Doch wenn ein plötzlicher Wintereinbruch ganze Innenstädte in den Verkehrsinfarkt treibt, wird mir auch klar: Andere sind nicht so privilegiert. Und auf fast 3.000 Meter Höhe im Tiefschnee demonstrierten mir diese weniger Privilegierten, wie leicht klimatische Unbill den GAU heraufbeschwört – und dabei sogar Kupplungen ruinieren werden. Von Mitte Januar bis Anfang März sind wieder an gleich mehreren Standorten BMWs und Minis in der Region um Sölden (Ötztal) mit Autofahrern unterwegs, die sich mit den Besonderheiten des Auf-Schnee-Fahrens vertraut machen wollen. Einerseits kann man hier das Fahren in Extremsituationen trainieren und andererseits gleich noch etwas Abwechslung und Spaß in den Alltag bringen. Neben BMW-internen Fahrerschulungen werden diese Trainings für Firmenevents und auch von Privatleuten gebucht, die sich einen Tag in BMWs und Minis austoben können.
Teurer Spaß
720 Euro für das Mini Winterfahrtraining klingt nach viel Geld, doch sind für 2014 bereits alle Termine ausgebucht. Immerhin bekommen die Teilnehmer über das reine Training hinaus auch noch einiges mehr geboten. Eine Übernachtung im Wellness-Hotel mit gediegener Abendverköstigung, den Transfer auf den Rettenbachgletscher und einen ausgiebigen, fachlichen und von kundigen Instruktoren begleiteter theoretischer und praktischer Lehrgang.
Bevor die „wahren“ Trainings-Gäste kommen, darf ich in einer Gruppe aus deutschen und englischen Journalisten an der Auftaktveranstaltung teilnehmen. Geleitet wird das Event von Stefan Landmann, einem aktiven Rennfahrer aus Österreich, der am Vorabend den Teilnehmern zunächst noch einige theoretische Grundlagen mit auf den Weg gibt. Basiswissen wie das vom Fahrbahnzustand abhängige Bremsverhalten, der Sinn von Winterbereifung im Winter oder wie man die richtige Sitzposition findet, gehören dazu. Keine Ahnung warum, doch erstmalig meine ich die Logik des Kamm’schen Kreises wirklich verstanden zu haben, die mir Stefan Landmann in seinem Frei-nach-Schnauze-Austro-Englisch nahe bringt.
Von der Pistenraupe in den Paceman
Am nächsten Morgen geht es dann zunächst mit dem Großraumtaxi zum Skigebiet Rettenbachferner und die entscheidenden Meter hoch zum Gletscher weiter mit einer selbst für Motorjournalisten nicht ganz alltäglichen Pistenraupe. Ordentlich durchgeschüttelt, verteilen wir uns auf gut 3.000 Meter Höhe auf die oben bereitstehenden Fahrzeuge: Countryman und Paceman stehen bereit, alle mit Allradantrieb gerüstet, manche mit Dieselmotor, andere als JCW, mit Automatik- oder Handschalt-Getriebe. Jetzt können wir das am Vorabend gelernte Wissen auch praktisch umsetzen, zum Beispiel mit der Suche nach der korrekten Sitzhaltung, die der stets gut aufgelegte und konstruktiv motivierende Stefan Landmann auch mal mit kritischem Blick überprüft.
Bereits bei den ersten Fahrversuchen, einem Slalom-Tänzchen durch eine Pylonen-Gasse, zeigen sich bei den Teilnehmern deutliche Erfahrungsunterschiede. Während sich einige forsch ins Abenteuer stürzen und experimentierfreudig mal mit oder ohne ESP fahren – die Auslaufflächen sind großzügig – haben andere offensichtlich bereits hier zu kämpfen. Vor allem die englischen Teilnehmer, die mit Schnee in etwa so viel Erfahrungen haben wie Steinzeitmenschen mit dem Internet, fällt es offensichtlich schwer, den per Funkgerät ins Fahrzeug geschnarrten Anweisungen zu folgen.
Technik hilft
Danach folgen die klassischen Brems- und Ausweichübungen, die wieder einmal verdeutlichten, welch ein Segen doch die Einführung von ABS war und wie irrsinnig lang ein Bremsweg werden kann, wenn man im Gefälle auf Schnee und Eis Geschwindigkeit abbauen muss. Wieder einmal bleibt nur die Erkenntnis: Sind die Straßenverhältnisse schlecht, sollte man defensiv fahren, Abstand halten und hektische Manöver vermeiden.
Wirklich heikel wird es für einige Teilnehmer aber erst beim Bergauf-Anfahren an steileren Passagen. Hier haben zunächst alle ihre Probleme, doch diejenigen mit Automatik-Getriebe können bei den Minis von der normalen Antriebsschlupfregelung einfach per Knopfdruck in den Traction-Mode wechseln und schon wühlt sich der Allradler ganz gelassen durch den Schnee nach oben. Doch in der Handschalter-Versionen geraten einige Teilnehmer beim Spiel von Gas und Kupplung schnell an die Grenzen ihres Könnens. Gelegentlich muss hier der Instrukteur einigen Havaristen beistehen und mit etwas Geduld direkt am Fahrzeug mit ihnen arbeiten. Mir wird beim Warten auf die Nachzügler auf ein Neues klar, das Fahrzeuge mit Automatikgetriebe eben doch die pauschal besseren Autos sind. Für so manche Kupplung wird es sogar bedrohlich, denn einige Autos kündigen mit dem scharfen Gestank thermisch malträtierter Trennscheiben von schweren Geburten. Eine Kupplung hat es dann auch tatsächlich zerlegt, obwohl der Trainings-Mini erst jungfräuliche 100 Kilometer auf der Uhr hatte.
Offroad-Parcous und Stuntman-Spaß
Verschärfend kommen jetzt noch leichter Schneefall und Wind dazu, wobei letzterer mit seinen Verwehungen uns besonders schwierige Sichtverhältnisse beschert. Bei einer Tour durch einen im Tiefschnee versunkenen Offroad-Parcours biegen dann entsprechend auch zwei Teilnehmerinnen falsch ab und setzen ihren Allrad-Mini einfach mal fest. Bei der anschließenden Bergung ist für die anderen Fahrverbot und fällt die eigentlich als Sahnehäubchen gedachte Tiefschnee-Tour für die Teilnehmer etwas kurz aus.
Das war’s dann aber noch nicht ganz mit der spaßbetonteren Action. Nach dem Mittagessen in der Skiliftstation dürfen die Teilnehmer sich noch an der 180-Grad-Wende abarbeiten. Rückwärts fahrend kann man hier mit einem beherztem Lenkeinschlag während der Fahrt den Wagen spontan drehen. Zack, und der Mini fährt vorwärts statt rückwärts. Im Alltag braucht man dieses Können freilich nicht, doch steht hier die Gaudi im Vordergrund und kann man sich auch dabei auf eben spielerische Weise mit den besonderen Tücken auf Schnee vertrauter machen.