffnet und schließt gegen Aufpreis elektrisch, und zwar so weit, dass auch Großgewachsene noch gut darunter stehen können.  

Damit sich Fondgäste und Vornesitzende gut verstehen, werden die Gespräche in der ersten Reihe von einem Mikrofon erfasst, und über die hinteren Lautsprecher verstärkt; vor allem das Kindergeschrei von der Rückbank dürfte dagegen auch unverstärkt gut nach vorn dringen, dem sich wiederum mit einem High-End-Soundsystem von Burmester entgegen steuern lässt. Familien sind neben Menschen mit platzintensiven Sportarten wie Mountainbiken, Fallschirmspringen oder Eishockey die zweite von drei Zielgruppen; ansonsten richtet sich die V-Klasse vor allem an die Geschäftswelt, entweder als fahrendes Büro oder aber als Shuttle-Fahrzeug. Im Business-Bereich dürfte der Einstiegspreis für die mittlere Länge auch noch am ehesten akzeptiert werden: 42.900 Euro ruft Mercedes aus; ein Tarif, der viele Familien abschrecken dürfte.

Drei Diesel zur Wahl

Für diesen Preis bekommt man die schwächste Ausbaustufe des zunächst einzigen, verfügbaren Motors, der seine Kraft derzeit nur an die Hinterräder abgibt. Der aus zahlreichen Pkw-Modellen bekannte 2,1-Liter-Vierzylinder-Diesel leistet als V 200 CDI 136 PS und kann mit seinen 330 Newtonmeter Drehmoment den Großbenz bereits ausreichend flott bewegen: 183 km/h schafft das Basismodell Spitze, allerdings dauert es 13,8 Sekunden bis Tempo 100 erreicht ist. Der 163 PS starke V 220 CDI erledigt den Standardsprint in 10,8 Sekunden und wird 194 km/h schnell.

Ersetzt man bei beiden Modellen das serienmäßige Sechsgang-Getriebe durch die 7-Gang-Automatik, verringert sich die Sprintzeit jeweils um eine Sekunde, der Verbrauch bleibt mit jeweils rund sechs Litern nahezu gleich. Mehr braucht auch der stets mit Automatik gekoppelte Top-Motor im V 250 CDI nicht, der mit starken 190 PS und satten 440 Newtonmeter an den Start geht, und den Benz als einziger in unter zehn Sekunden (9,1) auf Landstraßentempo bringt; so motorisiert wird die V-Klasse bis zu 206 km/h schnell. Die Automatikversionen verfügen serienmäßig über Stopp-Start-Technik, bei den Handschaltern ist sie optional erhältlich. So oder so erfüllen alle drei Varianten die Euro-6-Abgasnorm.  

Adaptives Fahrwerk und Assistenzsysteme

Damit auch in einem Van wie der V-Klasse der Fahrspaß nicht zu kurz kommt, bietet Mercedes-Benz optionale – neben einem straffen, 15 Millimeter tiefer liegenden Sportfahrwerk, auch einen Unterbau mit adaptiven Dämpfern an, die per Tastendruck justiert werden können. Dazu kommt eine elektromechanische Servolenkung, für die die Ingenieure höchste Präzision und geringen Lenkaufwand versprechen. Die bekannten Fahrerassistenzsysteme wie Abstandstempomat, Spurhalteassistent, Tot-Winkelwarner, automatische Einpark-Lenkung oder Verkehrszeichenerkennung sind auch für die V-Klasse bestellbar. Immer an Bord sind ein Seitenwindassistent, der den Böen entgegenlenkt und den Benz so in der Spur hält, sowie ein Müdigkeitswarner.

Sowohl für die Sicherheitsextras, aber auch für die Voll-LED-Scheinwerfer, klimatisierte Vordersitze oder das große Navigationssystem mit Online-Funktionen lässt sich reichlich Geld, zusätzlich zum Grundpreis, investieren, so dass wohl schnell 60.000 Euro erreicht werden. Etwas günstiger dürfte der Einstieg in die V-Klasse-Welt mit der Kurzversion werden, wann die an den Start geht ist derzeit noch nicht bekannt. Umgekehrt steht auch der Starttermin der Lang-Ausführung und auch weiterer Motorversionen sowie der Allrad-Variante noch nicht fest. Mercedes hat es geschafft, aus der klopsigen V-Klasse eine schicke Großraumlimousine zu zaubern. Dass diese zumindest von hinten ein wenig nach VW-Bus aussieht, ist schlicht der Kastenform geschuldet. Die Front dagegen trägt das neue Gesicht der C- und S-Klasse und ist auf den ersten Blick als Benz zu erkennen. Unter der ob des Fußgängerschutzes etwas längeren Haube wartet zunächst ein Vierzylinder-Diesel in drei Leistungsstufen auf, die allesamt den Fahrer zufrieden stellen dürften. Ein adaptives Fahrwerk soll den Komfort und Fahrspaß weiter steigern, was die V-Klasse bei der ersten Ausfahrt bald unter Beweis stellen muss.

Für die Passagiere hält der Van wie gehabt reichlich Platz und einen flexiblen Innenraum bereit. Ob als Achtsitzer für den Großfamilientransport oder mit je zwei gegenüberliegenden Sitzen und ausklappbaren Tischchen dazwischen – der Mercedes dürfte fast alle Ansprüche erfüllen. Die Sitze sind umleg- und ausbaubar und auf Wunsch lässt sich auch ein Bett daraus zaubern. Praktisch: Die optional elektrisch betätigte Heckklappe verfügt erstmals über eine separat zu öffnende Scheibe, wodurch ein extra Ladeboden gut zu erreichen ist.

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